Vergangenheitskampf. Corinna Lindenmayr

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Название Vergangenheitskampf
Автор произведения Corinna Lindenmayr
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783967526554



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etwas positives waren. »Okay. Und das ist nicht gut?« fragte er daher vorsichtig.

      »Nein. Doch.« Emma schüttelte den Kopf. »Natürlich ist das gut. Ich wünsche mir eine Familie für die beiden. Es ist nur so, dass ich insgeheim gehofft habe, ich könnte diese Familie sein.«

      »Und das kannst du nicht?« fragte er sanft.

      Wieder schüttelte Emma den Kopf. »Die Regeln für eine Adoption sind sehr streng. Ein alleinerziehendes Elternteil wird von Haus aus fast immer abgelehnt, es sei denn sie besitzt ein stabiles und profitables Umfeld, was so viel bedeutet wie...«

      »Geld und Status.« beendete Max den Satz.

      »Ja.« Emma-Sophie seufzte. »Ich habe weder einen gut bezahlten Job, noch eine große Wohnung, geschweige den irgendein nennenswertes Vermögen auf der Bank.«

      »Aber du liebst du beiden.« stellte er fest.

      »Von ganzem Herzen.«

      Was mehr als genügen sollte, es aber eben nicht tat. Weil bei manchen Situationen Geld nun einmal mehr wert war als Liebe. Nur sollte es definitiv nicht so sein, dachte Max bitter. Er ignorierte den Drang zur Flucht der ihn überkam. Emma-Sophie war nicht nur eine starke Persönlichkeit, die ihn mehr als nur ein wenig in Versuchung führte. Sie wollte auch noch Kinder adoptieren. In seinem Lebensplan kamen - zum jetzigen Zeitpunkt zumindest - weder eine Frau, und schon gar keine Kinder vor. Er sollte schleunigst das Weite suchen, solange er noch die Chance dazu hatte. Zu dumm nur, dass ihm das einfach nicht gelang. Er wollte ihr helfen. Was dumm war. Nur schien er irgendwie sowieso keine Wahl zu haben. »Dann wirst du sie auch bekommen.«

      Emma-Sophie lächelte ihn dankbar an. »Ich weiß, dass das wohl eher nicht passieren wird, aber es ist trotzdem nett dass du das gesagt hast.«

      Er legte eine Hand an ihre Wange und sah ihr tief in die Augen. »Gib nicht auf.«

      Ihre Haupt prickelte vor Erregung als er sie berührte. »Okay.« brachte sie mühsam hervor. Himmel, dieser Mann brachte sie echt um den Verstand. Er war ihr so nahe, dass sein Gesicht nur noch Zentimeter von ihrem entfernt war. Wie es sich wohl anfühlen würde seine Lippen auf ihren zu spüren? Es war so lange her, seit sie sich auf einen Mann eingelassen hatte. Seit Brian hatte es niemanden mehr gegeben und das war jetzt auch schon mehr als drei Jahre her. Er beugte sich noch ein Stück weiter zu ihr, zumindest glaubte sie das. Vielleicht war es aber auch nur reines Wunschdenken. Ihr Herz begann wie wild zu pochen und sie schluckte heftig um die aufkommende Panik zu ignorieren. Sollte sie ihm entgegenkommen oder warten? Himmel, warum war das nur so kompliziert? Jetzt könnte sie ein klein wenig mehr Mut gebrauchen. Nur ein klitzekleines bisschen. Bea hätte vermutlich nicht lange gefackelt. Tja dumm nur, dass sie eben nicht Bea war. Doch bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, was sie jetzt tat, gab es einen lauten Knall und ein Kleintransporter krachte in einen Laternenpfosten direkt neben ihnen. Die Lampe geriet stark ins Wackeln, dann löste sie sich von der Verankerung und steuerte Richtung Boden. »Vorsicht!« schrie Max und riss Emma mit sich seitlich zu Boden. Keinen halben Meter daneben schlug die Metallbüchse der Laterne auf das Betonpflaster.

      »Bist du verletzt?« Max rappelte sich als erster auf und beugte sich über die immer noch völlig schockiert wirkende Emma. Diese hob langsam ihren Kopf und bewegte Arme und Beine. »Ich schätze nicht.«

      Während Max Emma wieder auf die Beine half rückte auch schon die Polizei und ein Krankenwagen an und einige schaulustige Passanten drängten sich um sie und die Unfallstelle.

      Von dem Cafe aus kamen Jonas und Bea angelaufen. »Oh Gott, ist Euch was passiert?« Bea stürmte auf ihre Freundin zu und umarmte sie fest. »Geht es dir gut?«

      Diese nickte. »Ich stehe nur etwas unter Schock.« gab sie zu.

      »Das war ganz schön knapp.« meinte Jonas zu Max und zeigte auf den Metallkasten.

