Название | Henkersmahl |
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Автор произведения | Bärbel Böcker |
Жанр | Триллеры |
Серия | |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783839234549 |
»Vermutlich hast du recht.« Florian wandte sich gedanklich wieder den Erkrankungen zu. »Ich frage mich, ob die Mediziner wirklich nichts wissen.«
»Bestimmt gibt es inzwischen Hinweise, denen sie nachgehen. Aber solange die nicht gesichert sind, wird auch nichts der Öffentlichkeit mitgeteilt«, sagte Max und ergänzte resigniert: »Das kennen wir doch.«
Florian schwieg. Er goss sich Kaffee nach. Ein leichter Hauch von Parfum, mit einer Spur Sandelholz und Blütenessenzen versetzt, die er nicht einordnen konnte, stieg ihm trotz des bitteren Kaffeegeruchs in die Nase. Er überlegte. Es könnte eine Spur Bergamotte in ihrem Parfum enthalten sein, und vielleicht auch etwas Jasmin oder Veilchen. Florian war sich nicht sicher, aber es roch angenehm.
»Und, wie steht es mit den Talkgästen, alles im Griff?«, fragte Max.
»Ich bin noch dran, aber heute Nachmittag werde ich dir hoffentlich eine Traumbesetzung präsentieren können.«
Max bedachte Florian mit einem zweifelndem Blick. »Halt dich ran, wir brauchen wenigstens gute Leute, wenn wir schon kaum Fakten haben.« Er senkte die Stimme. »Möglicherweise hält das Gesundheitsamt bewusst Informationen zurück.«
»Warum sollten sie das tun?« Florian musterte ihn interessiert.
»Um keine Panik in der Bevölkerung auszulösen.« Max sah Florian ernst an. »Täglich steigt die Zahl der Erkrankungen. Wer weiß, wie viele es heute erwischt.«
Florian schwieg, ihm war unbehaglich zumute. Er war sich aber sicher, dass es nicht Wenige sein würden. Vielleicht schlürften sie gerade ebenso ahnungslos ihren Kaffee wie er. Auch er konnte theoretisch vergiftet sein. Oder sie atmeten ahnungslos die Luft, die den Virus bereits in sich trug.
Max seufzte und wandte sich an Jana: »Umso wichtiger ist es, dass wir für die Sendung etwas in Erfahrung bringen. Ich brauche die allerletzten Neuigkeiten aus der Uni-Klinik. Wenn du es schaffst, vor der Redaktionskonferenz. Die Situation ist ernst.«
»Liegen dir diese Informationen nicht längst vor?«, fragte Jana erstaunt.
»Im Prinzip ja, aber ich weiß garantiert noch nicht alles.«
»Was brauchst du konkret?«
»Namen und Anschriften der Opfer. Symptome bei Einlieferung, egal wo, Ergebnisse der Blutuntersuchungen und Analyse der Mageninhalte, sofern vorhanden. Ergebnisse der virologischen Forschung, was immer du an Daten kriegen kannst«, sagte Max.
Jana sah mit einem skeptischen Blick zu Florian, aber Max beruhigte sie mit den Worten: »Ist schon o. k. Florian wird es für sich behalten, dass du für uns in fremden Netzen surfst.«
Er lächelte Jana betont aufmunternd zu und klopfte Florian lässig auf die Schulter. Der trat unwillkürlich einen Schritt zurück und dachte, dass sich sein Freund erstaunlich gut mit Jana verstand. Wahrscheinlich hatte er sie längst angebaggert.
Jana sah zu Max. »Dein Wort in Gottes Ohr.«
Bereits halb aus der Tür fügte sie hinzu: »Also gut. Ich werde mir Mühe geben.«
Nachdem Jana den Raum verlassen hatte, ging Max zum Fenster und blickte hinaus. Sinnierend sagte er zu Florian: »Wer weiß, was die Leute gegessen und getrunken haben, bevor sie ins Krankenhaus gekommen sind?«
Florian zog einen Menüvorschlag seines italienischen Lieblingsrestaurants Alfredo, das ganz in der Nähe des WDR lag, aus der Tasche und las vor: »Variation von gebratenen Jakobsmuscheln und Langostinos auf Löwenzahnsalat, Gemüserisotto mit gegrillten Calamari, geschmorter Seewolf mit gestoßenem Koriander und zum Dessert weißer Pfirsich auf Muskatzabaione mit Pistazieneis.« Er sah Max grinsend an. »Na, das haben die, die jetzt flach liegen, hoffentlich nicht gegessen, denn ich habe vor, es mir am Wochenende einzuverleiben. Komm doch mit, ich lade dich ein.«
Max überlegte einen Moment. »Danke. So lecker das klingt, ich koche ab sofort nur noch selbst.«
»Du und selbst kochen?« Florian musste so heftig lachen, dass er einen Hustenanfall bekam.
