Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué. Friedrich de La Motte Fouque

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Название Gesammelte Werke von Friedrich de la Motte Fouqué
Автор произведения Friedrich de La Motte Fouque
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207022



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vertraulichen Schein die Wege zum süßen Ziele hinauf. Wohlgerüche dufteten, der glühende Jüngling schlich leise leise, mit hochschlagendem Herzen über die schöngewundne Treppe, an der nächsten Thüre rauscht' es wie von seidnem Gewande, sie ging auf, und Flaminia stand vor ihm, leicht gekleidet, fast unverhüllt jeglicher jugendliche Reiz, jegliche zarte, weibliche Form, er führte sie, er trug sie wollusttrunken in's blumenumkränzte Gemach, und sein ward alle Wonne und Herrlichkeit der Liebe.

      Stunden waren vorübergeflohn wie Minuten, ein heimlich Geplauder hatte sich milderer und belebend durch ihre Entzückungen geflochten, als Alwin bemerkte, daß Flaminia öfters in seinen Armen bleich ward, und ihr Haupt an seiner Brust zu verbergen strebte.

      Warum mir die Spiegel meines Himmels rauben? fragte er, die leuchtenden Funken aus meiner Freudensonne? Laß mich von neuem lesen in diesen süßen, stolzen, wollüstigen, bänglichen Zügen, was mich erhebt und beglückt über alle Söhne der Erde hinaus. Er faßte sie liebkosend unter das Kinn, und wandte das bezaubernde Gesicht zu sich empor. Aber nein, fuhr er fort, es ist nicht mehr das Zagen der hingebenden Liebe, was diese Rosen bleicht. Es ist der Schreck, die bange Furcht. Liebe! was kann Dich so feindlich aus unsrer Wonne erwecken?

      Du Glücklicher, sagte Flaminia, Du hast nicht gehört, was mir schon seit einer halben Stunde ins Ohr drang. Auch ich wollte nicht hören. Wie ein krankes Kind, wenn's den Ruf der Mutter verschlafen möchte, die ihm Arznei bringt, und es vor sich selbst und Andern thut, als schlummert' es fest und fester, sein Haupt in die Küssen drückend, so wollt' auch ich mir's abläugnen, mich betäuben, und drückte mich fest an Deinen Busen an, in Deine Locken hinein, – aber es wird lauter und heftiger. Höre das Schießen! Höre! Schon wieder. Und ganz in der Nähe!

      Alwin vernahm wirklich einige Musketenschüsse, dem Ansehn nach nicht weit vom Schlosse, und weiterhin rollte ein schärferes Feuern, zwei bis drei Schläge vom groben Geschütz schmetterten drein. Die Ehre trat in ihre Rechte; aufspringend griff er nach seinem Pallasch.

      Mein tapfrer Freund, rief Flaminia, schlage sie, treib sie zurück, vernichte sie, laß sie Deiner Geliebten nicht schaden. Sie zitterte wieder heftig. O, ich Espenlaub, fuhr sie fort. Will denn der Sturm uns keinen stillen, freundlichen Abschied gönnen? Ihm zum Trotz, Alwin! Freudig sollst Du mich sehn, freudige Bilder von mir mit hinwegnehmen, daß sie Dich einst wieder zurücklocken in meine Arme. Feindlich drohend Geschick! Ich will, will noch die letzten Tropfen des Kelches schlürfen in all' ihrer Lieblichkeit. Sie drückte einen Kuß auf Alwins Lippen, glühender als jeden frühern, denn eine fieberhafte Angst jagte Flammen durch sie hin. Siehst Du? rief sie, wir scheiden lustig, ohnmächtigen Drohungen zum Hohn. Wie trüb' die Lampe schon brennt! Aber ich könnte sie aus meinen Augen wieder anzünden. Das fühl' ich, fühl's an ihrer unbändigen Gluth. Wirklich brannten ihre Blicke, von Liebe, Angst und gewaltsamer Anstrengung erregt, wie zwei furchtbare Flammen. Nun geh', mein Liebster, geh' mein Held, rief sie laut, und Alwin schwankte, wie im Traum, die Steigen hinab drauf die Lichter schon größtentheils erloschen waren. Ungewiß tappte er öfters an den Wänden umher; als er die Thür nach dem Garten zu aufstieß, war's draussen neblich und finster, der Mond stand ganz bleich über den nördlichen Gebirgen, die Gänge und Gebüsche sahen unbekannt und seltsam aus. Feuchte Morgenkühle hauchte über sein glühendes Gesicht; an der Pforte wartete Clotilde, vom Froste halb erstarrt; und nahm mit schläfriger Geberde und eiskalter Hand, das Gold, welches er ihr darbot. Darauf schlug sie hinter ihm die Thüre zu, und er hörte sie mit schnellen Tritten nach dem Schlosse zurückfliehn, durch ein innres Grausen gejagt. Fernher tönte das dumpfe Schießen von der Gegend des Lagers heran. Indem Alwin sein Pferd wieder suchen wollte, fand er die Gatterthür zur Koppel offen, und gewahrte, beunruhigt innerhalb derselben umherblickend, eine Menschengestalt, die sich mit dem scheuen Hengste herumarbeitete, und vergeblich voll seltsamer Unbehülflichkeit hinaufzuklimmen strebte. Laß ab von meinem Roß, schrie Alwin durch die Nacht. Da schauderte die Gestalt zusammen, und klomm mir erneuter Anstrengung hinauf. Nun saß es droben, das unförmliche Gebild, und der Hengst trabte schnarchend und langsam damit über die Wiese. Plötzlich stürzt' es herunter, hielt aber den Zügel fest, und das entsetzte Thier zerrte bäumend, sich los zu machen. Alwin kam herzu, und erkannte einen Blutenden, der in Wundfieber und Wahnsinn hier hergerathen war. Die Katholiken hauen lauter Kreuzhiebe, murmelte er vor sich hin; sie haben mich geseegnet. – Beute, meine Beute! stöhnte er noch einmal auf, indem Alwin die Zügel aus seiner krampfhaft zusammengezognen Hand losmachte, und sank gleich darauf in Ohnmacht zurück. Schaudernd sprang Alwin in den Sattel, der vom Blute des Wunden naß geworden war; das Pferd schnob und prellte scheu von der Seite, als habe es noch seinen unheimlichen Reiter auf sich, und flog endlich schäumend in den Wald hinein.

