Название | Die deutsche Kühlschifffahrt - German Reefer Shipping |
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Автор произведения | Karsten Kunibert Krüger-Kopiske |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783782214872 |
Obschon der Bananentransport der bekannteste Verkehr mit Kühlgütern ist, ist er doch nicht der größte, denn dies sind zweifellos die Gefriertransporte mit Fleisch, die 2014 ca. 25 % ausmachten – gegenüber 17 % für Bananen.
Der Transport von Bananen setzte lange vor dem Gefriertransport ein – allerdings zunächst nur auf den vergleichsweise kurzen Strecken zwischen Mittel- und Nordamerika oder zwischen den Kanarischen Inseln und Europa. Insbesondere die segelnden Kühlschiffe in der Karibik waren abhängig von Wind, und die nicht vorhandene Ventilation an Bord führte dazu, dass das Ethylengas, das die Bananen entwickeln, diese in der Qualität reduzierten. Der Einsatz von Schiffen mit Gefrieranlagen war keine Option, denn Bananen mussten mit einer Temperatur von + 12 Grad Celsius verschifft werden und dazu noch in ventilierten Räumen. Auf der vergleichsweise kurzen Strecke zwischen der Karibik und Nordamerika, aber auch zwischen den Azoren und Nordeuropa war der Transport von Bananen möglich, obschon auch hier sehr viele Früchte auf dem Transport verdarben.
„Es war die Errichtung von Großplantagen in Mittelamerika, die zu niedrigen wirtschaftlichen (wenn auch nicht sozialen und ökologischen) Kosten in Verbindung mit der Eisenbahn enorme Mengen produzierten, die Ende des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten einen großen Markt für Bananen schufen. Mehr als 12 Millionen Bananenbündel passierten 1892 die US-Häfen, und Bananen galten als ‚Grundnahrungsmittel‛ und wurden in Rezeptbüchern erwähnt.“ (Lennerfors, Birch, 2019, S. 32) In diesem recht kapitalintensiven Geschäft wird die Verquickung von Wirtschaft und Politik im Begriff der „Bananenrepublik“ deutlich, mit beiden herausragenden Unternehmen United Fruit (später Chiquita) und Standard Fruit (Dole).
Es dauerte noch eine Reihe von Jahren, bis Bananen über größere Strecke wirtschaftlich transportiert werden konnten – immerhin ist die Distanz von Ecuador nach London doppelt so lang (5.600 sm) wie die zwischen Ecuador und New York (2.800 sm).
Doch auch im Atlantik begann der Verkehr mit Bananen zuerst auf der vergleichsweise kurzen Strecke von Las Palmas, Gran Canaria, nach Großbritannien.
BRUNSHAUSEN (2), Reederei W. Bruns, ladend/loading in Guayaquil/Ecuador (Reederei W. Bruns, Slg. Ralf Witthohn)
„Um 1880 nutzten die eingehenden Schiffe von Elder, Dempster & Co. (immer noch unter der Leitung von Alexander Elder und John Dempster) die regelmäßigen Kohlen- und Nachschublieferungen in Las Palmas, Gran Canaria, indem sie ihre Ladungen mit Bananen aufstockten. Die damals seltene Frucht wurde in Lancashire so populär (wegen der kurzen Reifezeit einer Banane und der Schwierigkeiten einer schnellen Verteilung), dass die Plantagenbauern, hauptsächlich im Ausland lebende Briten, begannen, sich mit Elder und Dempster zusammenzuschließen und die Zahl der Bananenexportanfragen stieg.“ (Haws 1996, S. 2)
Kurze Zeit später begann die Zusammenarbeit zwischen Elder Dempster und dem Fruchtimporteur Fyffes, und Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein Projekt mit der britischen Regierung entwickelt, um Bananen aus Jamaika zu importieren mit dem Ziel, die Wirtschaft in den karibischen Kolonien zu entwickeln. Es wurde ein Postschiff-Kontrakt geschlossen, in dem die Regierung den Verkehr subventionierte und der Reeder eine entsprechend große Anzahl Abfahrten garantierte. Insbesondere ausgehende Ladung (von Großbritannien in die Karibik) war nicht einfach zu finden, sodass der Kontrakt hier eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit bot. 1901 war es dann soweit. „Die bahnbrechende Reise auf diesem Gebiet begann 1901 mit der Ankunft des neuen Kühlschiffs PORT MORANT von Sir Alfred Jones‘ Imperial Direct West India Line in Bristol, das 18.000 Bananenstauden transportierte.“ (Tolerton, 2008, S. 10) Elder Dempster war als Reederei nicht in der Lage, die landseitige Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, und die Verbindung mit dem Fruchthändler Fyffes wurde durch die Gründung der Elders & Fyffes Limited besiegelt. Diese Organisation war für beide Partner ein Gewinn, denn Elders hätte sonst möglicherweise einen Schifffahrtskonkurrenten bekommen, und Fyffes hätte einen Mitbewerber im Fruchtgeschäft gehabt.
