...denn ihrer ist das Himmelreich. Jost Müller-Bohn

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Название ...denn ihrer ist das Himmelreich
Автор произведения Jost Müller-Bohn
Жанр Учебная литература
Серия
Издательство Учебная литература
Год выпуска 0
isbn 9783869548739



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Doch etwas bedrückt sie sehr, sie hat keinen Vater wie die anderen Mädchen. Der Vater wurde im Krieg von einer feindlichen Kugel getroffen. Nun muss die Mutti arbeiten gehen und die Familie versorgen. Carla spielt am liebsten mit ihrer Puppe, dann ist sie ganz in Gedanken versunken und träumt davon, sich selbst einmal sehr hübsche Kleider zu kaufen. Sie näht für ihre Puppe immer sehr schöne Kleidchen und setzt ihr schöne Hütchen auf. Ja, Carla hat einen feinen Geschmack. Weil es noch Winter ist, hat sie der Puppe eine Kapuze an das Jäckchen gestrickt, damit sie bei diesem Frost nicht friert. Sie hat ihr Puppenkind sehr lieb. „Mutti, ich habe großen Hunger und meine Puppe auch. Gib uns doch bitte ein Stückchen Brot, damit wir satt werden.“ Jetzt merkt Carla, dass die Mutti weint, denn der Speiseschrank ist ganz leer. Es gibt kein Brot, keine Kartoffeln, kein Öl, keinen Käse und keine Milch - alles ist aufgegessen und die Mutti hat kein Geld, um Nahrungsmittel zu kaufen. Carla weiß, die Mutti hat bereits einige Wertsachen verkauft, um etwas Geld zu bekommen, aber jetzt sind keine Wertgegenstände mehr im Hause, für die man Geld bekommen könnte. Mit ihren lieben blauen Augen schaut das Kind die Mutti traurig an, es tut ihr selber im Herzen weh. Ach, sie möchte der Mutti nur zu gern helfen, aber wie?

      Plötzlich kommt ihr ein Gedanke: Sie nimmt ihren Mantel, der schon sehr abgetragen ist, und zieht ihn an. Dann wickelt sie ihre Puppe in ein großes Tuch und stapft durch den hohen Schnee zum reichsten Bauern des Dorfes. Der große Kettenhund bellt schrecklich laut. Am liebsten möchte Carla davonlaufen, aber sie geht tapfer an der Hundehütte vorbei. „Was, du willst deine Puppe verkaufen, um etwas Brot zu bekommen?“ fragt der Bauer. „Ja“, sagt Carla, „die Mutti hat nichts mehr zu essen und mir tut auch der Magen vor Hunger so weh.“

      „Was soll denn die Puppe kosten?“ fragt der Bauer.

      „Fünf Mark“, antwortet die Kleine ganz tapfer.

      „Und dafür willst du deine schöne Puppe verkaufen?“

      Der Carla wird ganz traurig ums Herz. Sie denkt wie eine Mutter an ihre Puppe, leise streichelt sie mit dem kleinen Händchen über das Puppenköpfchen: „Was sollen wir denn machen, wenn wir nichts zu essen haben? Mein Brüderchen weint auch schon vor Hunger.“

      „Nun pass einmal auf“, sagte der Bauer, „du behältst deine Puppe und ich komme gleich mal zu deiner Mutti und bringe euch etwas zu essen.“

      Vor Freude weint Carla, denn sie hätte es fast nicht übers Herz gebracht, die Puppe zu verkaufen. Dann springt sie voller Freude und Lust nach Hause.

      Kurze Zeit danach kommt der Bauer mit einem großen Korb mit Brot, Butter, Kartoffeln, Gemüse und sogar einem Stück Schinken. Da hat auch die Mutti vor Dankbarkeit geweint. Wie hieß unser Bibelwort? Der Herr hat sein Wort gehalten.

      Wir wollen nun beten: Lieber Heiland, wir danken dir, dass wir uns auf dein Wort verlassen können und du auch der kleinen Carla gegeben hast, was ihr Herz wünschte. Du wirst es auch weiterhin tun. Amen.

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      24.

       Februar

      „Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“

      Matthäus 25,40

      Noch immer war es Winter. Oft leiden dann Menschen und Tiere große Not. Während einer großen Notzeit kam an einem rauen, kalten Wintertag eine unbekannte Frau in ein Dorf und bat flehentlich um Hilfe. Ihre Kleidung war sauber, aber abgetragen und an vielen Stellen geflickt. Ihren Kopf hatte sie, weil es heftig stürmte, mit einem Tuch dicht umhüllt. In der rechten Hand hielt sie einen langen Stab und auf dem Rücken trug sie einen kleinen Korb. An allen Türen bat sie um etwas zu essen oder um eine kleine Geldgabe. Aber die meisten Menschen waren hartherzig und schenkten der armen Frau nur Abfall oder besseres Viehfutter. Die reichen Leute jagten sie gleich mit ihren großen Hunden von der Tür fort.

