Название | Die Clans der Wildnis - Amisha |
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Автор произведения | Delia Golz |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783949348235 |
»Warum tust du mir das an?«, frage ich mit erstickter Stimme in die Stille hinein.
Ich rechne nicht mit einer Antwort, doch nach einem Moment sagt Tyron leise: »Ich muss Morigan meine Treue beweisen. Ansonsten wird er mich zwingen, noch schlimmere Dinge zu tun.« »Noch schlimmer, als Krafttiere zu töten?« Ich werde immer wütender, bis mir die Bedeutung seiner Worte klar wird.
»Du meinst, du wirst einen Menschen töten müssen?« »Nicht nur einen, da bin ich mir ganz sicher. Morigan muss es nicht aussprechen, um es mir deutlich zu machen.« Seine Stimme trieft geradezu vor Bitterkeit und Verachtung.
»Aber um unsterblich zu werden, hast du diese Aufgabe doch auch schon auf dich genommen«, erwidere ich herausfordernd.
Mir wird klar, dass ich verzweifelt versuche, seine schlechten Seiten hervorzulocken. Ich rechne mit einer banalen Ausrede, oder dass er diese grausame Tat schönredet und freue mich fast schon darauf.
»Ich weiß«, sagt Tyron jedoch mit tonloser Stimme. »Und ich würde alles dafür geben, es nie wieder tun zu müssen.«
Ich möchte ihn fragen, wen er geopfert hat, was ihn dazu gebracht hat, und ob er dem Clan der Dämonenpferde treu ergeben ist. Doch stattdessen schweige ich und beschließe, das Gespräch zu beenden.
Mir wird klar, dass es das Beste wäre, nichts mehr über den jungen Mann herauszufinden und ihn wieder als den grausamen Menschen zu sehen, der er ist. Obwohl ich einen unbändigen Drang verspüre, die Dunkelheit, die in ihm herrscht, zu verstehen.
Stattdessen wickele ich mich fest in die schmutzige Decke und erschaffe dadurch eine Barriere, die mich unüberwindbar von Tyron trennt.
Es kommt mir vor, als hätte ich bloß wenige Minuten geschlafen, als das Rattengesicht die schwere Plane zur Seite schlägt und mich mit barschem Ton auffordert, den Karren zu verlassen. Stöhnend strecke ich meine schmerzenden Glieder. Tyron beobachtet mich schweigend und mit abweisendem Blick. Ich muss mich dazu zwingen, ihm keine Beachtung zu schenken, um an ihm vorbei ins Freie zu klettern. Es ist noch immer dunkel und nicht mal ein rosiger Streifen am Horizont deutet darauf hin, dass bald ein neuer Tag beginnt. Es ist eiskalt und schon nach kurzer Zeit beginne ich, in meiner dünnen Kleidung zu frieren. In der geschützten Oase, in welcher sich unser Hauptlager und der Wald befinden, war es nachts um einiges wärmer als hier in der offenen Savanne. Ich weiß jedoch, dass es bei Tag wieder unerträglich heiß wird und ich mich dann nach der Frische der Nacht sehne.
Mittlerweile zittere ich unkontrolliert und ignoriere trotzig die hämischen Blicke, die mir die dick bekleideten Sklavenhändler zuwerfen. Tyron scheint nicht genau zu wissen, ob er mir helfen soll, doch irgendwann blickt er nur noch starr geradeaus und ignoriert mich völlig. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mit der Situation allein klar zu kommen und so beschließe ich, so viel Würde zu zeigen, wie nur möglich ist.
Dann endlich erscheint das erste schwache Glühen am Himmel und schon nach kurzer Zeit tasten sich auch die goldenen Strahlen der Sonne in die Dunkelheit. Es dauert nicht mehr lange, bis die Luft eine angenehmere Temperatur annimmt und mein unterkühlter Körper sich etwas aufwärmt. Der Gestank ist mittlerweile fast unerträglich geworden und ich bin mir sicher, dass die Grenze zur Einöde ganz nah ist.
Ich blicke mich niedergeschlagen um und halte nach Menschen Ausschau, die mir zur Hilfe eilen könnten. Doch weit und breit ist nichts weiter zu sehen als die sandigen Hügel der Savanne und vereinzelte Sträucher oder Kakteen. In mir breitet sich eine drückende Resignation aus, die jegliche Hoffnung auf Rettung vertreibt.
Plötzlich sehe ich, wie sich der Clankamerad von Tyron zurückfallen lässt, bis er sich mit mir auf einer Höhe befindet. Es kostet mich meine ganze Kraft, keine Beunruhigung zu zeigen und auch Tyron, der vor uns geht, wirft uns hin und wieder nervöse Blicke zu.