»Jawohl, und du bist mein Gast.«
»Und was gibt’s? Hartgekochte Eier?«, stieß Florian hervor.
»In meinem unerschöpflichen Kochbuchfundus lässt sich bestimmt eine Kleinigkeit finden, die Gnade vor deinem Gourmetgaumen findet.« Max’ Stimme klang säuerlich.
Florian schnäuzte sich. Er war heute in wagemutiger Stimmung, das hatte er sich bereits in der Bahn bewiesen, und so sagte er: »Ich bin gespannt. Dann lass dir mal was einfallen.«
»Donnerstag?«
»O. k.« Florian machte eine kurze Pause: »Geht’s auch kalorienreduziert?«
»Hör mal, wenn du darüber nachdenkst, bei Alfredo essen zu gehen, brauchst du bei mir erst recht nicht mit einer Diät anzufangen.« Max’ Blick fiel auf den Bauch seines Freundes, und er grinste: »So schlimm ist es doch nun auch wieder nicht.«
Er nahm den auf dem Küchentisch liegenden Stapel Zeitungen auf den Arm und wurde ernst: »Aber zurück zum Thema. Viele Menschen denken tatsächlich so. Gegessen wird nur, was man selbst auf den Tisch gebracht hat und was aus vertrauenswürdiger Quelle stammt.«
»Jedenfalls solange nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich um verseuchte Nahrungsmittel handelt. Dabei meint man immer, die Menschen dürften nach BSE, Würmern im Fisch, verseuchten Futtermitteln und Gift in Fritten doch nicht mehr so empfindlich sein.«
»Mag sein. Wahrscheinlich ist den meisten nach all den Skandalen irgendwann sowieso egal, was sie essen«, überlegte Max und schlürfte seinen Kaffee.
Florians Blick fiel erneut auf Alfredos Menü und ihm lief das Wasser im Mund zusammen. Nachdem er seit zwei Wochen keine Zigarette mehr angefasst hatte, entwickelte er daraufhin einen sehr gesunden Appetit. Er spürte jetzt, wie das Hungergefühl in ihm aufstieg, denn er hatte heute nicht einmal gefrühstückt. Nach dem Gang auf die Waage, den er zwei Wochen lang erfolgreich vermieden hatte, war der Schock auf nüchternen Magen umso heftiger gewesen. Das Display hatte 108 Kilo angezeigt. Als sich die Ziffern auch beim erneuten Wiegen nicht veränderten, hatte er seinen Kühlschrank konsequent ignoriert. Er hatte sogar der Versuchung widerstanden, ein Glas Milch zu trinken. Florian nahm sich fest vor, heute Abend die fettarme Variante zu besorgen, möglichst aus dem Reformhaus oder aus dem Bioladen. Auf seinen heiß geliebten Latte macchiato zum Frühstück wollte er auch in Zukunft nicht verzichten. Aber weitere Überlegungen zu diesem Thema hatten Zeit bis heute Abend. Florian zögerte kurz, entschloss sich dann aber, Max doch zu fragen: »Woher hat Jana soviel Ahnung von EDV, dass sie dir Informationen aus fremden Netzen beschaffen kann?«
»Bis vor einem halben Jahr hat sie als Hacker-Fahnderin bei der Kölner Kriminalpolizei gearbeitet, als Angestellte in einer Datenverarbeitungsgruppe. Sie ist in der Lage, sich Zugang zu fast jedem System zu verschaffen«, antwortete Max.
Florian versuchte, seine Überraschung zu verbergen. Er ließ den seltsamen kleinen Laut, der über seine Lippen kam und sich fast wie ein Pfeifen anhörte, in ein Hüsteln übergehen. Scheinbar unberührt sinnierte er: »Bei der Kripo. Ich dachte, sie wäre eher links?«
»Ist sie auch«, sagte Max. »Deswegen hat sie den Job ja quittiert. Außerdem war er wohl nicht gerade üppig bezahlt.«
»Als Beamtin verdient man doch nicht schlecht«, hielt Florian dagegen.
»Soviel ich weiß, war sie nicht verbeamtet, sondern angestellt. Sie hat quasi für einen Hungerlohn gearbeitet. Aber nachdem sie ihr Informatikstudium abgebrochen hatte, war sie erst einmal froh, überhaupt einen Job zu haben.«
»Wollen wir hoffen, dass sie sich bei uns ein bisschen wohler fühlt.«
Max horchte auf: »Spricht da aus deinen Worten etwa mehr als nur berufliches Interesse?«