Название | Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie |
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Автор произведения | Georg Ebers |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075836854 |
Nefert schlug ihre thränenfeuchten Augen auf und sagte: »Mit solchem Vater muß es leicht sein, gut zu bleiben.«
»Hat Deine Mutter am Morgen dieses Festes nicht auch gute Worte in Dein Herz gelegt?« fragte Bent-Anat.
Nefert erröthete und sagte: »Es wurde immer spät mit unserem Putz und dann mußten wir eilen, um zur rechten Zeit im Tempel anzukommen.«
»So laß mich heute Deine Mutter sein!« rief Bent-Anat, »und Deine, Rameri. Weißt Du auch noch, wie der Vater den Hofbeamten und Dienern Verzeihung bot, und wie er ihnen und uns einschärfte, an diesem Tage jeden Groll aus unserer Brust zu tilgen? ›Zu diesem Feste,‹ sagte er, ›gehört nicht nur ein reines Kleid, sondern auch ein Herz ohne Flecken.‹ Also, Bruder, kein böses Wort mehr über Ameni, den sein Gesetz vielleicht zu solcher Strenge zwingt. Der Vater wird ja das Alles erfahren und richten. Mir ist das Herz so voll, als sollt' es überfließen. Komm', Nefert, gib mir einen Kuß, und Du auch, Bruder! Ich gehe jetzt in mein Kapellchen, in dem die Ahnenbilder stehen, und denke an die Mutter und die seligen Geister unserer Lieben, denen ich ja heute nicht opfern darf.«
»Ich gehe mit Dir,« sagte Rameri.
»Du, Nefert,« sprach Bent-Anat, »bleibe hier und schneide so viel Du willst von meinen Blumen. Die schönsten sollst Du nehmen! Winde aus ihnen einen Kranz, und wenn er fertig ist, so senden wir einen Boten hinüber und lassen ihn mit anderen Gaben in's Grab der Mutter Deines Mena legen.«
Als nach einer halben Stunde die Geschwister zu der jungen Frau zurückkehrten, hingen zwei zierliche Kränze an Nefert's Hand: für die verstorbene Königin der eine, für Mena's Mutter der zweite.
»Ich bringe die Kränze hinüber und lege sie in die Grüfte,« rief Rameri.
»Ani glaubt, es wär' besser, wenn wir uns nicht dem Volke zeigten,« warnte Bent-Anat. »Sie bemerken kaum, daß Du unter den Schülern fehlst, aber . . .«
»Aber ich will nicht als Sohn des Ramses, sondern als Gärtnerbursche hinüber fahren,« unterbrach sie der Prinz. »Hört nur die Posaunenstöße! Jetzt tragen sie den Gott in's Freie!«
Rameri trat auf den Altan und die beiden Frauen folgten ihm und schauten nach dem Schauplatze der Einschiffung hin, den sie mit ihren scharfen Augen zu überblicken vermochten.
»Es wird ein dünner und armseliger Zug 187 werden ohne den Vater und uns,« sagte Rameri, »das ist mein Trost. Das Musikchor ist stattlich! Nun kommen die Federträger und Sänger. Da ist der erste Prophet des Reichstempels. der alte Bek en Chunsu. Wie ehrwürdig er aussieht! aber das Gehen wird ihm sauer. Jetzt naht der Gott, denn schon riech' ich den Weihrauch.«
Bei diesen Worten warf sich der Prinz auf die Kniee und die Frauen folgten seinem Beispiel, als sich zuerst ein herrlicher Stier, in dessen hellem glatten Fell sich die Sonne spiegelte und der eine goldene, mit glänzend weißen Straußenfedern geschmückte Scheibe zwischen den Hörnern trug, zeigte, und sodann, nur durch einige Wedelträger von dem Stiere getrennt, der Gott selbst erschien, oft sichtbar, öfter noch durch die großen halbkreisförmigen, an langen Stäben befestigten Schirme von schwarzen und weißen Straußenfedern, mit denen ihn die Priester beschatteten, den Blicken entzogen.
Geheimnißvoll wie sein Name war sein Gang, denn er schien auf seinem kostbaren Sitze langsam von der Tempelpforte dem Strom entgegen zu schweben. Sein Thron stand auf einem mit Blumensträußen und Guirlanden überreich geschmückten Tische, der mit Decken von purpurnem Goldbrokat verkleidet war, welche auch die die Tafel langsam und in gleichem Schritt forttragenden Priester verhüllten.
Sobald der Gott im Festschiffe Platz gefunden hatte, erhoben sich die Geschwister und Nefert von den Knieen.
