Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter

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Название Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Tessa Hofreiter
Жанр Языкознание
Серия Der neue Landdoktor
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740980672



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bist wunderschön, Miri, du wirst jemanden finden«, versicherte sie ihr.

      »Aber niemanden, den ich will«, brach sie wieder in Tränen aus. Erst gegen Mitternacht beendete Miriam allmählich ihre Vorstellung und erklärte Ines, dass sie nun beruhigt nach Hause gehen konnte. »Danke, für alles, Schätzchen«, sagte sie und brachte sie zur Tür.

      »Wenn noch etwas ist, dann melde dich bei mir«, bat Ines und nahm ihre Cousine liebevoll in die Arme. So arrogant Miriam auch manchmal sein konnte, sie sah in ihr noch immer das kleine Mädchen, mit dem sie aufgewachsen war.

      »Vielleicht werde ich bald dir meinen Trost anbieten müssen«, flüsterte Miriam, nachdem sie die Tür geschlossen hatte. Sie war noch immer fest entschlossen, diese aufblühende Liebe zwischen Marc und Ines zu beenden, aus Sorge um ihren Großvater, versuchte sie sich nun einzureden, doch dann fiel ihr noch ein weitaus überzeugender Grund ein. Sie musste Ines vor der Liebe beschützen. »Es gibt kein wirkliches Glück in der Liebe, nur Schmerzen und Kummer«, sagte sie und als sie in den Garderobenspiegel gegenüber der Tür schaute, war es ihr, als sei sie, die wunderschöne Miriam Holzer, auch die barmherzigste Seele im ganzen Tal.

      Als Ines wenig später in ihrem Bett lag, überlegte sie, ob sie Marc noch einmal anrufen sollte. Bevor sie sich entschieden hatte, erhielt sie eine SMS von ihm.

      »Morgen Abend um sieben Picknick am Sternwolkensee? Treffpunkt Westufer! Kommst du?«

      »Ja!«, schrieb sie zurück. Ein Picknick am See bedeutete, sie würden allein sein, und das war etwas, was sie sich mehr als alles andere wünschte.

      *

      Der Tag erschien Ines endlos lang, obwohl sie viel zu tun hatte. Die Besprechungen mit den Reiseveranstaltern, die Bergmoosbach auch in der nächsten Saison in ihren Katalog aufnehmen wollten, mussten vorbereitet werden, und die Prospekte, die Bergmoosbach selbst herausgab, waren in der Planungsphase. Emilia holte am Nachmittag die Flyer für die Ausstellung bei ihr ab, die sie und Traudel verteilen wollten, und auch Tobias Meier vom Bergmoosbacher Tagblatt kam zu ihr ins Büro, weil er gern vorab einen Artikel über die Ausstellung schreiben wollte. Von Marc hörte sie bis zum Abend kein Wort, aber irgendwie erhöhte das ihre Spannung vor dem Treffen mit ihm.

      Als sie aus dem Rathaus nach Hause kam, war ihr Großvater nicht da. Mit den Tabletten von Sebastian und den Kräuterumschlägen, die Traudel empfohlen hatte, hatte er seine Schmerzen erfolgreich bekämpft und unternahm wieder seine abendlichen Spaziergänge, mit denen er vor einigen Monaten begonnen hatte, seinem Seniorenfitnessprogramm, wie er es nannte. Sie hatte ihm am Morgen gesagt, dass sie zum Abendessen nicht da sein würde, was er zum Anlass nehmen wollte, seinen Spaziergang ein wenig zu verlängern.

      Kurz vor sieben machte sie sich auf den Weg zum See. Sie hatte sich für das kurzärmelige erdbeerfarbene Sommerkleid mit dem weitschwingenden Rock entschieden. Das braune Haar fiel ihr in seidigen Locken über die Schultern, und der zarte dunkle Lidstrich verlieh ihren hellen blauen Augen etwas Geheimnisvolles.

      Bis zum See waren es nur ein paar Minuten. Als sie auf den Uferweg einbog, konnte sie Marc schon von weitem sehen. Er saß auf einem Felsen, der am Ufer lag, und neben ihm im Gras stand ein Picknickkorb. Das smaragdfarbene Poloshirt, das er zu seiner Jeans trug, sah ganz wundervoll zu seinem blonden Haar aus.

      Als er sie bemerkte, kam er ihr sofort entgegen und nahm sie in seine Arme.

      »Ich habe dich vermisst«, sagte er und küsste sie zärtlich.

