9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017. Frank Rehfeld

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Название 9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017
Автор произведения Frank Rehfeld
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783745212556



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war der Platz ganz vorn zugewiesen worden, in der Nähe der Lampe. Hondo, die Ratte, bewachte ihn. Jim fuhr jetzt etwa 40 Meilen pro Stunde. Bob vermochte das aus der Tonlage der Reifen herauszuhören. Die Straße verlief mit weitgeschwungenen Kurven und mit geringen Gefälle und Steigungsgraden, die sie schon auf der Herfahrt kennengelernt hatten.

      Sheila kauerte einen Meter von Bob entfernt. Es folgte Lawrence Webster und dann, nahe bei der hinteren Lampe, Barry Deegan.

      Die Geiseln bewegten sich nicht. So hatten Caligula und Hondo es ihnen befohlen. Und es war besser, die Befehle dieser Bastarde auszuführen. Darüber war sich Sheila ebenso im Klarem wie ihre drei Leidensgefährten.

      Sie spürte ein merkwürdiges Kribbeln im Nacken. Niemand berührte sie dort, und doch war es, als ob sie berührt würde. Sie wagte es, den Kopf ein Stück zu heben. Vorsichtig sah sie sich um.

      Erst in diesem Moment bemerkte sie die Blicke, die auf sie gerichtet waren.

      Blicke, die sie auszogen.

      Sheila erschrak. Ihr Herz begann zu hämmern. Ihr geistiges Auge ließ die schrecklichsten Vergewaltigungsszenen entstehen. Sie biss die Zähne zusammen; ihre Hände verkrampften sich über den Knien. Sie brauchte eine kleine Ewigkeit, bis sie sich halbwegs beruhigte. Noch waren die Kerle schließlich nicht über sie hergefallen.

      Noch nicht!

      Aber das konnte sich schnell ändern. Dann nämlich, wenn sie sich sicherer fühlten, wenn sie glaubten, einen ausreichenden Vorsprung zu haben.

      Auf einmal war die Idee da. Sie keimte in Sheilas Bewusstsein auf, ohne dass sie gezielt nach einem Ausweg gesucht hätte. Doch die Idee fraß sich in ihren Gedanken fest, nahm immer deutlichere Formen an und kristallisierte sich zur Lösung.

      Zur einzig machbaren Lösung.

      Doch sie konnte das nicht auf eigene Faust unternehmen. Zumindest mussten Barry und die Anderen Bescheid wissen. Aber wie, in aller Welt, sollte sie das anstellen? Sheilas Herz klopfte bis zum Hals. Nachdem die Aufregung abgeklungen war, sagte sie sich, dass sie es den Freunden zu verstehen gehen konnte. Ja, das musste möglich sein. Vor allem bei Barry musste es möglich sein. Er kannte ihr Wesen, ihre Grundsätze.

      Er würde ihr Verhalten zu beurteilen wissen.

      Und moralische Bedenken?

      Himmel, sie würde sich nicht selbst opfern!

      Sie würde nur so tun.

      Vorläufig hatte absolute Ruhe zu herrschen. Der Kahlkopf und der Rattengesichtige hatten es angeordnet. Caligula und Hondo. Die Ausbrecher hielten sich an die Befehle ihrer Anführer. Das war gut so. Sheila wusste, dass sie es dadurch leichter haben würde. Wo nicht durcheinander geredet wurde, entstand kein Chaos, konnte man sich eher auf das Wesentliche konzentrieren.

      Sheila fing an, die Blicke einzustufen, sie abzuschätzen.

      Sie tat es mit behutsamen Kopfbewegungen, doch zugleich deutlich genug, dass Barry es mitbekam. Lawrence Webster war rücksichtsvoll genug, seinen Kopf auf die angezogenen Knie zu betten, so dass Barry über ihn hinwegblicken konnte.

      Und Sheila las das Verstehen in Barrys Gesicht. Sie las seine stumme Zustimmung, gepaart mit Sorge - aber auch mit der Entschlossenheit, die Fäuste einzusetzen und allem ein Ende zu machen, wenn es ihm zu viel wurde. Dazu durfte es jedoch nicht kommen; Sheila versuchte, ihm das stumm zu signalisieren. Denn wenn er die Beherrschung verlor, konnte das ihrer aller Tod bedeuten.

      Zu Bob konnte sie sich nicht umdrehen. Sie musste Jims Partner daher mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen stellen. Doch sie hatte den Ex-Champion inzwischen so weit kennengelernt, dass sie wusste, wie schnell er sich auf neue, unverhoffte Situationen einstellen konnte.

      Dass Lawrence Webster ihr den Rücken zuwandte, hatte sich zufällig so ergeben. Allerdings war es weniger ein Zufall, dass sie Bob den Rücken zukehrte. Der Grund war ihre Sehnsucht, Barry wenigstens ansehen zu können.

