Название | Mudlake - Willkommen in der Hölle |
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Автор произведения | M.H. Steinmetz |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783961881437 |
Kindheitsträume …
»Viviaaaaan!«
Träume, die zerplatzten …
Sie atmete tief durch und legte ihre Hand auf den Drehknauf, um die Tür zu öffnen, tauchte mit den Fingern tief ins eitrige Geschmier. Aber sie zog die Hand nicht zurück. »Mum, ich komm jetzt rein.«
Vivian öffnete die Tür und fand sich in der Hölle wieder.
Eine denkwürdige Zusammenkunft im Nuttall & Man’s
James drehte das Whiskeyglas zwischen seinen Fingern, wie er es immer tat, wenn er nachdachte. Mantel und Hut hingen an der Garderobe des Hinterzimmers. Ebenso seine nasse Jacke. Er hatte sich die Zeit genommen, aus den Satteltaschen ein frisches, rotes Hemd zu holen und es anzuziehen. Die feuchte Weste hatte er wieder übergezogen, um anständig zu erscheinen. Vor ihm auf dem Tisch lag ein abgegriffener Stapel Pokerkarten. Ein Relikt seines früheren Lebens.
Jane saß ihm zugeknöpft in Hut und Jacke gegenüber. Er fand, dass sie im Gegensatz zu ihrem letzten Zusammentreffen blass geworden war und dünner. Ihr Blick sprach Bände. Sie war eine Frau, die Probleme gerne selbst und alleine erledigte. Es musste etwas Gravierendes sein, dass sie sich Hilfe von anderen holte.
Das Lärmen im Saloon und das Geklimpere am Klavier drangen verhalten zu ihnen vor. James schenkte sich nach und schob Jane die Flasche zu. »Erzählst du mir, was dich bedrückt?«
Jane schenkte sich ein und atmete geräuschvoll durch die Nase. Ihre Züge umspielten eine Härte, die er nur von Frauen kannte, die ihr Leben in den Territorien abseits von Gesetz und Ordnung selbst in die Hand nahmen. Er dachte an die Zeit zurück, in der sie zusammen geritten waren. An den Scoutjob bei der US Army und die Nacht, in der sie sich das erste Mal nähergekommen waren.
»Wir erwarten noch Gäste«, holte ihn Jane aus seinen Gedanken zurück und wich gleichzeitig der gestellten Frage aus.
»Wen?«
Anstelle einer Antwort nickte Jane zur Tür, denn von dort wurde es plötzlich laut. Jemand musste sie geöffnet haben. James fuhr herum, die Hand auf dem Griff seines Colts. Er hatte nicht aufgepasst. Und er saß mit dem Rücken zur Tür, ein weiterer Fehler. Ein Leichtsinn, der ihm zum Verhängnis werden konnte. Früher, in den wilden Zeiten, wäre ihm das nicht passiert.
Ein vollbärtiger, zerzauster Mann in Handschellen taumelte in das Hinterzimmer, gestoßen von einem hochgewachsenen, hageren Mann in dunkelgrauem Anzug und schmierigen Stiefeln. Der Zerzauste blieb in einiger Entfernung von dem Tisch, an dem Jane und James saßen, stehen und straffte seine Haltung. Sein Blick war hungrig und ausgezehrt, weswegen James an einen straffällig gewordenen Goldgräber dachte. Der harte, unbarmherzige Zug in den Augen des Mannes sprach eine andere Sprache. Der graue Wollstoff seiner Hose war zwar schmutzig, doch die braunen Stiefel wirkten gepflegt wie das karierte Hemd, das jetzt allerdings aus der Hose hing.
Der Mann hinter dem Gefangenen hielt eine Schrotflinte in der Hand. Ein sauber polierter Colt neuerer Bauart lugte an seiner Seite unter der Jacke hervor. James hatte den Mann vor dem Eisenwarenladen gesehen. Das glänzende Abzeichen am Revers der Jacke bezeugte, dass er zu einer Art selbst ernannter Bürgerwehr gehörte.
James sah Jane an, als hätte sie ihn gerade verraten. Es war nicht lange her, dass er mit dem Gesetz aneinandergeraten war. Er hatte keine Lust, das zu wiederholen. »Verdammt, Jane, was soll das?«
Sie nickte in die Richtung der beiden Männer. »Darf ich vorstellen? Das ist Seth Bullock, der neuerdings mit seinen Männern in Deadwood für Ordnung sorgt. Er kandidiert übrigens für den Sheriffposten. Die Wahl steht nächste Woche an und es ist die erste ihrer Art in diesem Nest.« Ihre Augen verengten sich, während sie sprach. »Und dieses Stück Südstaatendreck ist kein Geringerer als John ›Broken Nose‹ Jack McCall.«
James stand langsam auf, darauf bedacht, keine Bewegung zu machen, die Bullock zu voreiligen Handlungen hätte hinreißen können. Er hatte viele dieser Männer kennengelernt und jedes Mal hatte es Ärger gegeben.