»Ich würde gerne wissen, aus welcher Familie du stammst.«
Die Stimme des Mannes klingt übertrieben schmeichelnd und weckt eine tiefe Abneigung in mir. »Bist du eine angehende Schamanin? Oder mit der Anführerin verwandt?«
Ich bin verunsichert und weiß nicht, ob ich lügen, oder die Wahrheit sagen sollte. Es scheint mir, als würden sich Tyrons Schultern bei dieser Frage versteifen. Schließlich entscheide ich mich für die am wenigsten riskanteste Antwort und lege mir die Worte sorgfältig zurecht.
»Ich bin eine Kriegerin und mir wird oft gesagt, dass ich es noch sehr weit schaffen werde.« Ich bemühe mich, meine Stimme stolz klingen zu lassen, damit der Mann denkt, dass ich sehr wertvoll für den Clan bin.
Zudem wird er diese Behauptung nicht so leicht nachprüfen können, als wenn ich gesagt hätte, dass ich eine wichtige Erbin wäre.
»Soso«, sagt er mit einem zufriedenen Lächeln und ich atme innerlich erleichtert auf. »Dann wird der Clan des schnellen Leoparden sehr unglücklich sein, dass er eine seiner besten Kriegerinnen verloren hat.«
Ich blicke erschrocken drein und hoffe, dass es überzeugend wirkt.
»Ich kann meinen Clan in diesen schwierigen Zeiten nicht im Stich lassen«, sage ich mit zitternder Stimme und lasse meine Augen glasig werden.
»Tyron, pass auf, dass sie dir nicht abhandenkommt. Da hast du einen besseren Fang gemacht, als ich dachte.« Er klopft seinem Clankameraden auf die Schulter und gesellt sich schließlich wieder zu den anderen Sklavenhändlern.
Ich seufze erleichtert und weiß, dass es richtig war, mich über meinem Wert zu verkaufen. Auch Tyron sieht wieder etwas entspannter aus, auch wenn er mich weiterhin ignoriert.
Obwohl ich einerseits erleichtert bin, schwingt doch eine Spur Enttäuschung mit. Es war wirklich faszinierend, mit ihm zu reden und die ganze Situation aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.
Zuerst male ich mir aus, wie ich Nevya von alldem erzähle, bis mir wieder schmerzlich bewusst wird, dass ich sie und meine Familie wohl nie wieder sehen werde.
Bald schon beginnt sich die Landschaft nach und nach zu ver-ändern. Einer der Sklavenhändler verkündet zufrieden, dass wir wohl am frühen Nachmittag die Grenze passieren werden und sie dann einen anderen Weg als Tyron einschlagen werden. Ich weiß nicht, ob ich bei dem Gedanken, wieder mit ihm allein zu sein, erleichtert sein, oder Unruhe verspüren soll.
Plötzlich reißt mich ein fernes Geräusch aus der Gedanken-welt. Auch die Männer scheinen es zu hören und halten aufmerksam inne. In ihren Augen ist Besorgnis zu lesen und als ich in der Ferne Menschen auf Pferden auf uns zu galoppieren sehe, blitzt wieder ein Funke Hoffnung in mir auf. Die Sklavenhändler tauschen beunruhigte Blicke, während Tyrons Clangefährte ein langes Schwert zückt. Tyron selbst dagegen wirkt einen Moment lang wie versteinert und packt mich dann fest am Arm. Ich protestiere, als er mich grob zu den Karren zerrt und hineinstößt. Mit Leibeskräften versuche ich, mich gegen ihn zu wehren, doch er ist sogar noch kräftiger, als ich ohnehin schon vermutet habe. Er klettert nach mir in den Karren und hält mir mit Gewalt den Mund zu.
»Wenn du einen Laut machst, wirst du es bereuen«, zischt er in mein Ohr und zückt mit der freien Hand einen Dolch.
Mit großen Augen starre ich auf die blitzende Klinge und fühle mich wieder an unser zweites Zusammentreffen im Wald zurückversetzt. Obwohl ich ihn für ungefährlicher halte, als er sich gibt, kann ich nicht darauf vertrauen, dass er im Notfall kein Gebrauch von seiner Waffe macht.
Mittlerweile sind die Reiter so nah, dass das Geräusch der Hufen auch im Karren zu hören ist und ich kann die barsche Stimme von dem unsterblichen Mann hören, der den Sklavenhändlern hektische Befehle erteilt.
Schließlich verstummt die donnernde Geräuschkulisse und ich kann die feindselige Stimme eines jungen Mannes hören.
»Wir suchen ein Mädchen aus unserem Clan. Sie wurde von einem Mitglied vom Clan der Dämonenpferde entführt und