Omega erforderlich. Dessa Lux

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Название Omega erforderlich
Автор произведения Dessa Lux
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783960894346



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Sanitäter bei ihnen gearbeitet hatte.“

      Sanitäter, Rettungsassistent, Medizinstudium, Doktor für Menschen. „Du rettest immer Leute, hm?“, murmelte Rory.

      „Na, ich versuche es“, erwiderte Beau leise, dann drückte er Rorys Nacken sanft. „Schlaf ein wenig, Baby. Ich wecke dich, wenn es Zeit fürs Mittagessen ist.“

      Kapitel 9

      Den Rest des Morgens saß Beau nicht neben Rory und starrte ihn an. Er holte ihre Wäsche aus der Reinigung und hängte Rorys Cargohose und sein Button-Down-Hemd neben seinen eigenen Anzügen in den Schrank. Anschließend führte ein sehr höfliches Telefonat mit seinem Makler in Minnesota und füllte dann einige Formulare aus, um sie zu scannen und zurückzusenden. Er erledigte Onlineeinkäufe und markierte viele Dinge, kaufte sie jedoch nicht. Er hatte schon das Haus aussuchen müssen, ohne nach Rorys Meinung zu fragen, da wollte er keine weiteren Entscheidungen für ihn treffen, wenn es auch anders ging. So konnte er nur jeweils vielleicht zehn Minuten von jeder halben Stunde neben ihm sitzen und sein schlafendes Gesicht beobachten.

      Er sah schon besser aus: Die richtige Flüssigkeitszufuhr und das Essen, das Beau bisher in ihn hineinbekommen hatte, zeigten Wirkung. Sein Gesicht sah viel weniger hager aus und der gefährliche Anfall von Gelbsucht war kaum noch zu erkennen. Die heftigen Verbrennungen an seinem Hals begannen sich zu verändern, die Blasen verschwanden und das Rot verblasste zu Rosa. Seine Augen waren ebenfalls nicht mehr so farblos, und wann immer er Beau während der Stunde, die er wach gewesen war, angesehen hatte, schien er sich ohne Anstrengung konzentrieren und ihn wirklich sehen zu können.

      Beau wusste, dass das – objektiv gesehen – nicht viel war, verglichen mit der Weise, wie Werwölfe normalerweise heilten. Trotzdem war es genug, um ihn sicher sein zu lassen, dass Rory lediglich genug Zeit brauchte, Zeit, Sicherheit und den Verzicht auf die Beruhigungsmittel, um gesund zu werden.

      Ihm fiel Rorys herzzerreißendes Flehen, als er das letzte Mal aufgewacht zu sein schien, wieder ein. Ich brauche meine Medizin. Ich kann normal sein. Als Beau ihm das erste Mal erzählt hatte, wie gefährlich die Beruhigungsmittel waren, an dem Tag, als sie sich kennenlernten, hatte er gesagt: Die Hebamme sagte, ich sei zu jung, als meine Mutter danach gefragt hat.

      Er war in einem Krankenhaus geboren worden, in einer mittelgroßen Stadt in der Nähe von Milwaukee. Nicht gerade Rudelgebiet – und Beau hatte nie von einem Omega gehört, der in einem Krankenhaus entbunden hatte. Ihre Anatomie war den menschlichen Ärzten zu fremd.

      Rorys Mutter war also kein Omega. Aber Rory war einer. Das Einzige, was für Beau in dieser Hinsicht Sinn ergab, war, dass Rory gebissen worden war und sich bei seiner Verwandlung als Omega manifestiert hatte. Das war selten, aber Beau war sich ziemlich sicher, dass er davon schon gehört hatte.

      Kein Wunder, dass Rory Beruhigungsmittel wollte; kein Wunder, dass er normal sein wollte. Nach Hause gehen zu einem Leben, zu dem er niemals zurückkehren konnte. Er wollte menschlich sein, ein menschliches Leben leben.

      Beau wollte ihm helfen, wenigstens so nahe an die Erfüllung dieses Wunsches heranzukommen, wie er konnte, in welcher Zeit auch immer, bevor Rory beschloss, ihn zu verlassen. Denn wenn Rory kein Omega sein wollte, würde er definitiv nicht mit einem Alpha verheiratet bleiben. Beaus Gegenwart tröstete ihn vielleicht auf einigen widerwilligen, instinktiven Ebenen, aber das konnte nicht sein, was Rory wirklich wollte.

      Es war gut, das jetzt schon zu wissen, sagte Beau sich. Er durfte es nur nicht vergessen. Er musste nur dem Drang widerstehen, sich neben ihn zu setzen und zu beobachten, wie das Sonnenlicht über die scharfen Züge von Rorys Gesicht wanderte, sich zu erinnern, dass er heute Morgen mit seinem Omega in den Armen aufgewacht war, der noch süß und friedlich schlief. Für diesen einen Moment hatte er sich Zuhause gefühlt, dass er alles hatte, was er je brauchte. Für diesen einen Moment war er nicht allein.

