Omega erforderlich. Dessa Lux

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Название Omega erforderlich
Автор произведения Dessa Lux
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783960894346



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sich um, sein Blick wanderte über die Kartons, ehe er wieder zu Beau sah. „Heute?“

      Beau stieß den Atem aus und verbot sich daran zu denken, wie viele plötzliche und chaotische Adressenwechsel Rory in den Jahren hinter sich hatte, in denen Beau sich in seinem kleinen Apartment verkrochen hatte.

      „Nein, nicht so plötzlich. Wir haben noch ein paar Tage. Mein Mietvertrag läuft bis Ende des Monats, aber ich wäre gerne früher umgezogen, damit wir noch Zeit haben, uns einzugewöhnen, bevor das Programm beginnt. Auf diese Weise wären wir vor dem leeren Mond dort. Aber die neue Wohnung ist viel größer und wir werden mehr Möbel brauchen. Ich möchte jetzt schon anfangen, die Sachen zu bestellen, damit sie geliefert werden, sobald wir dort sind. Würdest du mir helfen, die Sachen auszusuchen?“

      Rory runzelte die Stirn. „Ich bin nicht … Ich kann nicht …“

      „Es geht hauptsächlich um die Farben und so Zeug“, meinte Beau und drückte Rorys Knie erneut. „Ich hole meinen Laptop, wir können uns auf das Bett setzen und uns alles ansehen, okay?“

      Rory nickte, er wusste offensichtlich nicht, was er sagen sollte, und Beau fragte sich, ob er das alles nicht doch hätte erledigen sollen, während Rory geschlafen hatte, und ihn vor vollendete Tatsachen stellen. Aber Rory stand auf, nachdem Beau aufgestanden war, und folgte ihm zum Bett hinüber.

      Nach ein wenig Überredung verriet er eine Vorliebe für satte Juwelenfarben und tiefe, weiche Polster; sobald sie einen gemeinsamen Nenner gefunden hatten, ließ Beau ihn sogar noch ein paar Klamotten und eine Telefonhülle aussuchen. Seine Herzfrequenz verlangsamte sich schließlich zu etwas wie Ruhe, als er sich an Beaus Seite kuschelte und Beau leicht einen Arm um ihn legte, und dachte, dass er letzten Endes vielleicht doch die richtige Entscheidung getroffen hatte.

      Kapitel 10

      Rory schlief festgeklemmt unter Beaus Arm ein und erwachte ausgestreckt und allein im Bett, allein im Raum. Er setzte sich auf und sah sich um, streckte seine Sinne aus und fand dennoch den vertrauten Herzschlag seines Alphas nicht.

      Dafür fand er irgendwie einen zusammengelegten Karton, der zwischen dem Fußende des Bettes und der Rückseite des Bücherregals abgestützt war. In dicken roten Buchstaben, fast dreißig Zentimeter hoch, stand dort:

      BIN BALD ZURÜCK

      BEAU

      Als wenn irgendwer sonst diese Nachricht für ihn hinterlassen hätte oder wollte. Trotzdem rutschte Rory zum Ende des Bettes, fuhr mit den Fingern über die Buchstaben, die er beinahe ohne Problem lesen konnte. Der Versuch seines Alphas, ihn zu beruhigen.

      Die Bewegung machte ihn auf den scharfen Umriss in der Tasche seiner neuen Jeans aufmerksam – sein Telefon, größer als eine seiner Hände. Seines, darauf hatte Beau bestanden. Seins zum Benutzen, seins zum Sperren. Seins, um jeden anzurufen, den er wollte. Er zog es heraus und berührte den Screen, der sich ohne Passwortabfrage für ihn öffnete.

      Vielleicht sollte er Beau fragen, wie er eines einrichtete, oder … vielleicht auch nicht.

      Jetzt allerdings öffnete sich der Bildschirm mit den beiden Fotos: Beau und Susan.

      Rory leckte sich die Lippen und dachte darüber nach, Beau anzurufen, nur um nachzufragen, wo er war und wie lange es dauerte, bis er zurückkam.

      Die vertraute elende Rechnung ging sofort los. Durfte er anrufen? Oder durfte er nicht anrufen, weil Beau ihm ja eine Nachricht hinterlassen hatte? Wenn er anrief, würde Beau ihm die Wahrheit sagen, wie lange er fort sein würde, oder eher zurückkommen, um ihn zu überraschen? Oder später heimkommen, damit Rory auf ihn wartete?

      Er konnte die Angst davor bereits in sich aufsteigen spüren – die Erwartung, bei etwas erwischt zu werden, was er nicht tun durfte, obwohl er keine Ahnung hatte, was er tun oder nicht tun durfte. Die Angst, dass Beau nicht zurückkam oder Freunde mitbrachte oder vor ihm mit einem hübscheren Omega flirtete oder …

      Rory schüttelte den Kopf, schob die ganzen Gedanken beiseite und schaute wieder auf den Bildschirm. Mit zitternden Fingern tippte er auf Susans Bild.

