Vergangenheitskampf. Corinna Lindenmayr

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Название Vergangenheitskampf
Автор произведения Corinna Lindenmayr
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783967526554



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man überall aufhängen. Jonas wollte gerade seinen Zuspruch äußern, als Emma weitersprach. »Wir dachten wir könnten so eine Art »Meet and Greet« anbieten. Als eine Art Versteigerung. Ihr wisst schon. Um mehr Geld in die Kasse zu bekommen. Das würden wir dann mit einem Foto von Euch auf dem Plakat ankündigen.«

      Etwas, was er als persönliche Form der Hölle bezeichnete. Sicher, er mochte Frauen, und früher hätte ihm das vermutlich auch nichts ausgemacht aber mittlerweile hasste er solche Auftritte. Er wollte nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit von weiblichen Fans stehen die nur darauf hofften mit ihm ins Bett zu gehen oder schlimmer, sich sogar einbildeten eine Beziehung mit ihm haben zu können. Und das geschah zweifellos, da war er sicher. Was ihn daher umso mehr verwunderte war, als er sich sagen hörte:« Sicher, kein Problem.«

      Und auch Max schien sich nicht gegen diesen Vorschlag zu wehren. Er saß nur da, sah ihn an und zuckte mit den Achseln, was so viel bedeutete wie »da müssen wir jetzt eben durch«.

      »Super. Dann brauchen wir nur noch eine Zeit und einen Ort für das Foto.« Emma griff nach einem Stift der auf dem Tisch lag, und zog ein Notizbuch aus der Tasche. »Gibt es in der nächsten Zeit irgendwelche freien Termine die wir nutzen könnten?«

      »Wie wäre es, wenn wir es gleich direkt im Stadion machen?« schlug Max vor. »Ihr kommt einfach zu unserem nächsten Heimspiel?« Dabei sah er Emma mit einem verschmitzten Blick an. »Ich verspreche auch, dass ich dich dieses Mal nicht versetzen werde.«

      Eigentlich hatte Emma-Sophie nicht vorgehabt so schnell noch einmal einen Schritt in dieses Stadion zu machen. Abgesehen von den höllischen Kopfschmerzen die sie von jenem Abend davongetragen hatte, befand sie sich gerade in einem Stadium irgendwo zwischen dem Gefühl so weit weg von Max wie möglich aber gleichzeitig auch so nah wie möglich sein zu wollen. Und das verwirrte sie. Er war lustig, charmant und sexy. Noch dazu half er ihr uneigennützig mit dem Kinderheim, was ihn noch unwiderstehlicher machte. Aber gerade weil das so war und er seine ohnehin kaum vorhandene Freizeit für sie opferte ergab sie sich dem Unvermeidlichen. »In Ordnung.«

      »Gut. Ich lasse Euch die Karten zukommen.« Max stand auf. »Hast du noch eine Minute?« Damit sah er Emma eindringlich an. Diese hätte am liebsten den Kopf geschüttelt. Sie wollte nicht mit Max allein sein, denn sie wusste was dann passierte.

      Ihr ganzer Körper begann zu kribbeln und auch wenn das durchaus ein angenehmes Gefühl war, passte es gerade einfach nicht in ihren Plan. Nur leider stand auch das nicht zur Debatte. Ein »Nein« würde er sicher ohnehin nicht akzeptieren. »Sicher,« sagte sie daher betont gleichgültig.

      Er nahm ihre Hand und zog sie Richtung Ausgang, nachdem er einen 10,00 EUR-Schein auf den Tisch gelegt hatte. An Jonas gewandt fügte er hinzu:« Wir sehen uns draußen.« Wobei sein Blick eindeutig darauf hinwies, dass er sich damit definitiv noch Zeit lassen sollte.

      »Geht klar.« Mit einem kurzen Augenzwinkern sah seinem Freund hinterher. Doch kaum war Max verschwunden, bemerkte er sein Dilemma. Nun war er mit Bea allein. Es wäre also klug, wenn er langsam wieder einen klaren Kopf bekam.

      »Arbeiten Sie schon lange in diesem Kinderheim?« wollte er daher wissen, da ihm eine normale Konversation am ungefährlichsten erschien.

      »Ein paar Jahre.«

      »Wie kommt man dazu Erzieherin werden zu wollen?« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schlug lässig die Beine übereinander.

      »Vermutlich aus dem gleichen Grund warum sie Eishockeyspieler geworden sind.« antwortete sie.

      Er zog die Augenbrauen nach oben und sah sie amüsiert an. »Ich hätte jetzt nicht gedacht, dass sie auf rohe Gewalt stehen. Muss ich mir um die Kinder Sorgen machen?«

      Sie warf ihm einen giftigen Blick zu. »Ich denke Sie wissen was ich damit sagen wollte.«

      Wahrscheinlich. Dennoch machte es Spaß sie zu ärgern. »Müssen Sie so schwierig sein?«

      Bea runzelte die Stirn. Normalerweise verhielt sie sich nicht so kratzbürstig. Aber aus irgendeinem Grund nervte er sie. »Es hat sie keiner gebeten zu bleiben.«

      Er lächelte. Was sie aus nicht erklärbaren Umständen nur noch wütender machte. »Aber auch nicht zu gehen.« meinte er dann nur.