      Das war reiner Instinkt, wiederholte er für sich selbst, und sah sich um, was es noch zu tun gab, während Rory schlief. Für Werwölfe bedeutete Instinkt eine Menge – was aber nicht hieß, dass es jemals genug für jemanden war, der kein Omega sein wollte. Beau musste nur seine eigenen Instinkte unter Kontrolle halten, für Rorys Sicherheit sorgen und ihn gehen lassen, wenn es so weit war.

      ***

      Schlagartig wachte Rory auf, als Beau seinen Namen sagte, stemmte sich auf einen Ellbogen und sah sich um.

      Beau versuchte, sein Lächeln nur freundlich zu halten und nicht die Hand nach ihm auszustrecken. „Mittagessen, wie ich sagte. Möchtest du Hühnersuppe? Oder ein Sandwich?“

      Rory blinzelte einige Male und fuhr sich schließlich mit der Hand über die Augen. „Ich, äh, Suppe, bitte? Ich kann …“

      „Lass dir Zeit“, sagte Beau und ging zum Kühlschrank, um die gekühlte Suppe in einen Kochtopf zu schütten.

      Rory stattete dem Bad einen Besuch ab, anschließend setzte er sich auf die Kante eines Stuhls am Küchentisch. Die Suppe musste eigentlich nicht überwacht werden, doch Beau stand am Herd und beobachtete, wie Klumpen erstarrten Fetts in der Brühe schmolzen.

      „Als ich ein kleines Kind war“, sagte Rory, dann brach er ab.

      Beau starrte weiter in die Suppe, erinnerte sich an die Abstriche, die er früher machen musste, und wie verschieden Rorys Kindheit von seiner eigenen gewesen sein musste. Er gab ein kleines, ermutigendes Geräusch von sich, sah ihn dabei jedoch nicht direkt an, sondern gab ihm den Raum zu entscheiden, ob er reden wollte oder nicht.

      Rory zappelte für ein paar Sekunden am Rand von Beaus Sichtfeld herum, dann fuhr er fort. „Als ich sechs oder sieben war, kam ich eines Tages von der Schule heim und fragte meine Mutter, warum wir keine Mikrowelle haben. Jeder hatte eine Mikrowelle, sie waren so schnell. Warum musste sie das Essen auf dem Herd warm machen?“

      Beau starrte in die Suppe und bemühte sich, sich seine Verwirrung nicht anmerken zu lassen. Das klang wie …

      „Sie versuchte es mir zu erklären, aber ich war stur und schrie, wie unfair das sei, und ich brachte damit auch meine Schwester zum Schreien. Nach einer Weile setzte sie uns beide ins Auto und fuhr mit uns zur Tankstelle. Die hatte eine dieser Mikrowellen für Lebensmittelläden, weißt du?“

      Beau zog eine Grimasse und nickte. Er wusste, wie diese Geschichte enden musste, und fragte sich, wie er alles so falsch hatte verstehen können.

      „Meine Mutter schaltete sie auf eine Minute und sagte uns, wenn wir beide bei der Mikrowelle stehen bleiben können, ohne die Hände von den Seiten zu nehmen, bis sie fertig ist, können wir direkt zum nächsten Geschäft fahren und eine kaufen.“ Am Rand von Beaus Sichtfeld schüttelte Rory seinen glänzenden Kopf und verzog die Lippen zu einem winzigen Lächeln. „Ich hielt acht Sekunden aus, dann hielt ich mir die Ohren zu. Georgie – sie ist ein Jahr älter als ich und hat immer auf mich aufgepasst – packte meinen Arm und zerrte mich mit ihr nach draußen, meine Mutter war eine halbe Sekunde hinter uns.“

      Das spezielle Fingernägel-auf-Schultafel-Kreischen einer Mikrowelle war ebenso ein Gefühl wie ein Geräusch, unhörbar für Menschen, soweit Beau das beurteilen konnte, selbst Hunde schienen sich daran nicht zu stören. Beau hatte mehr als nur einmal bis spät in die Nacht mit Lauren und Adam und den anderen darüber diskutiert, was zur Hölle es tatsächlich war. Das war eine weitere Frage, die irgendwer eines Tages erforschen musste. Können Werwölfe Mikrowellenstrahlung selbst hören oder fühlen, und wenn ja, wie? Um das zu erforschen, müsste man natürlich Werwölfe dazu bringen, sich dem quälenden Geräusch/Gefühl einer Mikrowelle auszusetzen. Aber wahrscheinlich würde es Probleme mit der Ethikkommission geben, noch bevor jemand versuchte, Probanden zu rekrutieren.

      „Also du, äh …“ Es war offensichtlich, dass er nicht gebissen worden war, dass seine Mutter und seine Schwester ebenfalls Werwölfe waren. Beau wagte es nicht, in dem Ersten, was Rory freiwillig über seine Vergangenheit erzählt hatte, herumzustochern. „Du bist also nicht in einem Rudel aufgewachsen?“

      Rory schüttelte den Kopf. „Ich bin in einem Vorort aufgewachsen. Oder, na ja, Waukesha, das ist eine Art eigene Stadt. Aber