Allgemeine Epileptologie. Группа авторов

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Название Allgemeine Epileptologie
Автор произведения Группа авторов
Жанр Медицина
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Издательство Медицина
Год выпуска 0
isbn 9783170350762



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man sich diesen Mechanismus vor allem auf inhibitorischen Interneuronen vorstellen. Auch AMPAR-Ak reduzieren die Rezeptoren auf der Nervenzelloberfläche, ohne die Gesamtdichte exzitatorischer Synapsen herabzusetzen (Peng et al. 2015). Komplizierter ist die Pathophysiologie bei den LGI1-Antikörpern. Ihr Antigen wird sezerniert und bindet von außen an die Nervenzellmembran. LGI1 stabilisiert die Verbindung zwischen ADAM 23 und ADAM 22 in der Nachbarschaft spannungsabhängiger Kaliumkanäle in der präsynaptischen und AMPAR in der postsynaptischen Membran (Benarroch 2012). Die Antikörper stören die Verbindung zwischen ihrem Antigen LGI1 und ADAM 22, was postsynaptisch (auf nicht ganz geklärte Weise) zu einer Reduktion der Dichte von AMPAR führt (Ohkawa et al. 2013, Petit-Pedrol et al. 2018). Die epileptischen Anfälle bei Anti-LGI1-Enzephalitis wären erklärbar, wenn dies vorzugsweise auf inhibitorischen Zwischenneuronen geschähe. Präsynaptische Effekte sind wahrscheinlich ebenfalls vorhanden. Eine solche Antikörper-vermittelte Funktionsstörung erklärt gut das Ansprechen der Anfälle unter Immuntherapie, nicht aber die bleibenden Gedächtnisstörungen durch hippokampale Atrophie, wie sie bei limbischen Enzephalitiden mit LGI1-Antikörpern häufig ist (Finke et al. 2017). Die Untersuchung von Hirnbiopsaten von Patienten mit LGI1- oder CASPR2-Ak zeigte eine irreversible Aktivierung der klassischen Komplementkaskade mit Neuronensterben als Erklärung für diesen irreversiblen Anteil der Pathogenese (Bien et al. 2012, Körtvelyessy et al. 2015).

      Antikörper gegen intrazelluläre Antigene

      Diese dürften nicht selbst pathogen sein, da sie im lebenden Organismus kaum zu ihren Antigenen vordringen können. Biopsate von Patienten mit Ak gegen onkoneurale intrazelluläre Antigene zeigen alle Elemente einer zyototoxischen T-Zell Attacke gegen Neurone, ohne dass damit das erkannte Antigen bekannt wäre. Bei Biopsaten aus Gehirnen von Patienten mit GAD-Antikörpern ist bislang keine eindeutige Pathogenese erkennbar (Bien et al. 2012).

      Rasmussen-Enzephalitis

      Auch hier findet sich bioptisch eine zytotoxische T-Zell-Reaktion gegen Neurone (Bien et al. 2002), die durch eine Mikrogliaaktivierung in Gang gebracht wird (Tröscher et al. 2019).

      Diagnose

      Autoimmun-Enzephalitiden

      Diese werden nach den Graus-Kriterien diagnostiziert (Graus et al. 2016). Sie funktionieren wie ein Sieb (image Abb. 3.2): Zunächst werden alle infrage kommenden Patienten daraufhin geprüft, ob sie eine mögliche Autoimmun-Enzephalitis haben (image Kasten 3.1). Passieren Sie dieses Kriterium, so folgt die Prüfung auf die Diagnose Definitive limbische Enzephalitis (image Kasten 3.2). Der Nachweis eines neuralen Antikörpers dient entweder dazu, eines der Kriterien 1–3 zu ersetzen oder er präzisiert die Diagnose. Wenn es sich nicht um eine limbische Enzephalitis handelt, wird auf eine Anti-NMDAR-Enzephalitis geprüft (image Kasten 3.3). Scheitert auch diese Prüfung, so wird auf Hashimoto-Enzephalopathie (image Kasten 3.4) und dann noch ggf. auf eine Antikörper-negative, aber wahrscheinliche Autoimmun-Enzephalitis geprüft (image Kasten 3.5). Bei dieser letzten Kategorie ist vor allem Punkt 3 zu beachten: Hier werden zwei weitere harte Belege für eine entzündliche Hirnerkrankung gefordert (MRT, Liquor oder Biopsie), was seltener gelingt als man annehmen mag. Insofern bleibt die »Antikörper-negative Autoimmun-Enzephalitis« eine Rarität.