Es zeigten sich Priester, welche eine Kiste mit den immergrünen heiligen Bäumen des Amon trugen, und als von Neuem Liedergesang und Weihrauchduft das Ohr und Auge der von der Feier Ausgeschlossenen erreichten, murmelte Bent-Anat: »Jetzt würde der Vater kommen.«
»Und Du!« rief Rameri. »Und gleich dahinter Nefert's Gatte, Mena mit den Garden. Der Oheim Ani geht zu Fuß. Wie sonderbar er sich gekleidet hat, wie ein umgekehrter Sphinx!« 189
»Wie so?« fragte Nefert.
»Ein Sphinx,« lachte Rameri, »hat einen Löwenkörper und Menschenkopf und der Oheim trägt an seinem Leib ein friedliches priesterliches Gewand und auf seinem Kopfe den Helm des Kriegers.«
»Wäre der König hier, der Leben Spendende,« sagte Nefert, »Du würdest nicht unter seinen Trägern fehlen, Rameri.«
»Gewiß nicht!« gab der Prinz zurück, »und das Ding macht sich doch anders, wenn des Vaters Heldengestalt seinen goldenen Thron schmückt, hinter ihm die Bildsäule der Wahrheit und Gerechtigkeit ihre Schwingen schützend ausspannt, vor ihm sein gewaltiger Schlachtgenosse, der Löwe, ruht und über ihm der mit Uräusschlangen geschmückte Baldachin sich breitet. Die Horoskopen und die Pastophoren mit den Standarten und Götterbildern und die Heerden des Schlachtviehs nehmen gar kein Ende! Sieh' nur, auch das Nordland hat seine Festgesandten geschickt, als wäre der Vater hier. Ich unterscheide die Zeichen auf den Standarten. 190 Erkennst Du die Bilder der königlichen Ahnen, Bent-Anat? Nicht recht? Ich auch nicht; aber mir war es, als hätte der erste Ahmes, der Vertreiber der Hyksos, dem unsere Großmutter entstammt, und nicht der Großvater Seti den Zug eröffnet, wie sich's doch ziemte. Nun kommen die Krieger! Es sind die Regimenter, welche Ani ausgerüstet hat und die erst heute Nacht siegreich aus Aethiopien heimkehrten. Wie das Volk ihnen zuruft, sie haben sich auch wacker gehalten! Denkt nur, Bent-Anat und Nefert, wie das erst sein wird, wenn der Vater zurückkehrt mit hundert gefangenen Fürsten, die seinem Gespanne, das Dein Mena lenkt, demüthig folgen, mit den Brüdern allen, den Edlen des Landes und den Garden auf ihren prächtigen Wagen.«
»Noch denken sie nicht an die Heimkehr,« seufzte Nefert.
Während immer neue Schaaren der Truppen des Statthalters, Musikchöre und seltene Thiere 190 sich in der Prozession zeigten, stieß das Festschiff des Amon von der Landungstreppe ab.
Es war ein herrliches, großes Fahrzeug, ganz aus glänzend polirtem, reich mit Gold ausgelegtem Holze, dessen Bord mit schimmernden Glasfüßen, 191 welche Smaragden und Rubinen nachahmten, geschmückt war. Die Maste und Raaen waren vergoldet und vor den letzteren wehten purpurne Segel. Aus Elfenbein bestanden die Sitze für die Priester, und um das Schiff, seine Maste und Taue schlangen sich Guirlanden von Lilien mit Rosen vermischt.
Des Statthalters Nilboot war nicht weniger reich. Das Holzwerk schimmerte in starker Vergoldung, mit bunten babylonischen Teppichen war das Kajütenhaus bekleidet und an seinem Schnabel zeigte sich, wie weiland an den Meerschiffen Hatasu's, ein goldener Löwenkopf, aus welchem als Augen zwei große Rubinen leuchteten.
Nachdem die Priester sich eingeschifft hatten und die heilige Barke am jenseitigen Ufer gelandet war, stürzte das Volk in die Boote, welche bald, oft bis zum Sinken überfüllt, den Strom in der Breite von Theben so ganz erfüllten, daß nur an wenigen Stellen die Sonne ein Plätzchen fand, sich in seinem gelblichen Wasser zu spiegeln.
»Jetzt leih' ich mir von einem Gärtner die Kleider,« rief Rameri, »und fahre mit den Kränzen hinüber!«
»Du willst uns allein lassen?« fragte Bent-Anat.
»Mach' mir das Herz nicht schwer, Schwester,« bat Rameri.
»So gehe nur,« sagte die Prinzessin. »Wenn der Vater hier wäre, wie gern führe ich mit Dir hinüber!«
»Versuch' es mit mir!« rief der Jüngling. »Es findet sich wohl auch für