Vollgasfußball. Martin Rafelt

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Название Vollgasfußball
Автор произведения Martin Rafelt
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783730703076



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diesem Lob für Klopps Spielanalysen muss man jedoch einschränken, dass er all diese positiven Punkte nicht hundertprozentig konstant umsetzt. Gerade in den schwächeren Phasen zwischen 2013 und 2015 rutschte er hier und da in „klassischere“ Erklärungsansätze. Zum Teil lag das daran, dass es wirklich außergewöhnliche Spielverläufe und Situationen gab. Möglicherweise war es hier und da auch eine absichtliche Strategie, um sich massentauglicher, gewissermaßen populistischer zu verkaufen und den öffentlichen Druck etwas aufzufangen. Die fehlenden Fortschritte weisen aber darauf hin, dass sich zugleich tatsächlich auch der Fokus seiner Arbeit etwas verschob. In ähnlicher Weise zeigen seine schon angesprochenen Ausraster am Spielfeldrand, dass er seine Emotionen nicht immer komplett im Griff hat.

      Seine Herangehensweise ist außerdem gar nicht mal (mehr) so außergewöhnlich. Gerade in den letzten Jahren ist ein taktischer Fokus in der Spielanalyse zumindest in der Bundesliga weitestgehend Usus geworden. Das ist zum Teil ein kultureller Wandel, vor allem aber eine Folge der gestiegenen Qualität auf den Trainerbänken. Die substanziellen Aussagen auf Pressekonferenzen werden aber meist nicht in den Fernsehsendungen gezeigt, die sich stattdessen auf Kurioses oder Aussagen zu Schiedsrichterentscheidungen fokussieren.

      Der differenziert taktische Stil der Problemanalyse ist in einem weiteren Sinne bedeutsam. Es ist nicht nur so, dass Klopp auf taktische Dinge schaut, er fokussiert sich dabei auch auf möglichst grundlegende Aspekte im strategischen Sinne. Das heißt, er schaut bei einem Gegentor nicht nur auf die Momente unmittelbar vor dem Treffer, sondern er schaut vor allem darauf, wie diese Momente entstanden sind. Bevor er einen Spieler für individuelles Verhalten kritisiert, stellt er die Frage, ob die Mannschaft die Situation nicht schon in den Sekunden zuvor hätte verhindern können.

      Klopp ist zudem in der Bewertung von Fehlern sehr gut. Er erkennt, ob es für einen Spieler sehr schwer war, ein verlorenes Einsgegen-eins zu gewinnen, oder ob er sich tatsächlich schlecht angestellt hat. Er kann gut beurteilen, wie schwierig der gegnerische Angriff zu verhindern war. Er kann akzeptieren, dass man auch mal ein Kopfballduell verliert, wenn der Gegner mit mehr Geschwindigkeit ankommt. Er ist Realist und reagiert auf Misserfolge seiner Spieler nicht verurteilend und abwertend, sondern analytisch und konstruktiv. Er weiß, dass er seinen Spielern nicht beibringen kann, jeden Zweikampf zu gewinnen. Deshalb fokussiert er sich darauf, dass jeder Zweikampf abgesichert wird.

      Was nach der vorangegangenen Erörterung der verschiedenen Facetten Klopps unter dem Strich steht, ist die Ambition, herausragende Fußballmannschaften zu entwickeln. Die Arbeit des Trainerteams Klopp ist Tagesgeschäft, das langfristig angelegt ist. Es geht darum, kurzfristig die beste Lösung zu finden, um langfristig große Schritte machen zu können. Konstant ist dabei die strategische Idee vom intensiven, aktiven Fußball. Doch selbst die Gestaltung des Pressings und die Idee des Gegenpressings mussten sich erst über die Jahre entwickeln. Unterwegs fielen etliche taktische Kniffe wieder ab, etliche Konstellationen entstanden und hatten Erfolg oder scheiterten, etliche Ideen wurden umgesetzt oder verworfen. Das Trainerhandwerk ist häufig mehr eine Kunst als ein Handwerk, welches stetige Anpassung, Fortentwicklung und Kreativitität erfordert, ohne dass es eine perfekte Lösung gibt.

      Das „System Klopp“ existiert dabei genaugenommen nicht. Es existiert immer nur eine Mannschaft von Klopp, die ein bestimmtes System zu einem gewissen Grad beherrscht. Und es gibt Spiele, in denen diese Systeme mehr oder weniger gut funktionieren. Folgerichtig lässt sich kaum einmal eine Phase von mehr als ein paar Monaten ohne wesentliche taktische Änderungen in Klopps Karriere ausmachen, und nur selten mehr als drei, vier aufeinanderfolgende Spiele, ohne dass seine Mannschaft mit einem bestimmten Gegner ernsthafte Probleme hatte.

      Ein Trainer definiert sich nicht in der Theorie, sondern in seinen Aktionen und in seinen Reaktionen auf die Umstände, die ständig in chaotischer Bewegung sind. Man kann Spiele am Reißbrett gewinnen, doch man muss seine Skizzen im Sturm zeichnen. Dementsprechend versucht dieses Buch, die Entwicklung und die Ideen von Klopp, Buvač und Krawietz anhand der Entwicklung ihrer Mannschaften zu skizzieren. Es wird dabei nicht nur darum gehen, zu zeigen, was Klopp auszeichnet. Es soll auch dargestellt werden, wie sehr Erfolg und Misserfolg eines Trainers von den Umständen abhängen.

      Die Feststellungen zur Mannschaftsentwicklung haben auch Implikationen für den Aufbau dieses Buches, der im Grunde aus einer chronologischen Abhandlung besteht und Klopps Rolle dabei nur vereinzelt explizit herausarbeitet. Nichtsdestotrotz ist die Philosophie des Trainers ja die Grundlage für die skizzierten Entwicklungen. Zugleich erlaubt das Vorgehen den Versuch, diese Entwicklungen aus der ungefähren Sicht Jürgen Klopps darzustellen. Seine Fußballphilosophie ist der Filter, durch den dieses Buch auf die Entwicklung seiner Mannschaften schaut. Die Zusammenhänge und der Fokus der Betrachtungen orientieren sich an Klopps Aussagen, wie auch die persönliche Fußballphilosophie des Autors stark von selbigen geprägt ist.

      An dieser Stelle soll auch die einzige Rückblende in die Zeit bei Mainz 05 erfolgen: Erwähnenswert ist in diesem Kontext nämlich, dass Klopp in Mainz noch aktiver Spieler war, als er von Sportdirektor Christian Heidel auf die Trainerbank befördert wurde. Er beendete damit seine Spielerkarriere und trat die Nachfolge von Wolfgang Frank an, den Klopp bis heute als seinen wichtigsten Lehrmeister für seine Rolle als Trainer bezeichnet. Wolfgang Frank war in den 1990er Jahren in Deutschland einer der wenigen Pioniere im Geiste der Fußballlehre von Arrigo Sacchi, der vor allem die Raumdeckung im 4-4-2-Mittelfeldpressing predigte. Diese bis heute gängige Spielweise machte der Italiener am Ende des vorangegangenen Jahrzehnts durch große Erfolge mit dem AC Mailand weltweit populär. Dem 2013 mit 62 Jahren verstorbenen Wolfgang Frank blieb der große Erfolg als Trainer verwehrt, doch prägte er damit in seiner Zeit bei Mainz neben Klopp auch weitere deutsche Profitrainer wie Torsten Lieberknecht oder Jürgen Kramny. Besonders Klopps Fokus auf die Organisation und Aktivität des Defensivspiels ist ein Erbe Franks.

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