Название | Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht |
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Автор произведения | Anne Hahn |
Жанр | |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811447066 |
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Im Folgenden sollen die wettbewerbsrechtlichen Aspekte der Werbung in den Medien dargestellt werden, insbesondere im Rundfunk, daneben aber auch in der Presse. Wettbewerbsrechtlich relevant können insbesondere kritische Berichte über eigene oder fremde Produkte und die werbliche Einbindung von Produkten sein. Ein Augenmerk wird daher auf die Verbote unterschwelliger und getarnter Werbung gelegt.
1. Geschäftliche Handlung und objektiver Zusammenhang
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Für die Anwendbarkeit des UWG muss zunächst eine geschäftliche Handlung vorliegen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG).[33] Eine geschäftliche Handlung ist jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke, als Dienstleistungen auch Rechte und Verpflichtungen.
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Das wettbewerbsrechtlich relevante Verhalten kann aus einem Tun oder Unterlassen bestehen. In Art. 2 lit. d UGP-Richtlinie ist als konkretes Beispiel einer Geschäftspraktik die „kommerzielle Mitteilung einschließlich Werbung und Marketing“ angeführt. Das Verhalten bedarf wie bisher eines Unternehmensbezugs.
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Auch nach der UWG-Novelle 2015 ist wesentliches Tatbestandsmerkmal der objektive Zusammenhang.[34] Die Auslegung des Erfordernisses des objektiven Zusammenhangs muss anhand des Schutzzwecks der UGP-Richtlinie erfolgen und bedarf zur verbindlichen Klärung weiterhin der Rechtsprechung.[35] Aus dem Erwägungsgrund 7 S. 1 und 2 der UGP-Richtlinie ist jedoch zu schließen, dass ein objektiver Zusammenhang zwischen Handlung und Absatzförderung anzunehmen ist, wenn die Handlung das Ziel hat, die geschäftlichen Entscheidungen des Verbrauchers in Bezug auf Produkte zu beeinflussen. Für diese Auslegung spricht auch die Erwähnung der Werbung in der Richtlinie. Auch redaktionelle Beiträge sind nach dem Kriterium des objektiven Zusammenhangs zwischen Handlung und Absatzförderung zu beurteilen. Ein objektiver Zusammenhang liegt nicht vor, wenn ein Beitrag nur der Information und Meinungsbildung dient. Die Beurteilung erfolgt anhand der bisherigen Maßstäbe. Maßgeblich ist, ob ein Beitrag vorrangig der Werbung dient. Eine Werbung ist im Hinblick auf die Presse- und Rundfunkfreiheit nicht bereits dann anzunehmen, wenn der Beitrag objektiv geeignet ist, den Absatz eines fremden Unternehmens zu fördern. So fehlt es z.B. an einer geschäftlichen Handlung, wenn ein wissenschaftlicher Beitrag allenfalls reflexartige Auswirkungen auf den Markt habe und bei objektiver Betrachtung nicht dem Ziel der Absatzförderung diene, dies ggf. sogar bei Drittmittelförderung.[36] Wenn das geförderte Unternehmen ein Entgelt bezahlt hat, liegt jedoch immer ein objektiver Zusammenhang und damit eine geschäftliche Handlung vor. Eigenwerbung ist ebenfalls stets eine geschäftliche Handlung.[37]
2. Vor der Novelle 2008: Wettbewerbsförderungsabsicht
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Für Handlungen, die vor der Novelle 2008 stattgefunden haben, ist als subjektive Komponente zusätzlich noch die Wettbewerbsförderungsabsicht erforderlich: In der Regel begründet das objektive Vorliegen einer Wettbewerbshandlung die Vermutung einer Wettbewerbsabsicht. Eine Ausnahme von dieser Regel gilt jedoch für Presse, Rundfunk und Telemedien, wenn diese im Rahmen ihrer Berichterstattung in den Wettbewerb eingreifen.[38] Die Wettbewerbsförderungsabsicht als subjektive Voraussetzung fehlt demgemäß in der Regel, wenn Medienunternehmen oder Journalisten über Produkte berichten oder diese kritisieren.[39] Derartige Stellungnahmen sind Ausfluss der freien Berichterstattung,[40] auch wenn diese sich faktisch auf Mitbewerber auswirken können. In derartigen Fällen kann die Wettbewerbsförderungsabsicht nicht vermutet werden, sondern muss positiv festgestellt werden.[41] Die Privilegierung findet allerdings nur im publizistischen Kernbereich Anwendung und nicht im Rahmen des Werbe- und Anzeigengeschäfts.[42]
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Anders zu beurteilen sind jedoch Fälle, in denen Wettbewerber Produkte in redaktionellen Berichten bewerben wollen. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen Berichten durch Personen, die außerhalb des Medienunternehmens stehen und eigenen Berichten des Medienunternehmens. Im ersten Fall reicht allein der Umstand, dass Autoren für ein Unternehmen tätig sind, das sie hervorheben, noch nicht für eine Wettbewerbsförderungsabsicht i.S.d. UWG-Novelle 2004. Es müssen weitere Umstände hinzukommen wie z.B. eine Nennung des Arbeitgebers, auch wenn diese nicht erforderlich ist.[43] Erfolgt eine Produktempfehlung wie im zweiten Fall durch das Medienunternehmen selbst, kommt es darauf an, ob eine werbliche Hervorhebung vorliegt. Eine solche ist unzulässig. Liegt keine werbliche Hervorhebung vor, ist in einer Produktempfehlung nicht unbedingt ein Wettbewerbsverstoß zu sehen.[44] Es ist vielmehr an den Unternehmen, Berichte in eigener journalistischer Verantwortung zu erstellen. Gesondert zu betrachten sind jedoch Fälle, in denen ein Unternehmen am Erfolg eines Produkts beteiligt ist. Dann kann Wettbewerbsförderungsabsicht vorliegen.[45] Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang auch Fälle, in denen Interviewpartner oder Gäste einer Sendung Produkte erwähnen. Wenn dies vorher abgesprochen war, kann darin eine Wettbewerbsförderungsabsicht liegen. Wenn keine Absprache vorliegt, ist der Moderator angehalten, eventuelle Werbung durch Lenkung des Gesprächs zu verhindern.
III. Verbot unterschwelliger Werbung
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Die unterschwellige Werbung fiel vor der Novelle 2015 als Unterfall der menschenverachtenden Werbung unter § 4 Nr. 1 UWG 2008. § 4 Nr. 1 UWG 2008 ist nun in § 4a UWG über aggressive geschäftliche Handlungen aufgenommen worden.[46] Danach handelt unlauter, wer eine aggressive geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die dieser andernfalls nicht getroffen hätte. § 4a UWG bezweckt den Schutz der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer[47] und ist erst zu prüfen, wenn kein Tatbestandsmerkmal des Anhang § 3 Abs. 3 UWG erfüllt ist.[48]
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Die unterschwellige Werbung kann nach der UWG-Reform 2015 als aggressiv gem. § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 (Nötigung einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt) oder Nr. 3 UWG (unzulässige Beeinflussung) einzuordnen sein. [49] Das Verbot des § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG enthält in Übereinstimmung mit Art. 8 UGP-Richtlinie den Aggressionstatbestand der Nötigung.[50] Hier können sich Schnittmengen mit Tatbeständen des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ergeben. Darüber hinaus überschneidet sich der Nötigungstatbestand des Nr. 2 mit der unzulässigen Beeinflussung nach Nr. 3, ohne dass eine exakte Abgrenzung möglich ist. Eine trennscharfe Unterscheidung ist allerdings auch