Henkersmahl. Bärbel Böcker

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Название Henkersmahl
Автор произведения Bärbel Böcker
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839234549



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202 a StGB gehört?«

      »Ja, aber ich habe den Inhalt nicht mehr exakt präsent«, antwortete Max. Er legte seinen Kopf schräg und sah Florian erwartungsvoll grinsend an.

      »Das Ausspähen von Daten kann mit einer Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden. Meinst du, Jana ist sich darüber im Klaren?«

      »Sicher. Sie weiß, was sie tut. Aber wenn die Richter gnädig sind, kommt man auch mit einer Geldstrafe davon.« Max begann zu flüstern. »Und wenn ich es nicht für absolut notwendig halten würde, hätte ich sie nicht um diesen Gefallen gebeten. Immerhin stehen Menschenleben auf dem Spiel.«

      Florian sah Max erstaunt an. »Weißt du etwa mehr? Erzähl.«

      »Gedulde dich noch ein bisschen.« Max runzelte die Stirn. »Wenn ich sicher bin, erfährst du es als Erster. Nur so viel: Ich glaube, da ist eine ganz große Schweinerei passiert. Und mit den Leuten, die dahinter stecken, ist bestimmt nicht zu spaßen.«

      4

      Bingo.

      Florian legte den Hörer auf. Ausgerechnet jetzt fiel sein Blick auf den Stapel Autogrammkarten, der auf der Ecke seines Schreibtischs lag. Sie waren bereits signiert und zeigten Jörn Carlo mit leicht nach vorn geneigtem Oberkörper und einem Grinsen, das er selbst für ein strahlendes Lächeln hielt. Viele Fans anscheinend auch. Über 50 Autogrammanfragen erreichten die Redaktion jeden Tag. Ein Glück, dass er sich darum, seit er fest als Redakteur angestellt war, nicht mehr kümmern musste.

      Florians Blick wanderte zu seiner Armbanduhr. Es war gleich 12 Uhr, er hatte den ganzen Vormittag wie besessen herumtelefoniert, und nun war er endlich zufrieden. Er hatte für die Sendung nicht nur die Zusagen vom Leiter des Gesundheitsamtes und einer Referentin aus dem NRW-Innenministerium, sondern auch die Zusage einer indirekt Betroffenen. Gerade hatte er ausgiebig mit der Ehefrau eines Opfers telefoniert, die ihren bereits bewusstlosen Mann ins Krankenhaus gebracht hatte. Sie war bereit, als Talkgast aufzutreten, und eventuell würde auch ihr Mann, der heute entlassen werden sollte, ins Studio kommen. Florian hatte bereits mit ihm telefoniert. Er war überzeugt davon, dass er in Kombination mit seiner Frau und den politischen Talkgästen die optimale Besetzung für die Talkshow wäre. Das Ehepaar, das sich glücklicherweise gut ausdrücken konnte, war emotional zwar sehr angegriffen, aber das war nicht schlecht, denn Emotionen ließen die Quoten steigen. Außerdem hatten sie mehrfach betont, dass sie großes Vertrauen in die Sensibilität des Moderators hätten. Florian verzog bei diesem Gedanken die Unterlippe. Wenn die wüssten, wie Carlo über manche seiner Talkgäste nach der Sendung herzog. Irgendwie, dachte Florian, mochte er sie alle nicht.

      Aber unter journalistischen Gesichtspunkten betrachtet, war Carlo in jedem Fall der optimale Talkshow-Moderator, immer gut vorbereitet, schlagfertig und zu allem Überfluss auch noch attraktiv. Er war groß, schlank, und seine braunen halblangen Locken machten ihn zum Traum aller potenziellen Schwiegermütter.

      Sie produzierten Diens-Talk in der Vulkanhalle, einem denkmalgeschützten Klinkerbau in Köln Ehrenfeld, auf dem Gelände des ehemaligen Leuchtstoffröhrenwerks Vulkan. Die Halle bot Platz für bis zu 800 Personen und hatte ein schönes Ambiente, für ihre Talkshow war sie die optimale Location. Wenn Jörn Carlo dienstags nach der Sendung in der Bar auftauchte, in der die Talkgäste mit ihren Angehörigen, die im Publikum gesessen hatten, einen Drink nahmen, rissen sich die Leute darum, noch einmal ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Carlo genoss es, im Mittelpunkt zu stehen und angehimmelt zu werden.

      Der Einzige, der offen zugab, mit Carlo Probleme zu haben, war der Leiter der Abteilung journalistische Unterhaltung beim Sender, für den sie Diens-Talk produzierten. Trotz der guten Quoten. Vermutlich, weil Barrick ahnte, dass Carlo den Menschenfreund nur mimte und weil er es hasste, dass er so gut aussah. Barrick selbst, mit Spitzbart, Geheimratsecken und Kasperlgesicht konnte joggen, so viel er wollte, selbst mit einem perfekten Körper würde sich kaum eine Frau für ihn interessieren.

