Название | Das brennende Meer |
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Автор произведения | Erik Eriksson |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783941895539 |
Sie aßen in der Küche zu Mittag, die drei Mägde und der Knecht Sigurd, der vom Hafen, wo er an der Überprüfung der Boote teilgenommen hatte, heraufgekommen war. Es gab Erbsensuppe, gebratenen Hering und Roggenbrot. Sigurd bekam einen Schluck Branntwein zum Essen, die Frauen tranken Wasser.
Nach dem Essen scheuerte Johanna die Diele und den Speisesaal. Sie tat ein wenig Seife ins Wasser, das gab einen guten Geruch; zuhause wurde zweimal im Jahr mit Wasser und Sand gescheuert.
Nach dem Kaffee gegen vier sagte Laura, dass Johanna früher Schluss machen könne, da es ihr erster Tag war. Im Übrigen war nicht vorgesehen, dass sie genauso lange arbeiten sollte wie die anderen, denn sie hatte ja auch zuhause noch etwas zu tun.
Ehe sie das Posthaus verließ, suchte Johanna Margareta auf. Sie befand sich auf ihrem Zimmer und war mit Papieren und Büchern in der Ecke des Raums, die als Klassenzimmer diente, beschäftigt.
»Setz dich«, sagte Margareta und wies auf einen der Stühle an dem kleinen Tisch, an dem ihre Schüler zu sitzen pflegten.
Sie setzte sich Johanna gegenüber, lächelte und betrachtete ihren Gast, ohne etwas zu sagen. Johanna lächelte zurück, konnte ihren Blick aber nur einen Augenblick auf Margareta gerichtet halten, dann senkte sie verlegen die Augen und fühlte sich unsicher.
»Du hast gesagt, dass du lesen kannst«, sagte Margareta. »Hier hast du eine Seite aus einer Zeitung. Kannst du mir daraus etwas vorlesen?«
Sie schob Johanna einen großen Bogen Papier hin und drehte ihn um. Es wimmelte nur so von Buchstaben und Wörtern auf dem Papier, von Zeilen und Spalten, großen und kleinen. Johanna betrachtete sie, es war so viel, sie wusste nicht, worauf sie ihren Blick richten sollte.
»Hier kannst du beginnen«, sagte Margareta und zeigte auf eine Zeile.
Johanna sah den Text an, begann die Überschrift zu lesen.
»An Stock…holms Mägde.«
Sie sah zu Margareta auf, die wieder lächelte. Johanna las weiter.
»Ihr seid Menschen genauso wie die Gnädige Frau. Ihr seid aus demselben Stoff ge…macht, es ist eine weitaus größere Kunst, eine or…dent…liche Magd zu sein als eine or…dent…liche Herrin.«
Hier machte Johanna eine Pause. Sie hatte den Anfang des Textes geschafft; es stand noch viel mehr da, sie hatte mit den Buchstaben gekämpft und nicht darüber nachgedacht, was sie gelesen hatte.
»Das hat ja gut geklappt«, sagte Margareta. »Lies es noch einmal.«
Johanna begann wieder von vorn, und jetzt ging es glatter. Sie blieb nicht stecken, und sie konnte auf den Inhalt achten.
»Es handelt von dir«, sagte Margareta. »Aber lies weiter.«
Johanna las den ganzen Artikel durch: Es war schwerer, eine Magd zu sein als eine vornehme Dame. Dass so etwas in der Zeitung stehen konnte! Aber es war schon amüsant, doch wahrscheinlich ziemlich unverschämt.
Die Zeiten ändern sich
Johanna hatte schon in aller Frühe, ehe sie ins Posthaus gegangen war, die Kühe gemolken. Sie kam gerade rechtzeitig zum Morgenkaffee. Sie tranken jeder eine Tasse Kaffee, nahmen jedoch kein Brot dazu. Laura hatte gesagt, sie müssten sparsam damit umgehen; sie hatten zwar ausreichend Mehl, aber verschwenden dürften sie es nicht.
»In Stockholm sollen die armen Leute schon hungern«, sagte sie. »Ich habe von jemandem, der mit einem der Reisenden gesprochen hat, gehört, dass die Leute ein Lagerhaus draußen vor der Stadt aufgebrochen haben, und dass Soldaten dorthin kommandiert worden sind.«
»Auf Nygården haben wir nur halb so viele Säcke mit Mehl, wie wir sonst hatten«, sagte Johanna.
»Wenigstens haben wir Kaffee«, sagte Birgitta.
»Solange der Vorrat reicht«, murmelte Laura. »Sie führen ja auch auf dem Meer Krieg, und dann schießen sie auf die Schiffe, die den Kaffee bringen.«
»Wer führt denn alles Krieg miteinander?«, fragte Johanna.