      Jetzt kam sie an eine alte, kleine Bauernhütte. Vor der Tür standen ein Holzklotz mit einem Beil und ein Schleifstein, womit man früher Messer und Scheren schärfte. Die kleine Bäuerin, die ein Baby auf dem Arm trug, bat die Unbekannte, in die warme Stube hineinzukommen. Da sie gerade vom letzten Mehl ein Brot gebacken hatte, gab sie der armen Frau davon ein schönes, großes Stück. Sie war der einzige Mensch im Dorf, der der Bettlerin richtig geholfen hat.

      Am folgenden Tage wurden alle Bewohner des Dorfes ganz unerwartet ins Schloss zu einem Abendessen gebeten. Die Leute verwunderten sich sehr, als sie an der Pforte des Schlosses die unbekannte Bettlerin wiedererkannten. Als sie nun in den Speisesaal traten, standen da viele Tische und ein kleines Tischlein in einer schönen Nische. Auf den großen Tafeln lagen Berge von verschimmeltem Brot, ein paar verfaulte Kartoffeln und eine Handvoll Kleie.

      Auf dem kleinen Tischchen aber, unter einem strahlenden Kronleuchter, erblickten die Gäste die besten Speisen. An diesen Platz führte die Schlossherrin die Bäuerin mit deren Kind und Mann. Zu den anderen Gästen sagte die Gastgeberin: „Ich war die verkleidete Bettlerin, die Sie gestern an Ihren Türen gesehen haben. Ich möchte mich bei Ihnen in der Weise bedanken, wie Sie mich gestern empfangen haben!“ Dabei wies sie auf die großen Tische mit den unappetitlichen Gaben hin. Sie aber setzte sich an den kleinen, reich gedeckten Tisch zu dem armen Ehepaar und unterhielt sich mit ihnen vergnügt und herzlich.

      Ja, liebe Kinder, so wird es auch einmal allen gehen, die Gutes oder Böses getan haben an ihrem Nächsten. Zu den gastfreundlichen Menschen wird Jesus sagen: „Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich bei euch aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt für mich gesorgt…“

      Die gastfreien Menschen werden erstaunt sein, denn sie haben aus Liebe zu armen Menschen alles gegeben und es für selbstverständlich gehalten. Aber Jesus wird ihnen dann sagen: „Was ihr getan habt einem Geringsten unter diesen, das habt ihr mir getan.“

      Darum heißt es: „Wie man die Aussaat hier bestellt, so erntet man in jener Welt.“

      Wir wollen beten: Lieber Vater im Himmel, wir kennen viele arme Menschen, es gibt immer Leute, die ärmer sind als wir. Deshalb wollen wir freigebig sein und helfen, wo und wie wir nur können. Hilf uns bitte dabei. Amen.

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      25.

       Februar

      „Hütet euch aber, dass eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen und mit Sorgen der Nahrung.“

      Lukas 21,34

      Die Tiere fressen und saufen. Wenn Menschen übermäßig leben, dann sagen wir auch von ihnen, sie fressen und saufen. Durch zu viel essen und trinken werden wir krank, wir bekommen einen dicken Bauch, unser Herz, unsere Leber, die Galle, der Darm und andere Organe werden geschädigt. Viele Menschen haben starke Schmerzen in ihren Gliedern und auch Kopfschmerzen, weil sie zu viel essen und trinken. Oft werden Kinder schon zuckerkrank und haben dicke Bäuche, dicke Arme und Beine und einen zu dicken Hals. Ich kannte einen Mann, der aß zum Frühstück dreißig Eier und noch viele Brötchen. Einen Jungen sah ich einmal, der zwei Hühner, eine Schüssel mit Sülze, eine Wurst, einen Berg Kartoffeln und Kuchen allein zum Mittag aufaß. Er wog schon zwei und einen halben Zentner und war noch sehr jung. Ein Arbeitskollege von mir konnte fünf Pfund Fleisch essen, wenn er bei einer Hochzeit eingeladen war und dort in einer Tanzkapelle mitspielte. Lass dir mal beim Metzger fünf Pfund Fleisch zeigen, dann kannst du dir vorstellen, wie viel der Mann essen konnte. Ja, wenn man so gierig „frisst“, dann muss man ja krank werden. Der bekannte Prediger Billy Graham berichtete einmal von einer Frau, die eine große Buttercremetorte allein aufaß. Wenn ich daran denke, ich sollte so viel essen, dann wird mir bei dem Gedanken daran schon schlecht.

      Als ich zwölf Jahre alt war, wohnte ich mit ungefähr zehntausend Kindern in einem Lager in Polen, weil wir in Berlin so viele Luftangriffe hatten und die Bomben die Häuser zerstörten. Da haben wir einmal beim Mittagessen eine Wette abgeschlossen