      Florian bemerkte, dass Barrick ihm tatsächlich leid tat, und er wunderte sich darüber. Er sah vom Notizzettel auf, den er sich für die Vorbereitung des Talks gemacht hatte, denn es hatte geklopft. Wenn das so weiterging, würde er den Showablauf zur Redaktionskonferenz nicht mehr fertig bekommen.

      Eddie Klump steckte den Kopf zur Tür herein. Er war Boulevardjournalist und hatte hin und wieder spannende Tipps auf Lager, die sich für die eine oder andere Sendung als hilfreich erwiesen. Das Entscheidende aber war, dass Eddie und Max sich schon lange kannten, und die beiden sich gegenseitig immer wieder Informationen zusteckten. Eddie stammte aus einer alteingesessenen Kölner Familie und beherrschte das Klüngeln aus dem Effeff. Er agierte, wie die meisten Kölner, ganz nach dem Adenauer-Motto ›Man kennt sich, man hilft sich‹, und nicht zuletzt dadurch hatte er einen bemerkenswerten beruflichen Erfolg, der über Jahre anhielt. Gegen Klüngeln war im Grunde nichts einzuwenden, fand Florian. Solange es nicht kriminell wurde und Angestellte im öffentlichen Dienst und Unternehmen sich unter der Hand gegenseitig Vorteile verschafften, in dem sie sich Geld und Aufträge zuschoben. Doch genau dafür war Köln ja bekannt. Florian selbst hatte den guten Kontakten seiner Mutter zu verdanken, dass er als Redakteur bei Profi Entertainment arbeitete.

      Jetzt, da er Eddie zur Tür hereinkommen sah, dachte er daran, dass Max ihn erst vor einiger Zeit mit dem Journalisten bekannt gemacht hatte, aber Max hatte sicher gewusst, warum. Kürzlich erst waren sie miteinander in der Schreckenskammer versackt, einer Brauereikneipe in der Ursulagartenstraße, bei reichlich Kölsch und abschließend Ramazzotti. Seither hatten sie sich nicht mehr gesehen.

      Eddie machte einen erschöpften Eindruck auf Florian, er hatte tiefe Schatten unter den Augen, die trotz seiner rechteckigen Brille sichtbar waren.

      »Hast du dir gestern wieder so eine Dosis verpasst?«, fragte Florian lachend.

      »Um Himmels willen, eine Kölsch- und Kräutervergiftung im Monat reicht mir. Was du siehst, ist alles ehrlich erarbeitet. Sehe ich wirklich so schlimm aus?«

      »Das letzte Mal hast du schlimmer ausgesehen. Aber setz dich doch.« Er deutete auf den Stuhl, der vor seinem Schreibtisch stand, und Eddie nahm Platz.

      »Was gibt’s?«, fragte Florian.

      »Ihr macht doch eine Sendung über diese unerklärlichen Krankheitsfälle, oder?«

      »Ja. Hat Max dir davon erzählt?« Florians Aufmerksamkeit stieg schlagartig.

      »Genau. Vielleicht habe ich eine interessante Neuigkeit für dich«, sagte Eddie. »Max meint, dass das was für dich wäre. Habe ihm gerade kurz ›Hallo‹ gesagt.«

      »Um was geht’s denn?«

      »Um eine mögliche Verbindung zwischen den Krankheitsfällen und einem Todesfall in Ehrenfeld.« Eddie schlug seine langen Beine übereinander. Wie Florian war er fast zwei Meter groß, nur erheblich schlanker.

      »Einem Todesfall?«

      »Ja, am Wochenende hat es einen erwischt, auf einer Party in Ehrenfeld. Offiziell heißt es, er sei an den Folgen einer Schlägerei gestorben, aber ich vermute, dass er der Erste ist, den die mysteriöse Krankheit gekillt hat.«

      »Bist du sicher?«

      »Ich war selbst auf der Party. Der Typ hat sich tatsächlich geprügelt, aber das war völlig harmlos. An den Verletzungen ist er mit Sicherheit nicht gestorben, er hatte nur ein blaues Auge, eine gebrochene Nase und ein paar Schnittwunden.«

      »Weißt du, wie er heißt?«

      »Peter Mallmann. War gerade mal 32.«

      »Warum hat er sich geprügelt?«

      »Ist mit dem neuen Freund der Gastgeberin aneinandergeraten. War ziemlich eifersüchtig. Offenbar hatte er sich noch Chancen bei ihr ausgerechnet.«

      Florian schwieg einen Moment. »Und wieso bist du so sicher, dass er nicht an der Schlägerei, sondern infolge der Krankheit gestorben ist?«

      »Erstens hat der Notarzt eine entsprechende Vermutung angestellt, denn Peter Mallmann hat anscheinend ähnliche Symptome wie die anderen Erkrankten gezeigt. Zweitens war die Kripo vor