Images

      Eine Besonderheit, die sich in den Graus-Kriterien nicht abbildet, sind die faziobrachialen dystonen Anfälle (faciobrachial dystonic seizures, FBDS) mit LGI1-Antikörpern. Die Patienten haben im Median 50 Anfälle der folgenden Semiologie pro Tag: kurze dystone Beugung des Arms im Ellbogengelenk, parallel dazu dystone Verziehung der ipsilateralen Gesichtshälfte. Meist sind die Anfälle einseitig. Wechselnd links- wie rechtsseitige FBDS kommen vor. Unbehandelt geht dieses Krankheitsbild häufig in eine limbische Enzephalitis mit Gedächtnisstörungen über (Thompson et al. 2018)

      Autoimmun-assoziierte Epilepsien

      Hierfür existieren noch keine allgemeinen diagnostischen Kriterien. Publiziert wurden Diagnosekriterien für paraneoplastische Syndrome (Graus et al. 2004) und für die Rasmussen-Enzephalitis mit einer nachfolgenden Ergänzung (Bien et al. 2005, Olson et al. 2013)

      Therapie und Outcome

      Autoimmun-Enzephalitiden

      Das Ziel ist, den pathogenen immunologischen Prozess zu beenden. Man strebt also die Beseitigung existierender Antikörper und eine Hemmung ihrer Neubildung an. Zur Evaluation von Therapieeffekten orientiert man sich primär am klinischen Verlauf; Antikörpertiter und MRT-Verlaufsuntersuchungen können ergänzende Informationen liefern.

      Aufgrund retrospektiver Analysen von Therapieverläufen hat Josep Dalmau das Konzept von First-line- und Second-line-Immuntherapien der Anti-NMDAR-Enzephalitis etabliert (Dalmau et al. 2011). Zu den First-line-Interventionen zählen Steroide, i. v.-Immunglobuline und Aphereseverfahren. Bei unzureichender Besserung soll nach Dalmau auf Rituximab (viermal 375 mg/m² Körperoberfläche intravenös im Wochenabstand) und/oder Cyclophosphamid (750 mg/m² Körperoberfläche intravenös pro Monat für einige Monate) eskaliert werden.

      Patienten mit Anfällen im Rahmen von Autoimmun-Enzephalitiden und NMDAR-, LGI1-oder GABABR-Antikörpern verlieren ihre Anfälle unter Immuntherapie in der Regel binnen Tagen bis Wochen (de Bruijn et al. 2019, Liu et al. 2017). Die kognitiven und die das Verhalten betreffenden Störungen bei der Anti-NMDAR-Enzephalitis können noch über zwei Jahre besser werden (Titulaer et al. 2013). Bei LGI1-Antikörpern bleibt – wegen der häufig resultierenden Hippokampusatrophie – oft eine episodische Gedächtnisstörung zurück (Malter et al. 2014).

      Epilepsien im Gefolge autoimmuner Hirnerkrankungen

      Die antikonvulsive und immuntherapeutische Therapie ist in der Regel frustran (Bien and Schramm 2009, Malter et al. 2015, Poepel et al. 2007). Versuche, solche pharmakoresistenten Verläufe epilepsiechirurgisch zu wenden, gelingen bei der Rasmussen-Enzephalitis durch eine funktionelle Hemisphärektomie sehr gut (Bien and Schramm 2009), selten aber bei Patienten mit Temporallappenepilepsien und GAD-Antikörpern oder onkoneuralen Antikörpern (Carreno et al. 2017).

      Alle drei müssen erfüllt sein:

      1. Subakuter Beginn (schnelle Progredienz über < 3 Monate) von

      • Neugedächtnisdefiziten

      • verändertem mentalem Zustand* oder

      • psychiatrischen Symptomen

      2. ≥ 1 der Folgenden:

      • Neue fokale