Seth Bullock hatte inzwischen die Tür geschlossen. Sein harter Blick bohrte sich in den von James. »Sie sind also der Revolvermann, von dem Jane gesprochen hat.« Begleitet von einer verächtlichen Note spuckte er einen Klumpen Kautabak auf den Boden.
James sah zu Jane, die entschuldigend mit den Schultern zuckte, und dann zurück zu Bullock. »Ich habe vor einiger Zeit aufgehört, auf Menschen zu schießen. Ich bin gekommen, weil mich eine Freundin um Hilfe gebeten hat, sonst hat mich nichts bewogen.« Er atmete langsam aus. »Oft reicht meine bloße Anwesenheit, um Dinge zu klären. Nur damit ihr es alle wisst, ich werde von meiner Regel nicht abweichen.«
»Die Dinge, wie du es überaus treffend bezeichnest, bedrohen weit mehr als nur Deadwood«, erklärte Jane und trat neben James, damit sie ihn ansehen konnte. »Ich habe dir im Telegramm geschrieben, dass das Böse in Deadwood Einzug gehalten hat. Das meinte ich wörtlich.« Sie machte eine kurze Pause in ihrer Rede. »Und ich bin mir sicher, dass du deine Grundsätze in diesem speziellen Fall überdenken wirst!«
Seth Bullock gab McCall einen weiteren Stoß in den Rücken. »Setz dich auf den Stuhl dort drüben, damit ich dich im Auge behalten kann.« Dann ging er zum Tisch, um sich ebenfalls ein Glas Whiskey einzuschenken. »Es fällt mir schwer, das zu sagen, aber was Jane sagt, entspricht der Wahrheit.« Er trank sein Glas mit einem Zug leer. »Womit wir es zu tun haben, ist das Böse und es kommt direkt aus der Hölle! Anders kann ich’s nicht nennen!«
James wusste nicht recht, wie er darauf reagieren sollte. Er sah alle der Reihe nach an: seine verstört wirkende Freundin, den harten Seth Bullock, zuletzt den Gefangenen, der ihn hoffnungsvoll ansah. Er wollte lachen, sich über den misslungenen Scherz lustig machen. Er dachte daran, den Nuttall & Man’s Saloon durch die Vordertür zu verlassen, sich auf sein Pferd zu setzen und davonzureiten, um das Treffen und das, was besprochen worden war, aus seinem Gedächtnis zu tilgen, bevor es ihn verseuchte. Es war Janes Blick, der ihn dazu bewog zu bleiben. Er hatte sie noch nie derart verunsichert, womöglich ängstlich gesehen. Also nickte er langsam, nahm seinen Hut ab und fuhr sich durch sein dichtes, langes Haar. »Ich werde mir eure Geschichte anhören. Diese Chance gebe ich euch, mich davon zu überzeugen zu bleiben. Gelingt euch das nicht, setze ich mich unverzüglich auf meinen Schimmel und reite zu meiner Frau nach Cheyenne zurück und ihr seht mich nie wieder.«
»Klingt fair«, urteilte Seth und setzte sich an den Tisch, allerdings so, dass er McCall im Auge behalten konnte.
Jane setzte sich und schenkte die Gläser voll. »Broken Nose soll erzählen!«
James schnaufte, setzte sich aber ebenfalls, weil er vermutete, das dessen Schilderung einige Zeit in Anspruch nehmen würde.
McCall fing an zu erzählen. Ein unstetes Feuer aus Angst und Verzweiflung glomm hinter seinen eng beieinanderstehenden Augen, gepaart mit einer seltsamen Art von Wahnsinn, die schwer einzuschätzen war. Was er zu sagen hatte, hatte im Bürgerkrieg mit den Bushwhackers unter Bloody Bill Anderson seinen Anfang genommen. Die Gräuel von Lawrence und Centralia schnitt er dabei nur beiläufig an. Selbst das mit dem Hinterhalt, bei dem die Bushwhackers aufgerieben wurden, schien ihm nicht sonderlich wichtig zu sein. Was er jedoch im Detail schilderte, war der Zwischenfall in den Plains, wo Bloody Bill Anderson seinen Kumpan Al Swearengen mit diesem stinkenden, schwarzen Teer übergossen hatte, der aus seinem Mund gekommen war.
»Moment mal!«, stoppte James seinen Redefluss. »Anderson wurde 1864 in Ray County erschossen, soweit ich das gelesen habe.«
McCall lachte trocken. »Das machen die Yankee-Zeitungen der Welt glauben. Mag ja stimmen, was den Menschen Anderson betrifft.