Markenrecht. Jennifer Fraser

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Название Markenrecht
Автор произведения Jennifer Fraser
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Год выпуска 0
isbn 9783811456518



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eine völlig identische Farbe aufweisen, da nicht ein Farbton, sondern ausschließlich die konkrete Farbe geschützt werden soll (BGH GRUR 2004, 151 – Farbmarkenverletzung I; GRUR 2004, 154 – Farbmarkenverletzung II; GRUR 2002, 427; GRUR 2001, 1154 – Farbmarke violettfarben; GRUR 1999, 491 – Farbmarke gelb/schwarz; Theißen GRUR 2004, 729, 731; Grabrucker WRP 2000, 1340, 1341). Auch eine schwarz-weiße Marke ist nicht mit einer farblich ausgestalteten Marke identisch (BGH MarkenR 2015, 433, Rn 16 – BMW-Emblem, juris; Büscher GRUR 2015, 305, 310), wie es auch der „Gemeinsamen Mitteilung zur geimensamen Praxis zum Schutzbereich von schwarz-weißen Marken“ des EUIPO v 15.4.2014 (abrufbar unter www.dpma.de) entspricht. Die Übereinstimmung muss nach der HKS-Klassifizierung oder dem RAL-System gegeben sein, eine Umrechnung des einen Systems auf das andere ist praktisch unmöglich (Füller MarkenR 2007, 365, 367).

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      Maßgeblich ist immer der Gesamteindruck der gegenüberstehenden Marken. Ein Weglassen eines beschreibenden Bestandteiles soll dagegen genauso wenig einer Identität entgegenstehen (BPatG GRUR 2001, 58 – COBRA CROSS) wie (insb im Verletzerverfahren nach § 14 Abs 2 Nr 1) ausschließlich die Verwendung des beschreibenden Bestandteiles (BGH GRUR 2005, 423 – Staubsaugerfiltertüten; GRUR 2001, 164 ff – Wintergarten; OLG Köln GRUR 2001, 525 – Online).

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      Es reicht dagegen nicht aus, dass die gegenüberstehenden Zeichen nur phonetisch (Füller MarkenR 2007, 365, 366) oder begrifflich (BPatGE 22, 180 – ESPADA/Sword, die beide „Schwert“ bedeuten, sollen nicht einmal ähnlich sein) identisch sind.

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      Hinsichtlich der Waren- bzw Dienstleistungen ist eine Identität der Art erforderlich, aber auch ausreichend. Es kommt nicht auf eine begriffliche Identität der gegenüberstehenden Waren- bzw Dienstleistungsverzeichnisse an, die konkrete Formulierung ist nicht maßgeblich.

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      Problematisch ist diesbezüglich die Feststellung einer Waren- bzw Dienstleistungsidentität, wenn eine der gegenüberstehenden Marken für einen Oberbegriff, die andere für konkrete Einzelwaren oder -dienstleistungen eingetragen ist. Eine Identität liegt dann vor, wenn die ältere Marke für einen Oberbegriff registriert ist, die jüngere Marke Waren oder Dienstleistungen betrifft, die ausschließlich unter den Oberbegriff einzuordnen sind (BPatG GRUR 2006, 338, 341 – DAX-Trail/DAX zum Oberbegriff Finanzwesen und einzelnen Finanzdienstleistungen; EuG GRURInt 2011, 743 – FLACO zum Oberbegriff landwirtschaftliche Maschinen und darunter fallende Melkmaschinen; Kur/v. Bomhard/Albrecht/Thalmeier § 14 Rn 252). Danach ist eine Identität beispielsweise gegeben, wenn die ältere Marke für Möbel (Klasse 20) registriert ist, die jüngere für Stühle (vgl auch das Beispiel Bekleidung ./. T-Shirts bei Ingerl/Rohnke § 14 Rn 289).

