Название | Die Clans der Wildnis - Amisha |
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Автор произведения | Delia Golz |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783949348235 |
»Wir haben im Moment keine Ware dabei«, höre ich die spöttische Stimme des Unsterblichen.
In mir steigt Ekel auf, als mir klar wird, dass er mit Ware nur Sklaven meinen kann. »Du bist doch auch ein Unsterblicher«, höre ich wieder die wütende Stimme des jungen Mannes.
Plötzlich wird mir klar, dass es sich um Ashok handeln muss und ich frage mich, was ihn dazu verleitet hat, bei der Ret-tungsmission teilzunehmen. Vermutlich ging es ihm dabei bloß darum, den Ruhm zu ernten, wenn mich die Gruppe lebend wieder nach Hause bringt.
Ich horche erschrocken auf, als ich auch Nevyas Stimme vernehme.
»Er ist es nicht«, sagt sie niedergeschlagen. »Es war zwar dunkel, aber ich konnte erkennen, dass er schwarze Haare hatte und auch etwas größer war.«
»Die Kleine hat recht«, sagt der unsterbliche Mann herablassend. »Wir haben mit dieser Sache nichts zu tun. Die Mitglieder eures Clans sind ohnehin nicht als Sklaven geeignet. Sie sind schwächlich und würden keinen Tag mit schwerer Arbeit aushalten.«
Ich kann hören, wie Ashok dem Mann wüste Beschimp-fungen entgegenwirft.
»Nun verlasst unser Territorium«, sagt er voller Verachtung.
»Ich will euch Abschaum hier nie wieder sehen.« Meine Hoffnung sinkt und meine Augen füllen sich mit Tränen. Sie laufen mir heiß die Wangen herunter und ich könnte schwören, dass Tyron seinen Griff ein wenig lockert, als er es bemerkt.
»Wartet!« Ich horche auf, als ich wieder Nevyas feste Stimme vernehme. »Wir sollten noch in dem Wagen nachsehen.«
»Dort befindet sich nichts weiter als ein paar Lumpen und Vorräte«, knurrt der Unsterbliche. »Wir haben einen strikten Zeitplan und müssen noch vor Einbruch des nächsten Morgens in der Stadt ankommen.« »Sie hat recht«, mischt sich nun ein anderer Krieger ein, dessen Stimme ich erkenne, weil er in unserem Clan sehr angesehen ist. »Wir müssen den Wagen kontrollieren.«
Ich kann spüren, wie sich Tyrons Körper versteift. Die Hand, in der er den Dolch hält, beginnt zu zittern und langsam hebt er sie an meine Kehle. Mein Atem beschleunigt sich und ich presse fest die Augen zusammen. Ich bettle meine Clankameraden im Stillen an, die Suche aufzugeben und mich meinem Schicksal zu überlassen.
Auf einmal kann ich hören, wie draußen ein hektischer Trubel beginnt. Das ohrenbetäubende Klirren von sich kreuzenden Klingen lässt mich zusammenzucken, woraufhin sich Tyrons Griff noch weiter verfestigt. Ich kann seinen rasenden Herzschlag an meinem Rücken spüren und ich frage mich am Rande, wie das bei einem Unsterblichen sein kann.
Plötzlich wird die Plane des Karrens zurückgezogen und ich sehe geradewegs in Ashoks weit aufgerissenen Augen, als er mich entdeckt.
»Keinen Schritt weiter«, knurrt Tyron und drückt die Klinge noch etwas fester gegen meinen Hals. »Verschwindet einfach«, presse ich hervor. »Ich bin so oder so verloren, also bringt euch nicht wegen mir in Gefahr.« Mir wird klar, wie töricht meine Hoffnung auf Rettung war. »Ich habe meiner Mutter versprochen, dass ich dich zurückhole.« Seine Stimme klingt jedoch verunsichert und ich weiß schon jetzt, dass er einen Rückzieher machen wird.
»Hör auf deine Freundin«, sagt Tyron drohend. »Es ist egal, ob ihr es schafft, die Sklavenhändler zu besiegen. Wir sind zwei Unsterbliche, also habt ihr nicht die geringste Chance.« Ashok blickt verunsichert zwischen mir und Tyron hin und her. Ich bringe ein leichtes Nicken zustande und reiße mich zusammen, um nicht wieder in Tränen auszubrechen. Ashoks Miene wird wieder entschlossen und er verdeckt den Eingang mit der Plane.
»Sie ist nicht da«, kann ich seine laute Stimme über die Geräusche des Kampfes hinweg hören.
Sofort wird es wieder still.
»Warum wollten sie dann nicht, dass wir im Wagen nachschauen?«, kann ich die skeptische Stimme eines anderen Mannes hören.
