Название | Erinnerungen |
---|---|
Автор произведения | Maximilien de Robespierre |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783940621948 |
Von diesem besonderen Satze ging ich zu einem noch allgemeineren über. Die Abschaffung jener geheimen Verhaftsbefehle, die bei der nunmehrigen Gestaltung der Dinge nahe bevorstand, sollte nicht die einzige Wohltat der Verwaltung sein, welche jetzt vorbereitet wurde; das ganze alte Gebäude der Mißbräuche sollte zusammenstürzen, um einem jungem, großartigeren Denkmale Platz zu machen. Ich hielt mich also nicht an den besondern Angriff, in den der Rahmen meiner Sache mich einzuspannen schien; freimütig behandelte ich die großen politischen Fragen und stellte in der heftigen Schlußrede ein Gemälde von dem künftigen Glücke Frankreichs auf, wenn es von nun an nach weisen, volkstümlichen Gesetzen regiert würde; ich stellte es über alle andern Staaten Europas, mit denen ich es einzeln verglich, und bezeichnete die Zusammenberufung der Volksdeputierten als die Morgenröte eines neuen Tages.
Ich ließ mich von meinem Gegenstande hinreißen und zollte, mit dem aufrichtigen Wunsche, daß das Oberhaupt des Staates sich ernstlich an das Werk unserer Wiedergeburt anschlösse, auch ihm sein Lob, das eher eine Lehre war, da ich weniger von der Vergangenheit als von den Pflichten sprach, die Frankreichs Zukunft ihm auferlege. Ich hielt, um einer Sitte der frühern Regierung nachzukommen, ihm die Namen seiner Ahnen vor, die noch einige Spuren in dem Andenken des Volkes zurückgelassen hatten; ich bat ihn, das Werk Karls des Großen und Heinrichs IV. zu betrachten und das Glück und die Freiheit Frankreichs zu verwirklichen. Allen, die sich durch Bewährung ihrer Unabhängigkeit oder Liebe zur Freiheit der Erkenntlichkeit des Volkes würdig gemacht hatten, spendete ich den Dank, den ihre Kühnheit verdiente, und ermutigte sie, in der gefährlichen Bahn, die sie eingeschlagen hatten, zu beharren. So wurden; Monsieur, der Bruder des Königs, der Minister Necker, Desprémenil höchlich gepriesen. Seit der Zeit glaubte ich, daß in meiner Meinung einige Übereinstimmung mit den Wünschen des Volkes liege, und daß ich sein natürlichster Wortführer sei.
Die Männer, die ich soeben erwähnt, haben seitdem das Vertrauen, das die Nation in sie gesetzt hatte, zuschanden gemacht; aber man mußte ihnen zu jener Zeit das Beispiel, welches sie gaben, anrechnen und ihren kühneren Nachahmern, denen man mit der Hoffnung auf die Belohnungen des Volkes schmeichelte, Kraft und Geduld einflößen.
Ich habe mich bei diesem Werke aufgehalten, weil es Epoche in meinem Leben gemacht hat und mir noch eine der süßesten Erinnerungen ist; es bezeichnet den Punkt, an dem meine beiden Laufbahnen zusammenlaufen; ich hänge daran, weil es meine letzte gerichtliche Arbeit und die beste unter meinen früheren politischen Versuchen ist.
Ich habe noch mehr Ursachen, mich dessen mit Vergnügen zu erinnern. Sein Erscheinen in Arras fiel auf wie ein großes Ereignis. Niemals hatte man vor den Gerichtsschranken so frei sprechen hören. Niemals hatte man bei einem besonderen Falle eine solche Masse von wichtigen Allgemeinheiten berührt. Das Publikum war anfangs betroffen, später über meinen Mut entzückt; denn die Mißbräuche, welche ich angriff, waren so schreiend, die Sache, die zu meinem Ausfall Gelegenheit gegeben, von so überzeugender Gerechtigkeit, daß selbst die Zaghaftesten zu meiner Meinung hingerissen wurden. Von allen Seiten sagte man mir Schmeichelhaftes; die selbst, welche meine Klageschrift am meisten aufgebracht hatte, wagten es nicht, mir ihr Mißfallen zu bezeigen.