»England und Russland und Frankreich, nehme ich an«, sagte Laura.
»Ist Schweden auch dabei?«
»Nein, zumindest im Augenblick nicht, und wir können nur hoffen, dass der Frieden bestehen bleibt, denn Krieg bringt nur Unglück.«
»Meine Großmutter hat von den Russen erzählt.«
»Ja, die wollen wir nicht noch einmal hier haben.«
»Meine Großmutter sagt, dass sie den Leuten von Singö alles abgenommen und jedes Haus niedergebrannt haben.«
»Sie haben auch in Byholma Höfe niedergebrannt«, sagte Birgitta. »Mein Großvater hat erzählt, dass die Kosaken am schlimmsten gewesen sind, und sie hatten Pferde dabei. Sie haben einen Mann mit einem Strick festgebunden und ließen ihn hinter dem Pferd herlaufen. Als er ihnen den Weg nicht zeigen wollte, haben sie ihn blutig geschlagen.«
»Gott bewahre uns vor den Kosaken«, sagte Laura.
»Kosaken?«, sagte Johanna, »was sind das eigentlich für welche?«
»Sie sind eine Art Reitervolk«, antwortete Laura. »Sie tragen Pelze, die voller Läuse sind. Sie haben einem Mann auf Singö die Kleider abgenommen und ihm dafür einen Kosakenkittel gegeben, und dann musste er ihn wohl oder übel anziehen, denn er war ja völlig nackt, der Arme. Aber dieser Kittel bestand mehr aus Läusen als aus Stoff, und er wurde von diesen Kosakenläusen fast aufgefressen.«
Johanna hatte Wasser geholt. Als sie gerade mit dem Eimer auf dem Weg zurück ins Haus war, erblickte sie ein paar Männer, die auf dem Weg vor dem Hoftor entlanggingen. Durch das Küchenfenster konnte sie dann erkennen, dass es drei gut gekleidete Herren waren, ein älterer und zwei junge, und außerdem Sigurd, der ihnen offenbar den Weg zeigte. Er ging mit kleinen schnellen Schritten voran, und zog die Mütze ab, ehe er die Türe öffnete. Der Postmeister kam ihnen auf dem Flur entgegen. Johanna konnte die Stimmen durch die Küchentür vernehmen, dann verschwanden die Geräusche; Johanna vermutete, dass sie in das Kontor gegangen waren.
Ein paar Minuten später kam Laura in die Küche. Sie erzählte, dass sie unerwartet Besuch von ein paar Herren erhalten hätten, die sich auf dem Weg nach Stockholm befänden; sie wären gerade mit dem Schiff aus Åland angekommen; sie wären hohe Beamte, ihr Wagen hätte sich verspätet, vielleicht würden sie übernachten.
Laura bat Johanna, in drei Gästezimmern die Kachelöfen anzuheizen. Holz lag dort schon, es war trocken und fein gespalten, außerdem Birkenrinde. Johanna nahm ein brennendes Talglicht in einem Kerzenhalter mit, fachte damit das Feuer an, und bald knisterten die Flammen in allen drei Kachelöfen.
Der Wagen kam nicht, die Gäste blieben. Es wurde spät, der ältere Gast hatte sich schon gegen neun Uhr hingelegt, aber die beiden jüngeren saßen zusammen mit Margareta in dem kleinen Salon neben dem Speisezimmer. Der Postmeister entschuldigte sich bald, die Frau des Hauses hatte sich ebenfalls schon zurückgezogen. Die drei jungen Leute blieben auf, sie hatten sich viel zu erzählen.
Johanna servierte Wein und süßes Kleingebäck, außerdem dünne Scheiben Roggenbrot mit Käse. Die Herren wählten das Gebäck, Margareta zog den Käse vor.
Sie redeten über die große Welt, über den Krieg und über Bonaparte. Johanna hatte den Namen schon gehört und wusste, dass er Frankreichs Herrscher war, nicht König, denn in Frankreich hatten sie keinen, sie hatten den König erschlagen, das hatte ihr Vater gesagt. Mehr wusste sie nicht.
Sie ging zwischen Küche und Salon hin und her. Gelegentlich blieb sie stehen und beschäftigte sich mit Tassen und Gläsern, machte sich an den Holzspänen zu schaffen, sah nach dem Feuer, ging mit Gläsern und Flaschen zum Tisch zurück. Sie wollte gerne zuhören, deshalb fand sie Vorwände, um bleiben zu können. Man kümmerte sich nicht um sie. Offenbar war es üblich,