Название | Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht |
---|---|
Автор произведения | Anne Hahn |
Жанр | |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811447066 |
44
Das Trennungsgebot findet seinen Ausdruck in einer Reihe weiterer Vorgaben. So sind etwa eine Vermischung von Programm und Werbung in Form der Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken ausdrücklich untersagt, § 7 Abs. 7 S. 1 RStV.[134] Das Programm darf inhaltlich und redaktionell weder von der Werbung noch von Werbetreibenden beeinflusst werden, § 7 Abs. 2 S. 2 RStV. Auch dürfen keine unterschwelligen Techniken eingesetzt werden, § 7 Abs. 3 S. 2 RStV.[135] Neben einer Reihe von Kennzeichnungsvorschriften gilt das generelle Verbot der Irreführung der Verbraucher.[136] Verstöße gegen diese und andere in § 7 RStV statuierten Gebote und Verbote sind nicht nur weitgehend bußgeldbewehrt (§ 49 Abs. 1 Nr. 2–9, Abs. 2 RStV), sondern sie können auch wettbewerbsrechtlich relevant sein.[137]
II. Schleichwerbung
45
Einen Verstoß gegen das Trennungsgebot stellt regelmäßig die Schleichwerbung dar. Sie ist gem. § 7 Abs. 7 S. 1 RStV ausdrücklich verboten. Schleichwerbung liegt nach § 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV in der Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und mangels Kennzeichnung die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Entscheidendes Merkmal der Schleichwerbung ist die Integration der Werbung in die Sendung. Ihre Unzulässigkeit bedingt sich durch die Irreführung des Rezipienten über die nicht redaktionell begründete, sondern vielmehr werbliche Intention der Erwähnung oder Darstellung etwa bekannter Markenartikel, wenn eine entsprechende Kennzeichnung der Sendung fehlt. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt nach der Definition der Schleichwerbung insbesondere dann als vom Veranstalter zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt. Das Merkmal der Entgeltlichkeit ist für die Schleichwerbung indes nur Indiz, nicht hingegen wie bei der Werbung (mit Ausnahme der Eigenwerbung) konstitutives Merkmal. Zur Feststellung der Werbeabsicht bedarf es daher regelmäßig einer wertenden Gesamtbetrachtung, ob die in eine Sendung integrierte werbliche Darstellung eines Produkts noch durch programmlich-redaktionelle Erfordernisse gerechtfertigt ist.[138] Auch Erwähnungen und Darstellungen in fremd produzierten Sendungen, d.h. in Ko-, Auftrags- und Kaufproduktionen, sind dem Rundfunkveranstalter u.U. als Werbeabsicht zuzurechnen.[139] Ein starkes Indiz für eine Werbeabsicht kann sein, dass etwa eine vergünstigte Überlassung der Übertragungsrechte an die Mitausstrahlung von Werbung gekoppelt ist.[140] Nach Ansicht des BVerwG übernimmt ein Rundfunkveranstalter, der eine fremdproduzierte Sendung ausstrahlt, jedoch auch in programmlich-redaktioneller Hinsicht deren Konzept.[141] Insofern kann ebenso eine Gesamtbetrachtung eine Werbeabsicht indizieren.
