Mühlviertler Grab. Eva Reichl

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Название Mühlviertler Grab
Автор произведения Eva Reichl
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839266069



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zog es heraus und sah auf das Display: Dominik Weber, der Gerichtsmediziner.

      »Grüß dich, Weber. Was gibt’s?«

      »Grüß dich, Stern. Euer Opfer ist tatsächlich ertrunken. Ich hab in seiner Lunge Wasser gefunden«, verkündete der Gerichtsmediziner etwas zu gut gelaunt, fand Stern.

      »Das erklärt dann auch seine nasse Kleidung. Wahrscheinlich wurde der Kopf gewaltsam unter Wasser gedrückt, da seine Sachen nur bis zur Brust feucht waren«, schlussfolgerte Stern. »Haben die Kollegen im Labor das Wasser aus der Lunge mit der Probe, die ich dir geschickt habe, schon verglichen?«

      »Äh …?« Anscheinend hatte Weber keinen blassen Schimmer, wovon Stern redete.

      »Weber?«, bellte Stern ins Telefon.

      »Ich bin hier, Oskar«, meldete sich der Angesprochene nun nicht mehr ganz so gut gelaunt. »Ich dachte, das Bründl-Wasser, das du mir geschickt hast, wäre für mich … ich meine, für mich persönlich, da ich ja auf solche Dinge stehe, du weißt schon …«

      »Was hast du damit gemacht?«, fragte Stern nichts Gutes ahnend.

      »Ich … ich hab’s getrunken«, verkündete Weber.

      »Du hast was?« Stern schnaubte. »Das war ein Beweismittel, Weber!«

      »Da stand nur ›Bründl-Wasser für Weber‹ oben«, erklärte der Gerichtsmediziner. Er hatte wohl angenommen, es wäre ein Geschenk für ihn, eine kleine Aufmerksamkeit unter Kollegen quasi. Was ihm, wenn er eine Sekunde darüber nachgedacht hätte, seltsam hätte vorkommen müssen.

      »Ja, weil du es untersuchen solltest, du …!« Stern brauchte einen Augenblick, um sich zu beruhigen. Anschließend sagte er, dass sie jetzt seinetwegen noch einmal zum Maria Bründl fahren müssten, um eine Vergleichsprobe zu holen, die Weber dann – zum Teufel noch mal – mit dem Wasser in der Lunge des Opfers abgleichen solle. Und zwar unverzüglich und auf der Stelle, sobald die Probe bei ihm eintreffe. Es dürfe keine Verzögerung mehr geben, denn sonst …

      »Alles klar. Kein Problem! Danke, Oskar!« Dem Gerichtsmediziner war die Erleichterung selbst durch das Handy anzuhören, und Stern beendete das Telefonat mit einem aufgebrachten Tippen auf den roten Hörer auf dem Display.

      »Was ist passiert?«, wollte Grünbrecht wissen.

      Stern schnaubte noch immer, entschied sich aber für eine halbwegs disziplinierte Antwort: »Weber hat das Bründl-Wasser ausgesoffen.«

      »Nicht wahr?«

      »Doch!«

      Die Gruppeninspektorin lachte.

      »Was ist daran witzig?«, fragte Stern echauffiert.

      Grünbrecht bemühte sich, die Sache etwas ernster zu nehmen. »Nichts, Chef«, sagte sie, obwohl ihre Mundwinkel verräterisch zuckten. Dass Weber Beweismaterial trank, weil er es als Geschenk von Stern ansah, empfand sie mehr als unterhaltsam. Wenn das die Runde im LKA machte …

      »Wir müssen noch mal zur Quelle und eine weitere Probe holen«, spuckte der Chefinspektor aus, als hätte er etwas Giftiges im Mund.

      »Ja, Chef«, gluckste Grünbrecht, und Stern rollte genervt mit den Augen.

      Gott sei Dank hielten sie in diesem Augenblick vor dem Haus des Witwers an. Der Chefinspektor stieß die Tür des Audis auf und stieg aus. Ihm fiel sofort die Rollstuhlrampe beim Eingang auf, die nachträglich angebracht worden zu sein schien. Ein Zeichen, dass sie hier richtig waren.

      Nach mehrmaligem Läuten wurde ihnen die Tür geöffnet. »Herr Eckinger?«, fragte Stern den Mann im Rollstuhl vor sich, obwohl er sich sicher war, dass er der Ehemann des Unfallopfers von vor einem Jahr sein musste. So viele querschnittsgelähmte Menschen gab es in St. Oswald bestimmt nicht.

      »Richtig, Manuel Eckinger. Und wer sind Sie?« Eckinger kam bis ganz nach vorn an die Haustürkante gerollt, die mit Holzkeilen entschärft worden war, damit er bequem darüberfahren konnte.