      »Was du nicht sagst.«

      »Ein ziemlich ereignisreiches Ende für ein Date.«

      Max funkelte seinen Freund wütend an. »Ich kann dich ernsthaft verletzen.«

      Jonas grinste nur. »Du könntest es versuchen.« Dann wurde er wieder ernst. »Ist mit ihr alles in Ordnung?« Er sah zu Emma, die noch immer am ganzen Körper zitterte. Ihre Haut war blass und ihre Augen geweitet. »Ich denke schon.«

      »Entschuldigung.« Jonas und Max drehten sich gleichzeitig um. Ein Polizist trat auf sie zu. »Ich brauche ihre Aussage. Augenzeugen zufolge sind sie und die junge Frau beinahe in diesen Unfall verwickelt worden.«

      Max nickte. »Das stimmt. Wir konnten uns gerade noch rechtzeitig in Sicherheit bringen.« Der uniformierte Mann notierte etwas auf seinem Notizblock. »Haben Sie etwas von dem Unfall mitbekommen?« fragte er dann.

      Verdammt nein. Er hatte gerade Emma küssen wollen. Seine Aufmerksamkeit war also definitiv woanders gewesen. Er schüttelte den Kopf. » Wir haben nur den Aufprall gehört.«

      »In Ordnung. Wenn Ihnen noch etwas einfällt rufen Sie mich an.« Er reichte Max seine Karte. »Jetzt benötigen wir nur noch ihre Personalien.«

      »Selbstverständlich.« Max zog sein Portemonnaie aus der Jackentasche und zog seinen Ausweis heraus. Er gab ihm den Polizisten und wartete, bis auch Emma dies getan hatte.

      Das Leben besaß schon manchmal einen eigenen Sinn von Humor, dachte er, und beobachtete, wie der Streifenwagen davonfuhr und die Sanitäter den Fahrer des Kleintransporters auf einer Trage in den Krankenwagen schoben. Auf der anderen Straßenseite sah er einen Mann stehen der sie beobachtete. Er trug eine dunkle Mütze und lehnte an einem Gartenzaun. Die Arme verschränkt stand er einfach nur still da. Vielleicht war es nichts, aber irgendetwas an der Art wie er zu ihnen herüberschaute, machte ihn wütend.

      Entschlossen stapfte er los und überquerte die Straße. Der Mann rührte sich nicht sondern starrte weiter geradeaus. Max verfolgte seinen Blick und landete direkt bei Emma, die wieder neben Bea stand und offenbar tief in ein Gespräch mit ihr verwickelt war. Er trat noch einen weiteren Schritt auf den Kerl zu. »Was ist Ihr Problem?« Möglicherweise würde ihm eine kleinere Schlägerei gut tun. Auf dem Eis jedenfalls beflügelte ihn ein ordentlich durchgeführter Bodycheck meistens. Warum also nicht auch außerhalb? Außerdem wäre es sicher eine hilfreiche Methode seinen Frust abzubauen.

      Er wollte Emma-Sophie. Sein Körper wusste das. Sein Verstand noch nicht. Oder besser gesagt, wehrte er sich noch dagegen.

      Der Mann hob den Kopf und seine Augen richteten sich auf Max. »Die Frage kann ich nur zurückgeben.«

      »Das ist kein beschissenes Spiel.« zischte Max. »Also, warum stehen Sie hier?«

      »Komisch und ich dachte immer, wir leben in einem freien Land.«

      Die Wut wandelte sich in Zorn und er ballte seine Hände zu Fäusten. Er würde diesem Idioten jetzt sowas von die Fresse polieren. Gerade als er ausholen wollte hörte er Schritte hinter sich.

      »Nick?« Emma lief neben ihm vorbei. Gefolgt von Bea. Jonas blieb wohlweislich neben ihm stehen.

      »Hallo Mädels.« Der Kerl erdreistete sich doch tatsächlich zu lächeln.

      »Ihr kennt den?« fragte Max irritiert und wappnete sich innerlich für die Antwort.

      Emma wandte sich zu ihm. »Ja. Er ist unser Kollege.« Na, prima. Soviel also zu seiner kleinen Schlägerei.

      Jonas klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter. »In nicht einmal ganz einer Stunde ist Trainingsbeginn, Kumpel.«

      Ja, nur hob das im Augenblick seine Stimmung nicht im Geringsten. Genauswenig wie die Tatsache, dass sie morgen wieder gegen Iserlohn auf dem Eis standen. Er sollte an das bevorstehende Spiel denken. Sich mental und körperlich darauf vorbereiten, in weniger als 48 Stunden gegen einige der besten Stürmer der Liga anzutreten. Stattdessen befand er sich hier. Mit einer Frau die seine Hormone verrückt spielen lies und einem Kerl, der ihm tierisch auf die Nerven ging.

      »Was tust du denn hier?« hörte er Emma-Sophie fragen. Gut. Das würde er nämlich auch gerne wissen.