      »Das mit dem Picknick am See war eine gute Idee von dir.«

      »Eine sehr eigennützige Idee, ich wollte dich heute gern für mich allein haben.«

      »Der Abend gestern ging ein wenig abrupt zu Ende, ich weiß.«

      »Wie geht es denn deiner Cousine?«

      »Besser, sie brauchte nur jemanden zum Reden.«

      »So plötzlich?«

      »Miri ist eben eine spontane Persönlichkeit.«

      »Dann hoffe ich, dass sie nicht so spontan ist und uns auch auf den See folgt.«

      »An den See, meinst du wohl.«

      »Nein, auf den See. Ich habe schon alles vorbereitet«, sagte er und nahm sie an die Hand. Erst jetzt, als sie sich dem Ufer näherte, sah sie das Ruderboot, das dort neben dem Schilf an einem Holzpflock befestigt war.

      Auf dem Sitz im hinteren Teil des Bootes lag ein bequemes rotes Kissen, auf der Bank für den Ruderer eine rote Decke.

      »Du willst mit einem Ruderboot auf den See?« Ines ließ seine Hand los, weil das Herz ihr plötzlich bis zum Hals klopfte und sie ihm ihre Angst nicht eingestehen wollte.

      »Deshalb habe ich es gemietet«, antwortete er lächelnd.

      »Hat der Bootsverleih nicht schon längst geschlossen?« Sie schaute zu dem Holzhäuschen auf der anderen Seite des Sees, vor dem die Ruderboote an einem Steg befestigt auf dem Wasser schaukelten.

      »Ich konnte den Besitzer davon überzeugen, dass er eine Ausnahme macht.«

      »Wie denn?«, fragte sie, um Zeit zu gewinnen, sich irgendetwas auszudenken, was sie davor bewahrte, in dieses Boot steigen zu müssen.

      »Ich habe ihm erzählt, dass ich eine schöne Frau beeindrucken möchte.«

      »Das hat gereicht?«

      »Wie du siehst. Und nun mach dir keine Gedanken mehr um den Bootsverleih. Ich möchte den Sonnenuntergang mit dir auf dem See erleben. Ich habe gehört, dass er hier draußen ein ganz besonderes Erlebnis sein soll.«

      »Das stimmt, aber vom Ufer aus gesehen ist er auch ganz wundervoll. Was machst du?«, fragte sie erschrocken, als er sie plötzlich auf seine Arme nahm.

      »Ich trage dich in unser Schloss, unser symbolisches Schloss«, fügte er lächelnd hinzu.

      Ines nickte, zu mehr war sie in diesem Moment nicht fähig. Mit der drohenden Gefahr vor Augen fühlte sie sich wie gelähmt. Aber die Vorstellung, Marc zu gestehen, dass sie sich vor einem Ausflug mit dem Ruderboot auf den doch recht überschaubaren See fürchtete, das brachte sie nicht fertig. Ich muss mich zusammennehmen, so schlimm ist das doch gar nicht, redete sie sich gut zu, als Marc sie neben dem Boot wieder auf ihre Füße stellte und ihr die Hand reichte, um ihr beim Einsteigen zu helfen.

      »Geht es dir nicht gut, Ines?«, fragte er besorgt, als sie ihn nur stumm anschaute.

      »Doch, es geht mir gut«, antwortete sie. Du meine Güte, ich werde es überleben, dachte sie. Sie hatte noch nie gehört, dass jemand mit einem Ruderboot auf dem Sternwolkensee verunglückt war. Ihre Angst war lächerlich, sie durfte doch nicht zulassen, dass sie ihr diesen Abend zerstörte. »Danke«, sagte sie und hielt sich an seiner Hand fest, als sie tapfer in das schaukelnde Boot einstieg, sich gleich auf den Sitz mit dem Kissen setzte und innerlich durchatmete. Den ersten Teil hatte sie geschafft, und die hohe Lehne des Sitzes gab ihr ein wenig Sicherheit. Trotzdem umklammerte sie den Sitz mit beiden Händen, als Marc gleich darauf mit dem Picknickkorb einstieg und das Boot wieder ins Schaukeln geriet.

      »Bereit?«, fragte er, während er die beiden Paddel umfasste.

      »Wir können«, antwortete sie, und als sie ihn anschaute, gelang ihr sogar ein Lächeln.

      Während Marc die Landschaft betrachtete, kämpfte sie gegen ihre Angst, die sich umso stärker meldete, je weiter sie sich vom sicheren Ufer entfernten. Um sich vom Wasser abzulenken, schaute sie auf die Berge, die das Tal mit seinen hügligen Wiesen einbetteten. Statt auf dem See mit seinen kleinen Buchten und Schilfinseln herumzufahren, würde sie jetzt viel lieber hinauf zu den vereisten Gipfeln wandern.

      »Was meinst du, wollen wir erst einmal hierbleiben?«, fragte Marc, als sie die Mitte des Sees erreicht hatten.

      »Einverstanden«, sagte sie, weil nun ohnehin schon alles egal war.

      »Traudel hat mir eine Flasche von ihrem allerbesten Prosecco geschenkt.« Marc nahm die Flasche mit dem Schaumwein aus dem Korb und reichte Ines zwei Sektgläser.