      Und nun gewann dies alles eine völlig neue Bedeutung.

      Die Waffen, mit denen die Kerle sich behängt hatten, waren Nebensache geworden. Selbst ohne Waffen hätten sie sich als Übermacht unbezwingbar gefühlt. Sie waren absolut sicher, dass ihnen von den Geiseln nicht einmal der Hauch einer Gefahr drohte. Allein deshalb war es für die Ausbrecher nur natürlich, sich auf das zu konzentrieren, was sich ihnen so unverhofft bot.

      Eine Frau.

      Die meisten hatten Monate, manche sogar Jahre zugebracht, ohne eine Frau zu Gesicht zu bekommen. Eine Frau, die Wirklichkeit war und nicht eines von den Hochglanzfotos, die schon durch zig Hände gegangen waren.

      Und nun sahen sie Sheila North zum Greifen nahe vor sich. Eine blonde, sportliche Frau in Jeans und weißem T-Shirt. Dass sie keinen BH unter dem Shirt trug, machte die Dinge für Sheila einfacher. Sie konnte ihre weiblichen Waffen einsetzen, ohne gleich zu plumpen Mitteln greifen zu müssen.

      Nach und nach, während der Kenworth die Meilen fraß, fand Sheila heraus, wer ihr die gierigsten Blicke widmete.

      Da war einmal der Kahlkopf Caligula. Er saß links von ihr und hatte seine Maschinenpistole quer über den Knien liegen.

      Und dann war da dieser finster aussehende Vollbärtige, rechts von ihr, ein Stück weiter hinten, nicht weit von Direktor Webster entfernt. Den Namen des Vollbärtigen kannte Sheila nicht. Aber das spielte keine Rolle. Was zählte, war, dass er sie mit Blicken nahezu auffraß und seine Gier kaum noch zügeln konnte.

      Caligula hingegen war sich seiner Rolle als Anführer bewusst. Als Sheila anfing, seine Blicke zu erwidern, nahm er es mit selbstgefälliger Selbstverständlichkeit hin - so, als ob ihm ihre Zuneigung dienstgradmäßig zustünde.

      Dann, nach einem letzten tiefen Augenaufschlag der Blondine, wurde seiner Selbstgefälligkeit plötzlich der Boden unter den Füßen weggezogen.

      Denn Sheila schien auf einmal nur noch Augen für den Bärtigen zu haben, schien sich regelrecht zu ihm hingezogen zu fühlen.

      Der finstere Kerl konnte sich kaum noch unter Kontrolle halten. Er scheuchte die beiden Kumpane zu seiner Linken hoch, schob sich näher an Sheila heran und ließ die beiden rechts von sich sitzen.

      „Hey, Baby“, grunzte er. „Hier auf den Matratzen ist es ’ne ganze Ecke weicher. Hier bei mir...“

      Sheila schmachtete ihn an.

      Caligula fielen fast die Augen aus dem Kopf. Er öffnete und schloss den Mund wie ein Fisch auf dem Trockenen. Ein paarmal ging das so, ehe er imstande war, loszubrüllen.

      „Verdammt noch mal, Harrow, spinnst du? Hier ist Redeverbot! Kapiert? Und lass die Puppe in Ruhe! Die ist für dich ’ne Nummer zu...“

      „Ich spinne?“, überbrüllte Harrow den Schlangengesichtigen. „Ich hör wohl nicht richtig, was? Hölle und Teufel, du kannst rumkommandieren, soviel du willst, aber in meine Privatangelegenheiten mischst du dich nicht ein!“ Harrow saß auf dem Sprung, bereit, dem anderen jederzeit an die Gurgel zu gehen.

      „Privatangelegenheiten?“, höhnte Caligula. „Von was für Privatangelegenheiten redest du? Hier gibt’s für dich nichts Privates! Merk dir das!“

      „Aber für dich, was?“

      Das Gebrüll spitzte sich zu.

      Sheila zog den Kopf ein, tat erschrocken.

      Unvermittelt platzte Hondo der Geduldskragen. Der Rattengesichtige sprang auf, die MPI am langen Arm. „Jetzt reicht’s!“, schrie er. „Wenn da nicht gleich Schluss ist, gibt’s ’ne Ladung Blei, Harrow!“

      24

      Sie hatten die Orte Whitesboro und Muse hinter sich gelassen und fuhren nun auf den Rieh Mountain zu. Mehrere Wegweiser hatten schon darauf hingewiesen. An den Abzweigungen waren auch gelbe, handbeschriftete Schilder aufgestellt gewesen, die Jim aber bislang nicht hatte entziffern