Mein Prozeß wurde gewonnen; es war viel, da einem Unglücklichen endlich eine so teuer erkaufte Wiedererstattung zuteil wurde; aber ein süßerer Lohn als der Segen meines Schützlings zahlte mich reichlich für alle meine Mühe. Die geringen Hindernisse, welche meiner Wahl noch entgegengestanden hatten, wurden durch die energischen Versicherungen meiner Denkschrift gehoben, ich erhielt die schönste Bestallung47), welche die Arbeiten eines Wohlmeinenden krönen kann: ich wurde zum Abgeordneten des dritten Standes meiner Provinz erwählt.
Ich kann die Freude nicht beschreiben, die ich bei meiner Ernennung empfand. Alle Träume meines Lebens waren verwirklicht, ich stand auf einer Bühne, auf der ich meine Stimme für die so lange verkannten Rechte des Volkes und nicht mehr fruchtlos erheben durfte. Mein Geist wuchs bei dieser Aussicht, ich war auf der Höhe meines erhabenen Berufes.
Fünfzehn von drei Klassen erwählte Abgeordnete vertraten die Provinz Artois bei den Generalstaaten; wenige davon haben die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Herr von Beaumetz und Karl von Lameth, zwei Mitglieder aus dem Adel, haben allein ihre Laufbahn als Gesetzgeber durch einige Reden bezeichnet, die der Aufbewahrung wert waren.
Der erstere war infolge meiner Schrift über die Stände von Artois von jener Zeit an mein erklärter Feind. Ich hatte die entehrenden Kunstgriffe, mit denen die Mitglieder der Stände die Güter der Provinz verschleuderten, in jener Denkschrift gebrandmarkt. Herr von Beaumetz hatte sich als Königlicher Kommissär, ein ungesetzliches Gehalt aussetzen lassen. Ich hatte dieses angeführt; Herr von Beaumetz war zwar nicht genannt, aber jeder verstand es. Er hat mir das nie verziehen; so erhielt ich unter meinen Amtsgenossen einen Widersprecher, der alles mit Bitterkeit aufgriff, was ihm in meinem Verfahren oder meinen Reden tadelnswert erschien.
Ich fürchtete diese Aufsicht nicht; welche Larve Herr von Beaumetz auch vornehmen, welchem Banner er auch wirklich oder scheinbar folgen mochte, ich hatte die Überzeugung, daß wir uns nicht auf einem Wege begegnen würden. Ich war entschlossen, festen Schrittes in der einzigen Laufbahn fortzuschreiten, die sich der Vaterlandsliebe der Volksvertreter eröffnet hatte, alles meinen Pflichten zu opfern, mich nicht um die Anklagen, mit denen man mich verfolgen konnte, noch um die verleumderischen Ausdeutungen zu kümmern, durch die man meine Absichten vergiften würde; nur in der Stimme meines Gewissens, nur in der des Volkes, das man nie täuscht, suchte ich die Billigung meines Verfahrens. Diesen beiden Mächten allein war ich verpflichtet; und gern wollte ich alles tun, damit sie an meinem Leben nichts auszusetzen fänden. Die Volksgunst, wie ich nach derselben strebte, sollte nur eine förmliche Billigung meiner Grundsätze, eine Aufmunterung sein, darin zu beharren.
So wie ich dem Volke geben war, konnte ich kein anderes Interesse als das seinige, keine andere Freude als die seinige, keine andere Zukunft vor Augen haben als die, welche die Wiedergeburt, zu der ich es führte, ihm bereiten würden. Freiheit, Gleichheit, dies waren die beiden Eroberungen, zu denen die Nation berufen war. Ich durfte mich von diesem Ziele nicht entfernen und knüpfte mein ganzes Leben daran. Es lag mir wenig daran, durch Beredsamkeit zu glänzen, meine Gegner durch spitzfindige Schlüsse in Erstaunen zu setzen, vor allem mußte ich dem Volke gefallen und darum für den Triumph seiner Sache streiten.
So war die Stimmung meines Geistes, als mir die Ehre zuteil wurde, als Stellvertreter des Volkes aufzutreten. Man begreift bei dieser Denkungsart die Strenge meiner Ansichten und die gründliche Beharrlichkeit, mit der ich während der Sitzungen der konstituierenden Versammlung deren Sieg zu erringen strebte.
Sobald meine Wahl beschlossen war, machte ich mich fertig, nach Versailles, das für die Zusammenkunft der Generalstaaten bestimmt war, abzureisen. Mein Bruder war damals in Paris und hatte eben sein juristisches Studium beendet; das Wiedersehen machte mir eine unaussprechliche Freude. Der gute Augustin! Er hatte meinen Triumph geteilt, seine Freude war ein wahrer