Dornröschen und der Mettsommernachts-Traum. Nina MacKay

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Название Dornröschen und der Mettsommernachts-Traum
Автор произведения Nina MacKay
Жанр Языкознание
Серия Hipster-Märchenreihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783959919883



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genug von Charming und der Dreizehnten Fee entfernt haben.

      »Selbstverständlich.« Rapunzel sieht sie an.

      »Ich würde sagen, wir fahren zuerst zu den Zwergen. Snow beruhigt in der Zwischenzeit ihr Volk, und die Prinzen fahren zu ihrer Schneekönigin. Dann sind wir die auch los. Bitte sagt ja, bevor sie uns hören.« Rose hat ihre Hand auf die Kutschentür gelegt, selbige aber noch nicht geöffnet.

       ~Red~

      Ich blinzle und finde mich in einem orangerot ausgeleuchteten Raum wieder. Genauer gesagt in einer Höhle. Aber nicht in irgendeiner. Sondern in der Hölle. Prustend atme ich aus. Heiße Luft umweht mich, als ich mich umsehe. Also bin ich zurück. Wie absurd.

      »Ah, wenn das nicht meine Lieblingsgegnerin ist.« Die Stimme des Teufels ertönt hinter mir. Selbstgefällig wie eh und je. »Meine Youtube-Abonnenten haben dich und unsere Challenge so hart abgefeiert.«

      Ich verdrehe die Augen in Richtung Höhlendecke. Wenn man die aufgesetzte Jugendsprache des Teufels so hört, möchte man wirklich sterben. Ist er bei Sterntaler in die Lehre gegangen? Wahrscheinlich hat er ihren Kanal abonniert. Seufzend wende ich mich zu ihm um. Eigentlich ist es komplett meine Schuld, dass ich jetzt ohne meine Begleiter hier stehe. Vermutlich hat der Mistkerl genau darauf gelauert. Wie lange muss er auf exakt diese Situation gewartet haben? Und warum bin ich so doof und gehe ihm auf den Leim? Warum musste ich dreimal hintereinander fluchen? Ich rekapituliere meine letzten Sätze in der Lebkuchenhütte und schließe kurz die Augen. Drei Flüche. Vor Kurzem hat er mir erst erklärt, dass er in der Lage ist, Sünder in diesem Fall direkt zu sich zu rufen. Wenn er das will.

      »Freue mich auch sehr«, sage ich. »Und ein bisschen mehr Konfetti hätte ich schon erwartet.«

      »Reunion!« Der Teufel strahlt wie die Grinsekatze, breitet sogar seine behaarten Arme aus. Sicher nur eine symbolische Geste, denn der Tag, an dem ich in die Arme des Teufels sinke, muss erst noch erschaffen werden. Während ich auf sein Grabstein-Tattoo schiele, das auf seinem Oberarm zu hüpfen scheint, beben meine Nasenflügel. Aber vielleicht ist das meine Chance. Bis die anderen und Aladin hier eintreffen, könnte ich schon mal den Teufel … weichklopfen. Oder ihm Evers Seele abluchsen.

      »Schau dich an, neuer Star meines Youtube-Kanals.« Der Teufel mustert mich wie einen Preisboxer. Fast erwarte ich, dass er gleich meinen Arm packt, um meine Faust über meinen Kopf zu schwenken.

      »Ach, die zwei neuen Follower, die Red angelockt hat …« Zuerst glaube ich, dass Siri aus dem Bildschirm des Teufels zu mir gesprochen hat, doch dann halte ich inne, drehe mich zurück nach rechts und starre auf den Vorhang, hinter dem gerade Jasemin hervorgetreten ist. Nein, oder? Ich blinzle. Jasemin steht immer noch da. In all ihrer Pracht. Sie wirft ihr langes schwarzes Haar nach hinten wie in einem Werbespot.

      Mein Mund klappt auf. »Du bist tot«, sage ich lahm.

      »Und du bist immer noch nicht besonders clever«, sagt die tote Königin des Morgenlands. »Natürlich bin ich das. Genau wie Ever. Und wir alle verweilen unten in der Hölle. Deswegen gewissermaßen.« Sie deutet mit dem Daumen über ihre Schulter. »Neues Leben, neue Freunde, neues Glück, habe ich recht?«

      Nein, aber ich hatte recht! Also stimmt es, dort unten wartet irgendwo Ever. Trotz der Enthüllung, dass mir meine Lieblingsfeindin aktuell gegenübersteht, kann ich nur an eins denken. Ever! So nahe bin ich ihm. Mein Herz klopft schneller und ich ziehe am Kragen meiner Bluse. Ever ist hinter diesem Vorhang.

      Also tue ich das einzig Logische: Ich sprinte los, stoße Jasemin zur Seite, die sich haargenau wie ein lebender Mensch anfühlt.