Mein Körper verkrampft sich und ich hoffe inständig, dass Ashok eine gute Ausrede einfällt. Einen Moment lang herrscht bloß drückendes Schweigen.
»Dort liegen dutzende Leichen von Sklaven übereinandergestapelt«, presst er schließlich hervor und ich bewundere ihn insgeheim für diese spontane Lüge. Nun wird sicherlich niemand mehr einen Blick in den Karren werfen wollen. Ich kann das laute Schluchzen von Nevya hören und schließlich Ashoks Befehl zum Rückzug. Als sich das Donnern der Hufen wieder entfernt, fange ich unkontrolliert an zu weinen.
»Es ist besser so«, sagt Tyron knapp und lockert seinen Griff. Er macht ein überraschtes Geräusch, als ich mein Gesicht in seiner Schulter vergrabe und den Stoff seines Gewandes mit heißen Tränen durchtränke. Dennoch lässt er es eine Weile zu, bis er mich vorsichtig von sich löst.
»Du solltest keine Schwäche zeigen.« Obwohl seine Stimme frei von jeglichen Emotionen ist, wirken diese Worte tröstend.
»Du hast recht«, sage ich ein wenig zittrig und wische mir energisch mit dem Ärmel meiner Tunika durch das Gesicht.
Im nächsten Moment wird auch schon die Plane beiseite geschlagen und ich wende schnell den Blick ab, um mein gerötetes Gesicht zu verbergen.
»Das war eine schlaue Entscheidung von dir, kleine Kriegerin«, sagt das Rattengesicht mit einem hämischen Grinsen.
»Wir haben entschieden, dass ihr euch bis zu der Grenze im Karren aufhalten solltet, nur um sicherzugehen.«
Mit einem letzten schmierigen Lächeln entfernt er sich und so sind wir wieder allein in der Dunkelheit. Erneut bekomme ich dieses nervöse Gefühl, welches ich schon öfters in Tyrons Anwesenheit hatte. Das Schweigen legt sich drückend über uns und ich möchte es am liebsten durchbrechen, doch mir fällt einfach nichts ein, was ich sagen könnte.
Irgendwann rückt Tyron von mir weg und lehnt sich gegen die hölzerne Wand. Ich kann sehen, dass ihn etwas beschäftigt, doch ich kann mich nicht überwinden, ihn danach zu fragen.
Schließlich entscheide ich mich dafür, mich ein wenig aus-zuruhen, da sicherlich schon bald wieder ein langer Marsch vor mir liegt. Es wird sich wohl nur noch um wenige Stunden handeln, bis sich die Wege von uns und den Sklavenhändlern wieder trennen. Wenn ich nur an das lange Gehen denke, fangen meine Füße wieder an zu schmerzen und so fällt es mich nicht schwer, meinen Körper endlich zu entspannen.
Immer wieder geht mir der Zwischenfall mit meinen Clankameraden durch den Kopf. Obwohl ich es zutiefst bedauere, dass sie mich nicht retten konnten, bereue ich meine Entscheidung, sie weggeschickt zu haben, nicht.
Meine vorherige Hoffnung war töricht, dem bin ich mir nun bewusst. Ich hätte es niemals zulassen können, dass meine Clankameraden, und vor allem meine beste Freundin, ihr Leben für mich aufs Spiel setzen.
Endlich, bei Einbruch des Abends, ist der Zeitpunkt gekommen, an dem die Sklavenhändler einen anderen Weg einschlagen. Tyrons Clankamerad wirft ihm noch einen letzten warnenden Blick zu, ehe auch er sich entfernt.
Zum ersten Mal sehe ich sein Dämonenpferd, welches lauernd um ihn herumstreift. Im Gegensatz zu Tyron scheint der Mann es jedoch zu genießen. Ich unterdrücke bei diesem Anblick ein Schaudern und lasse unwillkürlich den Blick über die Gegend hinter uns schweifen, auf der Suche nach Tyrons soge-nannten Schatten.
Für einen Moment scheint es mir, als würde ich eine formlose, schwarze Gestalt auf der Kuppe eines entfernten Hügels erkennen, doch die untergehende Sonne blendet mich zu sehr, um es genauer sehen zu können.
Als die Sklavenhändler endlich vollends verschwunden sind, atme ich erleichtert aus und auch Tyrons finsterer Blick klärt sich kurze Zeit später ein wenig. Mittlerweile haben wir jedoch die Grenze zu Morigans Revier überquert, sodass sich eine andere Art von Beklommenheit in mir ausbreitet. Der Gestank des grünlichen Rauches, der aus vereinzelten Ritzen im trockenen Boden aufsteigt, nimmt zu.