Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque

Читать онлайн.
Название Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор произведения Friedrich de La Motte Fouque
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207022



Скачать книгу

braver alter Kamrad und hatte vollkommen recht, so wunderlich er anfangs seine Meinung vorbrachte. Auch mich hat seine Mahnung erinnert, daß ich noch kein männliches und verständiges Wort mit Dir gesprochen habe, und doch sind wir schon dicht an Euern Gezelten. Vernimm also nur vorläufig ganz im Kurzen, wie wir einander eben hier treffen und auf diese Weise. Euer Land mag gut seyn, nicht sowohl für den, der drin geboren ist, denn das bin ich selbst, sondern für den vielmehr, der mit Wurzel und Baum seit ein drei bis vier Jahrhunderten drin fest steht. Mir taugts nicht. Das fühlt' ich schon in Braunschweig, und gedachte Alinen und Dich und was Du nothwendig mitnehmen müßtest, mit mir hinüber zu locken in die glücklichen Gegenden, wo die rechte Liebe zu Haus ist, die echte Lebenslust. Deswegen vorzüglich trat ich meine Reise nach Italien an. Aber noch geht es nicht. Die Welt ist zu voll von Krieg und allerlei Wirrwarr, und da schloß ich mich vorläufig an Italiänische Söldner an, an einen lustigen, kecken Hauptmann, den die Rache verschmähter Liebe in diesen Gegenden festhält.

      Doch nicht der Flaminien's Schloß bestürmt hat? fragte Alwin.

      Der nämliche, erwiederte Anselmo. Ach, ich verstehe! Du bist der hübsche Reiter, der öfters dorthin streift, und Nachrichten hohlt, und wer weiß was noch mehr. Der Hauptmann ist sehr bös auf Dich.

      Daß er mir nur nicht in den Weg kommt! rief Alwin. Rath's ihm, wenn Du ihn wieder siehst.

      Ruhig, ruhig, sagte Anselmo. Er ist weder mein Freund, noch Oheim, noch Vetter, noch Schwager. Viertheile ihn, wenn's Dir gefällt, und sich's grade so treffen will. Ich mag Dir kein böses Blut machen, um so weniger, da wir schon fast im Lager sind, und ich zweierlei von Dir zu verlangen habe: guten Wein, und Verschwiegenheit meines Hierseins gegen den alten Brummbart Balderich.

      Alwin verhieß ihm lächelnd Beides, und sie rückten unter dem lauten Jubel des Kriegsvolkes ein. Der Zug ging zuerst nach Alwin's Zelte, wo dieser seinen Freund absteigen hieß, ihm eine Flasche edlen Weins reichte, und einem geprüften Halberstädter die Sorge für seine Sicherheit übergab. Darauf eilte er zu den drei Feldobersten, die er bei Adalbert versammelt fand. Nachdem sie ihn wegen seiner Expedition gelobt hatten, fing Balderich an:

      Jetzt haben wir den Schlüssel in Händen zu allen Entwürfen des Feindes, und wollen schon durchbrechen. Führt Euern vornehmsten Gefangnen her, Alwin.

      Wozu? fragte dieser.

      Seltsam! rief Balderich. Zum Beichten. Wir wollen ihn so gut dazu bringen, als Einer seiner welschen Pfaffen. Sprechen soll er, oder sterben.

      Er ist ein Edelmann, und mein persönlicher Gefangner, sagte Alwin. Ich leid' es nicht.

      Hoho, junger Mensch, rief Balderich lachend aus, Ihr seid schnell herangewachsen, aber Ihr wachst mir nicht über den Kopf; dafür will ich schon sorgen. Den Gefangenen her!

      Ich leid' es nicht, wiederhohlte Alwin kaltblütig dem Tone nach, aber Augen und Wangen glühten wie Feuer.

      Balderich erhob sich von seinem Sitze. Der alte Kriegsheld, an keinen Widerspruch gewöhnt, stand im Begriff, zürnend und verderblich loszubrechen, aber Adalbert nahm ihm das Wort vom Mund, indem er zu ihm sagte:

      Besinnt Euch auf das, was Ihr selbst an Alwins Stelle thun würdet. Wen ich einfange, ich selbst mit eignem Arm und Schwerdt, der ist mein, und Niemand hat was drein zu reden, wie ich ihn halten will, wie hoch seine Ranzion anschlagen, oder ob ich ihn gar laufen lasse, umsonst, und weil mir's eben so hehagt. Und was hülf' es uns (ich bitt' Euch, überlegt es mit Euch selber), was hülf' es uns, die anerkannten Gerechtsame jedes Soldaten an einem unsrer edelsten Mitstreiter zu verletzen? Ist sein Gefangner ein Ehrenmann, so beantwortet er unsre Fragen mit Schweigen, und jegliche Drohung gleitet machtlos an ihm ab, ja selbst den Tod würd' er nur erleiden zu seiner Glorie und unsrer nutzlosen Schmach. Doch bin ich weit entfernt zu glauben, wir adliche, kampfgewohnte Männer ließen es wirklich zu solcher unwürdigen Extremität kommen. Und wozu mit dem drohen, was man nicht halten kann, noch will? Wär' es aber ein elender, feiger Bursch, der sich durch Todesfurcht aus seiner Ehre aufschrecken ließe, welchen Bürgen könnte er uns stellen, daß er, ein Schuft, der sich eben als solchen bewiese, nicht auch uns mit Lügen äffe? Laßt unsern Alwin mit seinem Gefangnen in Ruh. Wir wollen dafür die gemeinen Söldner vornehmen, bei denen ehr durch Verheißung und Drohung was auszurichten ist, und deren mannigfache Aussagen wir mit einander vergleichen können, so daß aus ihnen, wo nicht die Wahrheit, doch mindestens die Wahrscheinlichkeit hervorgehn muß.

      Es mag drum sein, erwiederte Balderich, um so mehr, da wir doch den ganzen Vortheil unserm kecken Junkherrn hier verdanken, und seiner Gestrengen nicht böse machen müssen. Zudem bin ich Heut außerordentlich gut aufgeräumt, und möchte mir den Abend nicht gern durch einen Zank verderben. Kommt her, Alwin, stoßt mir nur an. Vergeben und Vergessen!

      Ihr macht mich stolz, mein Feldoberster, antwortete der Jüngling, und leerte den blinkenden Pokal.

      Wir dürfen ihn nicht länger aufhalten, sagte Adalbert. Er will seines Gefangnen pflegen.

      Alwin stand bereits am Ausgang des Zeltes, als Balderich ausrief: Heut Becher auf Becher! Meine Nachrichten sind erquicklich wie der Wein. Aline, mein schönes Töchterchen, ist wohl nun schon Frau, und ich erwarte sie in einigen Tagen hier mit Thorwald; sie soll unter unserm Schutze nach dem Wohnplatze ihres Mannes reisen, sobald die Pässe frei sind. Er ist ein sehr reicher Graf, seine prächtigen Schlösser –

      So weit hatte Alwin noch gehört, starr und steif wie eine Bildsäule am Eingang des Zeltes verharrend, nun ward's ihm Alles wie Sturmgesaus und Wolkenflug, wild durch einander, unverstanden, wie er sich selbst, und tolle Träume stiegen ihm wunderlich herauf wachenden Muthes, so daß er sich nur immer einer flackernden Flamme bewußt blieb, die vor ihm herzog, und welcher er mechanisch folgte.

      Wir sind an Euerm Zelte, sagte Adalberts Edelknabe, der ihm bis dahin geleuchtet hatte. Alwin sagte ein Paarmal stammelnd: ich danke! danke! und trat unter sein leinenes Dach.

      Hier ward's ihm erst wieder klar und erkennlich, er fing an zu begreifen, was geschehn war. Anselmo saß hinter der Flasche und sang; unvernommene Worte für seinen Wirth, bis auf die Verse:

      Und wenn ich reime,

       Ahnend Keime

       Günst'ger Zeit,

       Die immer bereit

       Zum traulichen Wandeln

       Zum lust'gen Verhandeln,

       Lied sich bildet aus Leid,

       Aus Zank sich Frieden befreit;

       So hab' ich mein Liebchen wiedergefunden,

       Kann sie allwärts in Freuden erkunden,

       Schaue beständig die himmlische Miene,

       Werde zum Echo, das ewig ihr diene.

       Aline' Aline! Aline!

      Da fuhr Alwin empor wie aus tiefem Schlummer, und Anselmo sang:

      Merkst Du nun, siehst Du nun?

       Wachtest wohl kaum?

       Töne die walten

       Fliegen im lustigen Raum,

       Nach Dir, ein lockender Traum,

       Woll'n Dich zum Leben gestalten,

       Merkst Du nun? Siehst Du nun?

      Du machst mir meine Rolle auch zu sauer, fuhr er in Prose fort. Weißt Du noch, wie Du mich, ein neuer Orphens, erziehn solltest? Wir spaßten darüber am ersten Abende in Braunschweig. Nun muß ich an Dir meine Mühe verlieren. Warum übernahm ich auch Dein Geschäft, und warum spielst Du mit einemmale den trüben Waldsohn?

      Es wird bald Zeit, sagte Alwin. Um Mitternacht gehst Du aus dem Lager. Jetzt fangen sie an, Deine Reiter auszufragen, und könnten endlich dahinter kommen, wer Du bist.

      Wer ich bin? Wer ich bin? sang Anselmo.

      Einer, leicht und froh an Sinn,

       Einer sehr verliebt in Wein,

       Mehr in schöner Augen Schein.

      Sprich doch ernsthaft, sagte