      Das Telefon klingelte zweimal, dann hörte er Susans Stimme in seinem Ohr, beinahe so klar, als wäre sie mit ihm hier im Zimmer. „Hallo? Sind Sie das, Mr. Lea?“

      Rorys Kehle war fast zu eng zum Sprechen, und dann brachte er heraus: „Ja. Ich glaube, ich habe meinen Namen nicht geändert.“

      Susan gab ein sanftes kleines Geräusch von sich, und Rory rollte sich auf dem Laken am Fußende des Bettes zusammen, versteckt in der Ecke zwischen Wand und Bücherregal und Beaus riesiger Kartonnachricht. Er hielt das Handy fest an sein Ohr gepresst und zog die Decke über seinen Kopf und die Schultern, versteckte sich mit dem Klang einer vertrauten freundlichen Stimme.

      „Beau sagte, Sie … Sie wollten, dass ich Sie anrufe“, fügte Rory zögerlich an.

      „Nun, ich hatte gesagt, wir werden in Kontakt bleiben“, sagte Susan lebhaft. „Ich kann nicht sicher sein, dass Ihr Alpha Sie ordentlich behandelt, wenn ich nicht mit Ihnen spreche, nicht wahr? Ist er da?“

      Die letzte Frage stellte sie in dem gleichen leichtfertigen Tonfall, in dem sie den Rest gesagt hatte, aber Rory wusste, was sie damit meinte. Hört er zu? Können Sie frei reden?

      „Er ist ausgegangen“, sagte Rory. „Ich habe geschlafen, aber er hat mir eine Nachricht hinterlassen. Er hat sie wirklich groß geschrieben, damit ich sie lesen konnte. Es stand nur Bin bald zurück drauf, aber er … er hat sie für mich geschrieben. Damit ich Bescheid weiß.“

      Rory biss sich auf die Lippe, nachdem er fertig war. Es war wirklich keine große Sache, vielleicht verstand Susan nicht, was sie bedeutete, oder wie es sich anfühlte, oder warum es wichtig war.

      „Klingt, als wollte er nicht, dass Sie sich Sorgen machen“, erwiderte Susan sanft. „Das wirkt sehr freundlich.“

      Rory nickte gegen die Matratze. „Ich weiß, es sind erst ein paar Tage und davon habe ich die meiste Zeit verschlafen, aber er ist … er ist immer … freundlich.“

      Nicht nur nett – nicht höflich und kurzfristig gute Manieren zeigend, so kurzfristig wie eine blinkende Neonleuchtreklame, um erkennen zu lassen, was er aus Rory herauszuholen versuchte. Nettigkeit brachte immer die Gefahr mit sich, dass die Nettigkeit endete und die scharfen Zähne enthüllt wurden, die sie nur halb verborgen hatte.

      Beau war freundlich, gab ihm genau die Dinge, die er brauchte, sowohl materielle Dinge als auch …

      „Er hat auf dem Boden geschlafen“, platzte es aus ihm heraus, als Susan still blieb. „Er saß schlafend neben dem Bett, damit ich alleine schlafen konnte. Und selbst als ich ihn ins Bett holte, hat er nicht – aber ich warte nur darauf, dass er so ist …“

      Rory unterbrach sich erneut, presste diesmal die Fingerknöchel gegen seinen Mund. Das hatte er nicht sagen wollen. Er wusste, dass Beau nicht so war. Deshalb hatte er mit Beau das Asyl verlassen, hatte ihn geheiratet.

      „Na, dann sind Sie ja vorbereitet, wenn er schlimme Anzeichen zeigt“, sagte Susan einfach. „Aber ich glaube, es besteht die Möglichkeit, dass Sie mit ihm einen guten Fang gemacht haben. Das passiert manchmal, obwohl nur der Mond weiß, wie lange es dauert, bis wir wieder vertrauen können. Ich glaube, ich habe drei Kinder geboren, bevor ich aufhörte, meinem Alpha zuzutrauen, seine Klauen an mir zu wetzen, wenn eines schrie oder Unordnung machte.“

      Rory presste einen kleinen, engen Laut aus seiner Kehle, nicht völlig atemlos. Sie sagte das so sachlich, so leichthin.

      „Oh ja“, schnaubte Susan leise. „Ich weiß, ich sehe nicht mehr so aus, als könnte ich mich an etwas anderes als ein angenehmes Leben erinnern, aber glauben Sie mir, wenn es so etwas wie das Asyl gegeben hätte, als ich in Ihrem Alter war, hätte ich mich darin verbarrikadiert und wäre nie wieder herausgekommen. Ich konnte es in Ihren Augen sehen, als Sie zu uns kamen, Mr. Lea. Sie suchten nach einem ruhigen Ort zum Sterben. Ich bin froh, dass wir Ihnen helfen konnten, etwas Besseres zu finden.“

      „Ich