Einäugige Killer: 5 klassische Krimis. Cedric Balmore

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Название Einäugige Killer: 5 klassische Krimis
Автор произведения Cedric Balmore
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745213867



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Schritt zusammenbrechen.

      Tom Woodrow schaute sich nicht um. Aus dem Lokaleingang sprangen ein paar Männer. Sie schauten sich keuchend um, als könnten sie nicht begreifen, daß hier auf der Straße das Leben völlig normal verlief, daß die Lichtreklamen brannten und Dutzende von desinteressierten Fußgängern einem unbekannten Ziel zustrebten.

      Falls die Schüsse auf der Straße gehört worden waren, hatte man sie offenbar als akustischen Effekt für das Bühnenprogramm gewertet. Niemand war auf den Gedanken gekommen, sie mit einem Feuerüberfall in Verbindung zu bringen.

      Tom Woodrow schenkte den aufgeregten, auf die Straße drängenden Gästen keinen Blick. Er ging ziemlich schnell die Straße hinab, wenn auch nicht so rasch, daß es wie eine Flucht aussah.

      »Langsam, Tqrn«, würgte Fisher hervor. »Ich — ich bin am Ende.«

      Tom Woodrow blickte über seine Schulter. »So schnell krepiert man nicht, mein Junge«, sagte er. Seine Worte waren voll Haß und Zorn, aber er verlangsamte das Tempo.

      Als Woodrow und Fisher die Kellergarage erreichten, saßen Garrit und Wilson bereits im Fond des Wagens. Wilson stieg sofort aus, als er sah, daß Fisher verletzt war. »Schlimm?« fragte er.

      Fisher brach in die Knie. Seine Kräfte verließen ihn.

      »Dieser verdammte Stümper!« fluchte Woodrow. »Er hat zu früh geschossen.«

      »Soll das heißen, daß ihr Price nicht erwischt habt?« fragte Wilson stirnrunzelnd.

      »Ich weiß es nicht. Nur einen seiner Gorillas, glaube ich«, sagte Woodrow. »Wir müssen weg von hier, los!« Er legte den Koffer mit den Maschinenpistolen in den Wagen und setzte sich hinter das Lenkrad. Wilson hob Fisher auf und verfrachtete ihn mit Garrits Hilfe im Wagenfond.

      Harry Fisher erholte sich ein wenig, als er die weichen, stützenden Polster unter sich fühlte. »Tom spinnt«, keuchte er. »Ich mußte schießen, um Price’ Gorilla zuvorzukommen. Er hatte eine Puste in der Hand.«

      »Es lief alles genau nach Plan«, konterte Tom Woodrow wütend. »Eure Schüsse am Eingang jagten Ken Price und seine Leute prompt in die offene Falle — und dann legt dieser Anfänger um eine volle Sekunde zu früh los!«

      »Verdammt noch mal, du standest hinter mir«, würgte Harry Fisher hervor. »Du hast nicht gesehen, wie der Kerl…« Er führte den Satz nicht zu Ende und rutschte plötzlich bewußtlos in sich zusammen.

      »Er muß zu einem Arzt, Tom«, sagte Wilson.

      »Von mir aus kann er abschrammen«, meinte Tom Woodrow wütend und lenkte den Wagen auf die Ausfahrt zu.

      »Nun mach mal das Ventil dicht«, meinte Garrit. »Du warst schließlich dabei, als die Sache schiefging. Warum hast du dich nicht vor Harry aufgebaut? Mir brauchst du diese Frage nicht zu beantworten, aber ich wette, daß sie den Boß interessieren wird.«

      Woodrow schwieg. Als er den Wagen auf der Straße in den Verkehrsstroin einordnete, ertönte hinter ihnen das rasch anschwellende Heulen von Polizeisirenen. Ein Patrolcar und zwei Ambulanzwagen jagten an ihnen vorüber. Sie stoppten vor dem Eingang zum Gentleman’s Prisma, an dem sich eine größere Menschenmenge angesammelt hatte.

      »Einen haben wir jedenfalls erwischt«, sagte Tom Woodrow mit einem Anflug von Zufriedenheit.

      »Aber nicht Price«, meinte Wilson düster. »Das werden wir noch zu spüren bekommen.«

      Zum Striptease eine blutige Show

      Ich verließ das Office am nächsten Morgen um zehn Uhr zwanzig. Ich wußte, was im Gentleman’s Prisma geschehen war. Der Tod von Bob Hunter bildete ein wichtiges Glied in der Kette meiner Beweisführung. Ich kletterte in meinen Jaguar und machte mich auf den Weg zum Waldorf-Astoria.

      Milo fuhr gleichzeitig mit einem Sonderauftrag zu Lester Norwich, der im Lenox Hill Hospital lag.