Doch das Geschäft lief anfangs nicht wie erhofft. Naturkatastrophen in den Exportländern und unprofessionelle Behandlung der Früchte während des Transports führten dazu, dass die erwarteten Mengen dem britischen Markt nicht zur Verfügung standen. Die Lösung war eine Kooperation mit der US-amerikanischen United Fruit Company, bei der diese sich mit 45 % an Elders & Fyffes beteiligte – womit das Unternehmen britisch blieb. United Fruit eröffnete auch andere Exportmärkte, und das Geschäft blieb nicht auf Jamaika beschränkt.
Mit dem Tod von Sir Alfred Jones 1909 kam es zu einer Neuorganisation der Unternehmensgruppe. Sir Owen Philipps, der über seine King Line und die Royal-Mail-Gruppe das größte Schifffahrtsimperium der Welt aufbaute, erwarb die Elder, Dempster & Co. und gliederte sie seinem Konzern ein. Die Handelsinteressen von Elders & Fyffes gingen mit dem Auslaufen des Postschiff-Kontrakts 1913 zu 100 % an die United Fruit in den Vereinigten Staaten. (Green, 1982, S. 29 ff.)
Der Erste Weltkrieg brachte den Verkehr mit Bananen und anderer Kühlladung über den Atlantik zum Erliegen.
Nach dem Krieg nahm der Export von Bananen einen sprunghaften Anstieg. Aus den Exportländern Amerikas stieg die Menge von 8,4 Millionen Stauden (1912) auf 29 Millionen im letzten Jahr vor der großen Weltwirtschaftskrise 1929 – immerhin um 345 % oder 7,5 % jährlich.
Nachdem die Schiffe der deutschen Handelsflotte entweder im Krieg verloren gegangen waren oder im Rahmen des Versailler Vertrags an die Entente abgeliefert werden mussten, bestand in Deutschland für lange Jahre keine Kühlschiffsflotte. Diese war ohnehin vor dem Krieg erst im Aufbau, und die Schiffe kamen nicht mehr zu einem Friedenseinsatz unter deutscher Flagge.
Einen Aufschwung nahm die Kühlschiffsflotte erst nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland – und hier vor allen Dingen mit Unterstützung der US-amerikanischen United Fruit, denn die extreme Aufrüstung, die in den Zweiten Weltkrieg führte, zwang zu einer Konzentration auf Rüstungsgüter, also „Kanonen statt Butter“. Die Lösung fand der Bremer Fruchtimporteur Gustav Scipio. „Als im System der Devisenbewirtschaftung 1935 die stattlichen Devisenzuteilungen für die Einfuhr von Bananen fast aufhörten, gelang Scipio eine Vereinbarung mit der United Fruit Company über ein Kompensationsgeschäft, zu dem die Gestellung von sechs Kühlschiffen unter deutscher Flagge und mit deutscher Besatzung gehörte: Gründung der Reederei Union Handels- u. Schiffahrts-Gesellschaft mbH mit 33%iger Kapitalbeteiligung Scipios.“ (Kiekel, 2010, S. 461) Noch deutlicher drückt es Rübner aus: „Solche Tausch- und Kompensationsgeschäfte, wie etwa den Export von Schwergut und hochwertigen Fertigwaren nach Zentralamerika und den westindischen Inseln gegen Verrechnung von tropischen Früchten (hauptsächlich Bananen), wickelte die am 18. Januar 1936 ins bremische Handelsregister eingetragene Union Handels- und Schiffahrtsgesellschaft mbH ab. Jeweils ein Drittel des gesamten Gründungskapitals von 1 Mio. RM brachten Hamburger und Bremer Wirtschaftskreise sowie die United Fruit Company, Boston, auf. Die Firmenflotte bestand aus sechs Frachtschiffen mit insgesamt 29.307 BRT, von denen vier ältere Kühlschiffe aus englischem Besitz (Elders & Fyffes Ltd., die zum United-Fruit-Konzern gehörte) und zwei Dampfer von der Deutschen Seeverkehrs AD ‚Midgard‛, Nordenham, stammten, welche die Schiffe im Auftrag der Bremer Exportfirma Scipio & Co. disponierte. „Das Arbeitsziel des neuen Unternehmens“ war darauf abgestellt, „unter allen Umständen einen Devisenüberschuß zu erzielen. […]. Außerdem war vereinbart, die vier älteren ausländischen Dampfer durch deutsche Neubauten zu ersetzen, die dann im Austausch gegen eine entsprechende Menge Bananen der United Fruit überlassen werden sollten.“ (Rübner, 2005, S. 350)
Generell war es für das nationalsozialistische Deutschland wichtig, eher ins Ausland zu verkaufen, als von dort zu kaufen – also auch Seetransportleistungen. Dies beförderte den Aufbau einer Kühlschiffsflotte. Insbesondere die Reedereien F. Laeisz, H. Schuldt und Rob. M. Sloman Jr. begannen, sich – neben der Union – in diesem Segment zu engagieren.
Doch dieser Aufschwung war am Ende nur kurzlebig, denn mit Beginn der Kampfhandlungen 1939 kam der Fruchtimport Deutschlands aus den traditionellen Ländern zum Erliegen. Dies galt bedingt auch für Großbritannien, das bis 1939 von den Störungen der Belieferung aus Spanien infolge des Spanischen Bürgerkriegs