      Voller Vorfreude, gleich Ever wiederzusehen, reiße ich den Vorhang auf und … pralle zurück. Mit dem Hintern zuerst lande ich auf dem staubigen Höhlenboden. Autsch. Selbst meine Finger­spitzen schmerzen, als ich mir über die Stirn reibe. Am meisten hat meine Nase abbekommen, aber die fasse ich besser nicht an. Vielleicht fällt sie dann ab oder explodiert in einem Blutregen. Mein Hirn pocht, als hätte ich eine Gehirnerschütterung eingesteckt.

      »Tja, da wird der Zugang wohl nur toten Menschen gewährt«, sagt der Teufel unbeeindruckt.

      »Aber du … du könntest das ändern?« Nachdem ich mir auf die Lippe gebissen und den Schmerz weggeatmet habe, schenke ich ihm einen Seitenblick.

      »Nur, indem ich dich umbringe.«

      Aha.

      »Wollen wir das nicht alle?« Jasemin betrachtet ihre Fingernägel. Sie sind mintgrün lackiert. »Steht ganz oben auf meinem Weihnachtswunschzettel. Denk noch mal drüber nach, Red.«

      So elegant wie möglich rappele ich mich auf, wobei ich sie ignoriere. Immerhin scheint meine Nase nicht gebrochen zu sein. »Wenn du Wert auf meine tägliche Gesellschaft legst …«

      Jasemin kneift die Augen zusammen. Das ist aber schon alles.

      Also nehme ich den Faden wieder auf. »Gut. Da wir uns alle so nett miteinander amüsieren: Wie wäre es mit einer neuen Challenge? Evers Leben gegen mein rotes Cape?« Im Prinzip wie beim letzten Mal.

      Der Teufel tut gespielt bekümmert, dreht ein bisschen seine Daumen in seinen ineinander verschränkten Händen. »Nein, tut mir leid. Um jedes Leben kann nur ein einziges Mal gespielt werden.« Seine Unterlippe hat er so weit nach vorn geschoben, dass sein Ziegenbärtchen winzig klein wirkt.

      Das habe ich mir schon gedacht, aber einen Versuch ist es wert gewesen.

      »Und warum ist das so?«, hake ich nach.

      »Frag mich nicht, ich mache hier nur die Regeln.«

      Ich sehe ihn böse an. »Genau deshalb.«

      »Genau deshalb, was?« Der Teufel verfällt in seinen gut gelaunten Singsang. Als befände er sich in einer Gameshow. Ich hasse ihn.

      »Du hast einfach keine Ahnung, wie man das macht«, sagt Jasemin, die sich wie zufällig die Ärmel ihrer durchsichtigen Bluse nach oben rollt. »Wie man Männer um den Finger wickelt.« Natürlich macht mich ihre umständliche Bewegung sofort misstrauisch. Ich schiele auf ihren Arm. Ist das …?

      Jasemin strahlt mich gewinnend an.

      Ein … Sie hat sich ein Partnertattoo mit dem Teufel stechen lassen? Tatsache. Ihren Bizeps ziert ein frischer Grabstein mit Kreuz in der Mitte. Außen herum Gras. Genau wie beim Herrn über die Toten. Der streicht sich über seine drei goldenen Haare.

      »Sehr ästhetisch, nicht wahr? Der Ort, an dem wir alle landen. Ausgenommen ich natürlich.« Er seufzt, als wären wir darum zu beneiden. Wie ich von meinem ersten Besuch weiß, kann er nicht das Zeitliche segnen, würde es aber durchaus gern. »Hat uns Rumpelstilzchen gestochen.«

      Ich atme tief durch. Warum muss es eigentlich an jedem Ort, an den es mich verschlägt, vor Verrückten nur so wimmeln?

      Ich stöhne. Und zu allem Überfluss fühlt sich die Information, dass um Evers Leben kein zweites Mal gespielt werden kann, wie ein vergifteter Mühlstein der Jäger an, den sie in mich hineingenäht haben. So wie beim Wolf, der mich und meine Großmutter fraß. Das darf nicht sein, nein, ich kann das nicht akzeptieren. Doch wahrscheinlich muss ich es. Eine leise Stimme in meinem Hinterkopf versucht mir zu versichern, dass immer noch das Blut einer Hexe, das direkt aus ihrem Herzen und freiwillig gespendet wird, Ever von den Toten zurückholen könnte. Eine letzte Chance. Verschwindend gering vielleicht, aber dennoch eine Chance. Mit tödlichen Folgen für die Hexe. Ich stelle mir einen Schnitt direkt im Herzen vor und mir wird schlecht.

      »Tja«, sagt Jasemin. »Da wirst du wohl ein paar Jährchen bei uns bleiben müssen, oder hast du irgendetwas, was du dem Teufel im Tausch anbieten könntest, um wieder aus der Hölle entlassen zu werden? Und das lebend?« Sie kostet ihren Triumph aus. Ich erkenne es daran, wie sie die Nase reckt. So selbstzufrieden, wie es kein anderes totes Mädchen tun könnte. Sie ist immer noch die alte Jasemin. Nur mit etwas hellerem Teint als früher.

      Aber lügt sie … oder kann ich ohne fremde Hilfe tatsächlich nicht von diesem Ort entkommen? Bei unserer Challenge hat es dem Teufel doch Spaß gemacht, mich