      Ken Price empfing mich im großen Salon seiner Vierzimmersuite. Er trug einen blau-rot gestreiften Morgenmantel aus schwerer Seide und war gerade beim Frühstück. Während er lautstark seinen Orangensaft schlürfte, studierte er die Börsennachrichten der Morgenzeitung.

      Er war nicht allein im Zimmer. Neben der Tür saß ein blasser Mann in grauem Flanellanzug. Der Mann beschäftigte sich intensiv mit seinen Fingernägeln und vermied es, mich anzusehen.

      »Ruf den Etagenkellner, Henry«, sagte Price. »Er soll noch ein Gedeck für Mr. Trevellian auflegen.«

      »Danke, nicht nötig«, winkte ich ab. »Ich habe schon gefrühstückt.«

      »Setzen Sie sich«, sagte Price und wies auf einen,Stuhl an seinem gedeckten Tisch. »Es stört Sie doch nicht, wenn Henry unserer Unterhaltung folgt?«-Ich wandte mich dem Mann an der Tür zu. »Sie sind Henry Darenger?« Price nahm dem Mann an der Tür die Antwort ab. »Jawohl, das ist er«, sagte der Syndikatsboß. »Der gute Henry wurde von der Polizei in der Requisitenkammer dieses Bumslokals entdeckt, geknebelt und gefesselt. Er kann Ihnen erzählen, wie alles gekommen ist.«

      Ich setzte mich. »Das können Sie genausogut, nicht wahr?« fragte ich ihn.

      Ken Price legte die Zeitung beiseite. »Ich kann Ihnen nicht viel mehr sagen, als Sie bereits wissen«, meinte er. »Ich wollte mir' gestern abend eine nette Show ansehen und besuchte auf Empfehlung des Liftboys das Gentleman’s Prisma. Liftboys sind gut orientierte Burschen. Man kann sich auf ihre Tips verlassen.« Er lachte kurz auf. »Der Boy versprach mir einen aufregenden Abend. Ich muß zugeben, daß er Wort gehalten hat.«

      »Wann erhielten Sie den Tip, und mit wem sprachen Sie darüber?« wollte ich wissen.

      »Ich weiß, worauf Sie hinauswollen«, meinte Price, »aber ich glaube nicht, daß Sie auf der richtigen Fährte sind. Ich sprach mit dem Boy eine Stunde vor unserem Aufbruch. Wie Sie wissen, wurde ich von Bob Hunter und Ted Craig begleitet. Außerdem kam noch Cynthia Hershey mit, eine Bekannte von Ted. Ich vermute, daß uns jemand folgte, als ich mit meiner Begleitung dieses Lokal betrat. Dieser Jemand sorgte dann binnen einer Stunde für die Inszenierung des kleinen Zwischenfalls.«

      »Der kleine Zwischenfall forderte immerhin einen Toten und neun Schwerverletzte«, stellte ich fest. »Hinter wem sind Sie her, Price?«

      Price riß die Augen auf. »Sie machen mir Spaß. Da kommt jemand auf den Gedanken, mich zur Zielscheibe zu machen, und Sie wollen wissen, hinter wem ich her bin? Fragen Sie lieber, wer hinter mir her ist!«

      »Ein Mann, der sich vor Ihnen fürchtet und der es darauf anlegt, Ihrer Rache zuvorzukommen«, mutmaßte ich.

      »Das sind die üblichen Bullenhypothesen«, schnarrte Price verächtlich. »Alles Quatsch!«

      »Sie werden zugeben, daß das Geschehen im Zusammenhang mit dem Tod Ihrer Tochter Lala betrachtet werden muß.«

      Er starrte mich an. »Warum sollte ich das zugeben? Ich habe keine Ahnung, wer Bob Hunter erschossen hat, obwohl mir klar ist, daß die Kugeln für mich bestimmt waren. Ich habe es oft genug erlebt, daß meine Gegner mich auf diese Weise aus dem Weg räumen wollten. Vielleicht glaubten sie, daß das hier in New York leichter als in Chicago zu schaffen sei. Fragen Sie mich aber bitte nicht, wer dahintersteckt. Ich weiß es nicht. Ehrlich nicht! Henry Darenger kann zwei der Gangster beschreiben. Er hat das, wie Sie wissen, Ihren Kollegen von der Polizei gegenüber auch getan. Wir kennen die Leute nicht. Es sind gekaufte Killer. Sie interessieren mich nur wenig. Ich muß und werde herausfinden, wer sie bezahlte und mir auf den Hals hetzte.«

      »Was werden Sie tun, wenn Sie es schaffen, den Namen dieses Mannes zu erfahren?«

      Ken Price lächelte sphinxhaft. »Ich gehe zur Polizei und erstatte Anzeige«, sagte er.

      »Sie sind heute morgen zum Scherzen aufgelegt«, stellte ich fest.

      »Dazu habe ich guten Grund. Schließlich bin ich noch einmal davongekommen.«

      »Sie wissen genau, wer hinter dem Anschlag steckt«,