      »Da haben Sie recht. Würden Sie also die Güte haben und mich alleine lassen?« fragte sie zuckersüß.

      »Eigentlich sitze ich gerade ganz bequem.«

      »Toll. Wir sind ja hier ohnehin fertig. Genießen Sie ihre Cola.« Bea warf die Stifte und die herumliegenden Blätter in ihre Tasche und stand auf. »Schönen Tag noch.«

      »Warten Sie.« Hastig griff Jonas nach Beas Arm. »Bleiben Sie sitzen. Bitte.« fügte er noch eilig hinzu, als sie ihm erneut einen vernichtenden Blick zuwarf. »Es tut mir leid. Ich wollte sie nur etwas aufziehen.«

      »Warum?« Tja, das war eine berechtigte Frage. »Ich weiß nicht. Ich schätze, weil sie mich interessieren.« erwiderte er wahrheitsgemäß und sah ihr dabei direkt in die Augen.

      »Verärgern sie alle Frauen für die Sie sich interessieren?«

      Er verzog den Mund zu einem vielversprechenden Lächeln. »Das hoffe ich doch nicht. Kommen Sie, ich lade sie noch auf einen Kaffee ein.« Bea zögerte. Dann ließ sie sich zurück auf den Stuhl sinken.

      »Latte Macchiato. Mit Extrasahne.«

      »Was immer Sie glücklich macht.«

      Der Verkehr war die Hölle, also zog Max Emma ein Stück entfernt von dem Cafe auf eine alte Holzbank. Ihr Gesicht war blasser als sonst und irgendwie wirkte sie anders. Trauriger. Er wusste nicht wieso ihn das störte, nur dass es das tat. Emma-Sophie war eine Ablenkung, also genau das, was er gerade am allerwenigstens gebrauchen konnte. Leider schien es ihm jedoch unmöglich zu sein, ihr aus dem Weg zu gehen. Und wenn er ganz ehrlich war, wusste er auch gar nicht warum er das tun sollte. Er mochte sie. Sie war süß und sexy und brachte eine Leidenschaft an den Tag, die er bewunderte.

      Er nahm sie bei den Schultern und drehte sie zu sich um. »Was ist los?«

      »Nichts.«

      »Nichts ist die Mutter von Alles.«

      Emma zog ihre Jacke etwas fester zu als ein Windstoß sie erreichte. »Was?«

      Er nahm ihre Hände in seine. Zum einen weil sie zitterte, zum anderen weil er sie spüren wollte. »Ich kenne dieses Nichts. Mehr als du ahnst. Vielleicht willst du nicht darüber reden, aber glaube mir, es hilft.« Lügen und Verdrängen waren bei ihm schließlich in seiner Kindheit an der Tagesordnung gestanden. Seine Schwester hatte versucht ihn zu beschützen, genauso wie seine Eltern es getan hatten, aber das war falsch gewesen. Die Wahrheit war so viel mehr als manchmal nur ein bitterer Nachgeschmack. Sie half einem auch mit Dingen umzugehen. Sie machte einen stärker, auch wenn man es im ersten Moment nicht glauben würde.

      »Da gibt es nicht viel zu reden.« Emma-Sophie zuckte mit den Achseln und lies sich langsam auf die Bank sinken. Max setzte sich neben sie und wartete. Wenn er es darauf anlegte, konnte er sehr geduldig sein. Und in diesem Fall, so schätzte er, würde er das auch sein müssen. Irgendetwas bedrückte Emma, gleichzeitig spürte er aber auch, dass sie noch nicht wirklich bereit zu sein schien, darüber zu sprechen.

      Er sah zu, wie sie den Kopf leicht in den Nacken legte und Richtung Himmel blickte. Während sie die Augen schloss atmete sie gleichzeitig scharf ein und wieder aus.

      Was wäre schon dabei wenn sie es ihm erklärte? Wahrscheinlich suchte er dann sowieso schnellstmöglich das Weite. Da sie ohnehin nicht vorhatte das Ganze zu intensivieren wirkte das sogar ziemlich verlockend. Nur war er es das irgendwie nicht. Denn so sehr sie sich auch dagegen sträubte mehr für Max zu empfinden, wünschte sie sich gleichzeitig doch genau das. Sie wollte das was alle wollten. Liebe, Leidenschaft und eine eigene Familie. Eine Familie, die sie im Augenblick nicht haben konnte.

      » Es gibt da zwei Kinder. Maja und Joshua. Sie sind Zwillinge und ihre Eltern bei einem Autounfall gestorben, seitdem sind sie bei uns im Heim. Gestern war eine Pärchen bei uns und hat sich