       Inhaltsverzeichnis

      Der Tag stieg heller herauf, das Schießen tönte näher und heftiger, aus Alwin's Gemüth verschwanden allgemach die nächtlichen Schauer, und gaben der Schlachtlust Raum, nur sein Barberhengst blieb noch scheu und wild, wie vom Wahnsinn des Verwundeten angesteckt, so daß er oft schneller durch Wald und Thal sprengte, als der Reiter es eigentlich wollte, der Trense und Schenkel unaufhörlich brauchen mußte, um das schäumende Thier nur einigermaaßen in der Gewalt zu behalten. Schon waren einige Kugeln scharf über ihn hin geflogen, er mußte nah' am Kampfplatz sein, vielleicht schon mittendrauf, da trabte eine Reiterschaar ihm entgegen, Adalbert an der Spitze. Zur guten Stunde, rief dieser, Alwin! Nachtschwärmer! Es gilt! Sie drängen uns mit all' ihrer Macht, mit Fußvolk, Feldschlangen und weiß der Satan was noch. Auf dem Felde jenseits marschieren Hakenschützen, um Balderich zu überflügeln; sie verlassen sich auf den Busch hier, darin ihre Jäger liegen, aber weiter hinunter wird's lichter, und man reitet nothfalls durch. Führt das aus. Ich laß Euch Eure Halberstädter, und will nun von dort aus die feindlichen Reiter in Respekt halten. Damit warf er das Pferd herum, und jagte zurück. Alwin trabte auf den angewiesenen Wege mit seinen Kampfgenossen fort, die sich freuten ihren jungen Führer an der Spitze zu sehn. Ein Reiter sang:

      Was macht den Helden sein Herze groß?

       Der Schlacht Getos.

       Wo liegt er aber in Freuden warm?

       In Mädchen's Arm.

       Und kommt er 'mal später auf's Waffenfeld,

       So weiß sein's Gleichen was fern ihn hält.

      Die andern Reiter lachten, und Alwin mußte mit einstimmen, so unbefangen er sich auch zuerst hatte anstellen wollen.

      Rechts wurden die Bäume schon einzelner, das Strauchwerk weniger dicht: man zog sich näher an die Waldung. Durch's Gezweige drang der Dampf aus den Gewehren der Hakenschützen, man hörte sie ganz nahe schießen und rufen. Plötzlich zeigte sich eine offnere Stelle, wenige Jäger zu deren Deckung drin. Rechts schwenkt Euch! rief Alwin. Galopp. Drauf! Die Jäger feuerten erschreckt und unsicher, Alwin's Reiter jubelten laut, und sprengten ihm nach, während sein Hengst in voller Wildheit durchging, aber Alwin war jetzt eines Sinnes mit ihm: die Sporen drückte er ihm noch in den Leib, denn jenseits sah' er die Hakenschützen, die den Anfall merkten, und zusammenlaufen wollten, um eine feste Stellung zu nehmen. Zu spät. Die Halberstädter waren rasch durch den Wald, und hieben das Fußvolk einzeln nieder. Alwin, von seinem wilden Roß weit vorausgetragen, sah die feindliche Reiterei geschlossen ansprengen. Apell! Trompeter! rief er, Apell! Der nächste, der ihn eben hörte, blies, aber die Feinde waren zu nah, die Halberstädter verloren, hätte nicht Adalbert aus einem nahen Busche auf die Angreifer losgestürmt. Diese stutzten, wandten sich zur Flucht, und Adalbert rief im vorbeijagen: laßt Euch nicht stören! Dort unten haben sie zwei Feldschlangen. Nehmt sie! Alwin warf mühsam sein tolles Roß nach der bezeichneten Gegend herum, einige Reiter sammelten sich um ihn, sie eroberten das Geschütz, indem es eben abfahren wollte. Der Feind verließ hierauf die bisher behauptete Stellung, aber durch seine Uebermacht ward ihm der Rückzug erleichtert. Man focht den ganzen, heissen Tag hindurch, Adalbert war allerwärts; bravo, lieber Knabe! rief Balderich einigemal dem kecken Alwin zu, wenn er ihn mit seinen Reitern vorüberfliegen sah; gegen Abend zerstreute sich der Feind in rettungslose Flucht. Eins der wenigen Feldstücke, die er noch gerettet hatte, feuerte von jenseit eines Baches herüber in die Flanke