46
Abzugrenzen von der unzulässigen Schleichwerbung ist die mit dem 13. RÄStV eingeführte (zulässige) Produktplatzierung. Produktplatzierung war als besondere Form der programmintegrierten Werbung zuvor nicht ausdrücklich geregelt, jedoch insofern als unzulässig zu bewerten, als sie regelmäßig gegen das Trennungsgebot bzw. Schleichwerbeverbot verstieß. Produktplatzierung hatte sich dennoch, sowohl in Kinospielfilmen als auch in Fernsehproduktionen, unter Ausnutzung der regulatorischen Spielräume[142] zu einer gängigen Praxis entwickelt.[143] Der vor diesem Hintergrund vorgenommenen Liberalisierung auf europäischer Ebene wurde, ungeachtet des verbliebenen Umsetzungsspielraums,[144] in Deutschland weitgehend gefolgt.[145]
1. Indizien für Schleichwerbung
47
Ob die Darstellung von Waren oder Dienstleistungen in einer Sendung absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist, ist im Einzelfall anhand von objektiven Indizien festzustellen, die unter Beachtung der Programmfreiheit des Veranstalters und seines redaktionellen Gestaltungsspielraums ermittelt werden müssen.[146] Sie müssen auf einen zielgerichteten Erfolgswillen beim Rundfunkveranstalter hinweisen; allein das Wissen um eine Werbewirkung oder deren Inkaufnahme genügt nicht.[147] Wichtiges Indiz kann einerseits eine vom Werbepartner erbrachte Gegenleistung für die Darstellung oder Erwähnung sein. Diese kann dem Sender, seinen Angestellten oder freien Mitarbeitern, Kameraleuten, Regisseuren oder auch vermittelnden Werbeagenturen zugeflossen sein.[148] Neben der Zahlung von Geld kommt hier etwa das kostenlose oder vergünstigte Zurverfügungstellen von Requisiten, Dienstleistungen oder sendefähigem Material in Betracht. Ein Indiz liegt andererseits aber insbesondere auch dann vor, wenn
– | eine vertragliche Verpflichtung für die Einbindung von Unternehmen, Marken oder Produkten besteht, |
– | bereits bei der Entstehung eines Beitrags oder Films eine Programmintegration geplant wird, |
– | die Produktions- oder Lizenzkosten ungewöhnlich gering sind, |
– | die Werbewirkung übermäßig intensiv ist oder |
– | die Art, Dauer und Intensität der Darstellung bzw. Erwähnung redaktionell nicht gerechtfertigt ist. |
2. Redaktionelle Veranlassung
48
Von einer Werbeabsicht kann dann nicht ausgegangen werden, wenn die Erwähnung konkreter Waren oder Dienstleistungen der Lebenswirklichkeit entspricht oder eine redaktionelle Veranlassung für ihre Einbindung in eine Sendung besteht.[149] Werbung muss und kann „als Bestandteil der realen Umwelt bei Berichten und Darstellungen aus dieser Umwelt nicht künstlich ausgespart werden“.[150]
49
Bei Eigen- und Auftragsproduktionen kann und muss hingegen darauf hingewirkt werden, dass eine übermäßige Werbewirkung durch die Darstellung von Waren oder Markennamen vermieden wird. Bei der Einblendung kleinerer Gegenstände ist dies in der Regel möglich, indem z.B. Namen überklebt oder neutrale Verpackungen verwendet werden. Zuweilen lässt sich eine Einblendung von Produkten oder gängigen Marken jedoch auch nicht vermeiden.[151] Soweit die Einbindung von Waren oder Dienstleistungen der Abbildung von „Lebenswirklichkeit“ dient, ist sie – erfasst vom verfassungsrechtlich geschützten Programmauftrag –[152] als zulässig anzusehen. In diesen Fällen spricht das Indiz gegen eine Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters,[153] wenn die Darstellung nicht übermäßig häufig oder besonders präsent im Bild erfolgt. Die Darstellung von Produkten ist darüber hinaus auch möglich, wenn ein redaktioneller Anlass hierfür besteht. So ist z.B. das Zeigen einer Zeitschrift dann zulässig (und gem. § 63 UrhG u.U. sogar geboten), wenn diese etwa als Quelle der Information dient.
50
Dementsprechend ist in Ziff. 4 Abs. 3 Nr. 3 WerbeRL/Fernsehen das Schleichwerbeverbot dahingehend konkretisiert, dass das Darstellen von Waren oder deren Herstellern bzw. von Dienstleistungen oder deren Anbietern nicht als Schleichwerbung angesehen wird, wenn dies aus überwiegend programmlich-dramaturgischen Gründen erfolgt oder Information zur Verdeutlichung des Inhalts der Sendung ist.
51
Vor diesem Hintergrund ist auch die Darstellung von Namen und Marken bei der Sportberichterstattung