Das Tor zu Europa. Lisa Luxor

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Название Das Tor zu Europa
Автор произведения Lisa Luxor
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783864687303



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buchen. Ich stellte fest, dass ich auf diese Weise zwei Flüge hin und retour würde zahlen müssen. „Das ist zu teuer, Tony. Das kann ich mir leider nicht leisten“, schrieb ich ihm. „Ok. Aber weißt du, dass wir am 7. Jänner das Weihnachtsfest feiern? Ich muss am 6. Jänner schon bei meiner Familie sein.” „Aber wenn ich zu dieser Zeit in Ägypten bin, kannst du nicht nach Luxor fahren. Du musst dich entscheiden. Ich muss den Flug buchen, der frei ist. Ich kann mir den Tag dann vielleicht nicht genau aussuchen. Ich hab dir gesagt, dass ich vom 26. Dezember bis 2. Jänner für eine Woche buchen werde. Dieser Flug ist am günstigsten, ich hoffe, er ist noch frei, wenn ich buche. Ansonsten muss ich später buchen. Aber wenn du nicht willst, dann komme ich eben nicht. Ich möchte dich nicht von deiner Familie fernhalten.“ „Ich habe gedacht, du kommst schon früher im Dezember. Der Akku vom Handy ist leer. Ich muss aufhören.“ Und aus war das Gespräch. Gebucht habe ich dann allerdings auch nicht. Ich fühlte mich nicht willkommen, auch wenn die Worte davor sehr verheißungsvoll geklungen hatten. Tony war dann lange nicht mehr erreichbar und das stresste mich, obwohl ich mich im Krankenhaus eigentlich erholen hätte sollen. Das nächste Mal darauf angesprochen antwortete Tony mir herb „Tut mir leid, in der Rezeption ist so schlechter Empfang. Stress dich nicht selbst. Jetzt bin ich ja da. Hast du schon gebucht? Komm, wann immer du möchtest. Ich wollte dir ein Geschenk schicken. Aber leider, die Gäste sind bereits heute abgereist.“ Naja, so einfach war das, mit mir und meinen Gefühlen zu spielen, mit mir, der Frau, die alles glaubte.

      Komplett geschwächt verließ ich nach 19 Tagen Ende September 2010 das Krankenhaus. Zu Hause hatte ich noch eine Woche Zeit, um mich auf meinen Job vorzubereiten und weiterhin zu gesunden. Ich surfte immer wieder im Internet. Durch Zufall stieß ich auf die Homepage einer Immobilienmaklerin in meiner Region. Ich sah mir alle verfügbaren Objekte in meiner näheren Umgebung an. Dabei fand ich eine traumhafte kleine Eigentumswohnung. Mir war klar, dass das meine neue Wohnung werden würde. Diese Dreizimmerwohnung musste ich unbedingt besichtigen.

      Per E-Mail nahm ich sofort Kontakt mit der Maklerin auf, bekundete mein Interesse und ließ mir ein Angebot senden. Die Wohnung war finanzierbar, wenngleich auch nicht bar, sondern mit Kredit. Nur zum Vergleich sah ich mir auch andere Immobilien an, doch ich kannte bereits meine Entscheidung. Ich schrieb Tony, dass ich mir wünschte, dass er schon da wäre, denn dann könnten wir uns gemeinsam entscheiden, das wäre dann viel leichter.

      Die ersten Wohnungen wurden mir von der Maklerin noch am selben Tag gezeigt. Bei der zweiten Wohnungsbesichtigung, die schon am nächsten Tag stattfand, ersuchte ich meine Tochter, mich zu begleiten. Noch immer im Krankenstand hatte ich große Probleme, die angebotenen Wohnungen anzusehen und die vielen Stufen zu den Objekten zu bewältigen. Dermaßen schnell erschöpft, war auch an Arbeiten kaum zu denken. So entschied ich mich tatsächlich rasch, denn ich wollte die Wohnung, die ich schon im Internet sofort ins Herz geschlossen hatte, unbedingt kaufen. Schon zwei Wochen später unterschrieb ich den Kaufvertrag und war Besitzerin eines neuen Eigenheimes, musste aber zugleich auch einen Kredit aufnehmen, um mein neues Eigenheim auch finanzieren zu können. Dieser war allerdings meinem Gehalt angepasst und daher für mich auch gut rückzahlbar. So kündigte ich endlich meine kleine, kalte Bleibe, die ich bis zu diesem Zeitpunkt bewohnt hatte.

      Die Arbeit fehlte mir mittlerweile schon sehr, also war ich auch überglücklich, als mir meine Kollegen eines Tages Blumen schickten, um mir zu zeigen, dass ich ihnen fehlen würde. Ich war überwältig.

      Obwohl diese Woche viel zu kurz war, um zu Kräften zu kommen, wagte ich es nicht, noch länger im Krankenstand zu bleiben. So nahm ich Anfang Oktober auch meine Arbeit wieder auf. Meine Tage bestanden allerdings ausschließlich aus Arbeiten, Schlafen und Internet-Surfen.

      Noch immer körperlich sehr geschwächt musste ich nun wieder siedeln – allein –, vom ersten Stock eines Mehrparteienhauses in den dritten Stock einer Wohnanlage ohne Lift. Ich durfte nichts heben und nichts tragen. Wie ich also siedeln sollte, war mir schleierhaft. Wen konnte ich um Hilfe bitten?