      »Chefinspektor Oskar Stern, das ist meine Kollegin Gruppeninspektorin Mara Grünbrecht. Wir sind vom Landeskriminalamt Oberösterreich in Linz und untersuchen den Mord an Oliver Koch. Dürfen wir reinkommen?«

      »Oliver Koch? Der Politiker? Darf ich frag’n, was Sie von mir woll’n?« Eckinger machte keinerlei Anstalten, den Weg ins Haus freizugeben.

      »Das würden wir lieber drinnen mit Ihnen besprechen«, antwortete Stern.

      Eckinger wendete den Rollstuhl und fuhr den Beamten voraus ins Wohnzimmer. Das gesamte Haus war behindertengerecht umgebaut und die Einrichtung entsprechend angepasst worden. Die obersten Regale waren leer, sodass Eckinger alles bequem von seiner Position im Rollstuhl erreichen konnte. Die Teppiche hatte man entfernt, das erkannte Stern anhand von hellen Umrissen am Boden. An der Treppe ins Obergeschoss war ein Lift montiert, und Stern fiel auf, dass alle Türen im Erdgeschoss fehlten.

      »Kaffee?«, fragte Eckinger.

      »Gerne«, antwortete Stern.

      »Milch? Zucker?«

      »Schwarz.«

      »Und für Sie?« Eckinger blickte Grünbrecht aus seinen blauen Augen an, die einst bestimmt jedes Mädchenherz zum Schmelzen gebracht hatten. Er fixierte die Gruppeninspektorin wie eine Schlange ein Kaninchen. Dass sie ihm gefiel, war unschwer zu übersehen.

      »Für mich bitte mit Milch«, antwortete Grünbrecht, die sich ihrer Wirkung auf Manuel Eckinger durchaus bewusst zu sein schien.

      »Bitte nehmen Sie Platz.« Eckinger deutete auf eine Essgruppe. An der Frontseite des Tisches fehlte ein Stuhl, damit er dort mit dem Rollstuhl ranfahren konnte.

      »Ich helfe Ihnen …«

      »Des schaff’ ich schon!«, unterbrach Eckinger die Gruppeninspektorin mit einem Lächeln, das nicht über seinen Unmut hinwegtäuschen konnte. Immerhin lebte er nun schon seit einem Jahr in dieser Situation. Er kam gut allein zurecht.

      »Natürlich.« Grünbrecht war ihr Verhalten sofort unangenehm.

      »Ich nehme an, dass Sie mit mir reden woll’n, weil dieser Koch auf dem Grab meiner Frau gefund’n word’n ist«, sagte Eckinger, während er den Kriminalbeamten den Rücken zuwandte und in der Küche hantierte. »Die Spatzen pfeifen’s bereits von den St. Oswalder Dächern.«

      »Genau deswegen sind wir hier«, bestätigte Stern Eckingers Vermutung.

      »Wissen S’ schon, wer ihn ermordet hat?«, fragte Eckinger und holte Zucker aus einem Regal und Milch aus dem Kühlschrank.

      »Nein, dafür ist es noch zu früh«, beantwortete Stern Eckingers Frage.

      »Dann wissen S’ wahrscheinlich auch net, warum man ihn auf dem Grab meiner Frau abg’legt, abg’stellt, zurückg’lassen hat – oder wie immer man das bezeichnen will?«

      »Sie sind erstaunlich gut informiert.« Stern wusste, dass sich der Tratsch und Klatsch auf dem Land schneller verbreitete als eine wichtige Info am Landeskriminalamt.

      »In einem kleinen Ort wie St. Oswald spricht sich so etwas rasch herum«, bestätigte Eckinger Sterns Vermutung.

      »Ich hatte zuvor den Eindruck, dass Sie überrascht waren.«

      »Nur wesweg’n S’ deshalb zu mir kommen.«

      »Wir hatten gehofft, dass Sie uns weiterhelfen können.« Stern nahm einen Schluck Kaffee, der mittlerweile vor ihm auf dem Tisch stand. »Haben Koch und Ihre Frau einander gekannt?«

      Eckinger schien zu überlegen. »Natürlich haben die sich g’kannt. St. Oswald ist ein kleines Kaff, da kennt jeder jeden. Wenn auch net gut, dann zumindest flüchtig.«

      »Wie gut haben die beiden sich gekannt?«, hakte Grünbrecht nach.

      »Ich würd’ sagen, net so gut. Man hat sich halt auf der Straß’ g’grüßt. Mehr war da net«, erklärte Eckinger und gesellte sich zu ihnen an den Tisch.

      »Glauben