      Mit der Hilfe meines Sohnes schaffte ich es trotz meines schlechten körperlichen Zustandes gegen Ende Oktober, alle Siedlungskartons in mein neues Eigenheim zu befördern, das so nach und nach auch Gestalt annahm. Ich hatte zwar noch mehrere Wochen keine Möbel, aber nachdem Küche, Bad und WC bereits vorhanden und auch sehr nett gestaltet waren, freute ich mich jeden Tag erneut aufs Nach-Hause-Kommen in meine eigenen vier Wände. Die Wohnung gehörte mir und alles, was ich investierte, gehörte damit auch mir.

      Ich erholte mich nur langsam, benötigte noch viel Schlaf, gestaltete so nebenbei einen Raum nach dem anderen und freute mich über jede geleistete Arbeit. Ich war enorm stolz auf mich. Langsam kam auch die Kraft zurück und der Wille, wieder glücklich zu sein.

      Dreizehn Monate kannten Tony und ich einander nun schon. Und nach drei weiteren Monaten würden wir uns wiedersehen. Wir beide würden tapfer sein und weiterhin warten. Ich lernte von ihm, mich in Geduld zu üben. Er war eine gute Schule für mich, da man als Frau eines Ägypters ohnehin die Kunst des Wartens beherrschen muss. Ich chattete nun meist während des Kochens mit ihm, da der Großteil meiner Freizeit in mein Eigenheim floss.

      

      „Ich werde mit dir überall hinziehen. Wichtig ist nur, dass wir zusammen sind,“ schrieb mir Tony auf meine Frage, ob er auch in einer kleinen Stadt leben könne. Und er würde alles essen, was ich ihm koche, Hauptsache, meine Hände hätten es gekocht. Meine Frage, ob er auch in einer Pizzeria arbeiten würde, beantwortete er rasch. „Jede Arbeit ist für mich in Ordnung. Ich möchte nur Geld verdienen, egal wo. Ich möchte dich nichts kosten. Ich sehe, du hast schon alles organisiert. Du bist so perfekt.“

      Tony erkundigte sich so nebenbei, was die Wohnung koste, und als ich ihn über den Kaufpreis informierte, war er überrascht, dass ich mir so eine teure Wohnung überhaupt kaufen konnte. „Und du hast so viel Geld?“ „Nein, aber ich habe einen Kredit aufgenommen. Aber zuerst habe ich mir auch ausgerechnet, ob ich ihn mir auch leisten kann. Ich muss ungefähr 10 Jahre zurückzahlen, dann gehört die Wohnung uns.“ „Ja, das ist wirklich sehr viel Geld, aber ich denke, dass du dir das wirklich leisten kannst.“ Tony dachte noch immer, dass Geld hier in Österreich so leicht verdient werden könne. Ich zeigte ihm Bilder von meinem neuen Eigenheim, die ich zuvor gemacht hatte. „Aber die Wohnung ist im dritten Stock und es gibt keinen Lift. Ist das o.k. für dich“, fragte ich ihn. „Sicherlich. Und du hast einen wunderbaren Balkon. Ich werde im März zu dir kommen. Ich liebe dich so sehr, meine Frau.“ Tony fragte mich erneut nach dem Kaufpreis für die Wohnung und war entsetzt, als er hörte, dass man neben dem Kaufpreis auch noch regelmäßige Kosten zu zahlen habe.

      „Aber das ist normal in Österreich. Das ist dafür, dass du auch Wasser und Strom bekommst und dass dein Müll entsorgt wird.“ „In Ägypten zahlst du € 20.000,- als Kaufpreis und dann zahlst du gar nichts mehr“, stellte er trocken fest. Das wusste ich natürlich und trotzdem bin ich heute froh, dass ich mich damals nicht zu einer Investition in eine Eigentumswohnung in Hurgharda habe überreden lassen. Dann hätte ich mit Sicherheit heute gar keine Wohnung, die mir gehörte, sondern nur eine kleine Mietwohnung. „Wie du meinst…“, schrieb mir Tony. „Ich kann die Möbel nach und nach kaufen. Und das Bett kaufen wir gemeinsam im März. Und dann gehört alles uns. Und wenn wir die Wohnung nicht mehr wollen, können wir sie wieder verkaufen.“ In meinem Kopf waren noch immer die Worte der Krankenhauspsychologin, die mir eingetrichtert hatte, dass ich mir verinnerlichen sollte: „Ich finde eine Wohnung“ und nicht „Ich suche eine Wohnung“. Das hatte also geklappt – und ich war stolz auf mich.

      Schon beim nächsten Chat erkundigte sich Tony unverzüglich, was nun mit der Wohnung sei. „Ja sicherlich, ich habe sie gekauft. Und ich bekomme den benötigten Kredit von meiner Hausbank. Das ist alles in Ordnung.“ „Ich umarme dich ganz fest.“ Tony freute sich sehr über meinen mutigen Entschluss - naja, zumindest war Tony endlich wieder einmal entspannt. Dafür war ich ziemlich verkrampft, da ich gerade beschlossen hatte, mich für mindestens 10 Jahre bei meiner Hausbank zu verschulden. Das stresste