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      Sofern die ältere Marke hingegen für eine konkrete Ware bzw Dienstleistung eingetragen sein sollte und der Anmelder der jüngeren Marke einen Oberbegriff wählt, unter den die Ware bzw Dienstleistung der älteren Marke fällt, muss der Inhaber der älteren Marke seinen Widerspruch auf die für ihn geschützte Einzelware/-dienstleistung beschränken. Nur insoweit liegt eine Identität vor, die zur Teilidentität der Waren/Dienstleistungen führt. Nach § 9 Abs 1 Nr 1 ist nur der identische Teil herauszunehmen. Erst iRd Überprüfung einer Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs 1 Nr 2 kann auch die Notwendigkeit der Löschung des Oberbegriffes festgestellt werden (vgl Ingerl/Rohnke § 14 Rn 290).

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      Gleiches gilt iFd Gegenüberstehens zweier Oberbegriffe. Eine Identität iSd § 9 Abs 1 Nr 1 liegt nur für die Schnittmenge der Oberbegriffe vor (Beispiel: Schlafzimmermöbel ./. Schränke überschneiden sich lediglich hinsichtlich Schlafzimmerschränken; vgl auch das Beispiel Damenoberbekleidung ./. Lederbekleidung bei Ingerl/Rohnke § 14 Rn 291).

2. Verwechslungsschutz, § 9 Abs 1 Nr 2

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      Nach ständiger Rspr liegt eine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2 vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder ggf aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (BPatG Beschl v 2.7.2013, Az 33 W (pat) 30/11 Rn 23 – GIRODIAMANT/DIAMANT; EuGH MarkenR 2011, 338, 343 Rn 60 – stabilator/STABILAT; GRUR 2009, 56, 59 Rn 57 – INTEL/INTELMARK; MarkenR 2007, 315 Rn 33 – Limoncello/LIMONCHELO; Kur/v. Bomhard/Albrecht/Thalmeier § 14 Rn 257).

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      Die Kernregelungen bei der Prüfung gegenüberstehender Marken stellen in der Praxis die inhaltsgleichen Vorschriften der §§ 9 Abs 1 Nr 2 (als relatives Schutzhindernis im Eintragungsverfahren) und 14 Abs 2 Nr 2 (im Verletzerverfahren) dar. Beide Vorschriften sind einheitlich auszulegen (BGH GRUR 2002, 342, 345 – ASTRA/ESTRA-PUREN; GRUR 2001, 164, 166 – Wintergarten; EuGH GRUR 2008, 698 Rn 65 – O2; GRURInt 2000, 899 – adidas/Marca; Büscher/Dittmer/Schiwy/Büscher § 14 Rn 191). Eine einheitliche Auslegung ist zudem hinsichtlich der verschiedenen Markenarten gem § 4 (eingetragene Marke, Benutzungsmarke, Marke kraft Notorietät) vorzunehmen, womit die deutsche Regelung über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der MarkenRL hinausgeht, die nur eingetragene Marken betrifft. Es besteht folglich im Gegensatz zu §§ 9 Abs 1 Nr 3 und 14 Abs 2 Nr 3 der Schutz vor Verwechslungsgefahr zugunsten jeder Marke, auch wenn er nach den Gegebenheiten des Einzelfalles unterschiedlich weit reichen kann.

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      Unterschiedlich ist hingegen der Ausgangspunkt der zu beurteilenden Marken. Im Widerspruchsverfahren ist ausschließlich auf die eingetragene Form abzustellen (BGH MarkenR 2006, 402, 404 – Malteserkreuz; MarkenR 2002, 332, 334 – DKV/OKV), wohingegen im Verletzungsverfahren nach § 14 auf die konkrete Nutzung der Verletzungsmarke abzustellen ist.

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      Für die Beurteilung einer Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr 2 kommt es auf die Auffassung der maßgeblichen Verkehrskreise („für das Publikum“) an. Dabei sind jedoch nicht durch empirische Ermittlungen Gutachten darüber einzuholen, ob die Mehrheit des betroffenen Verkehrskreises eine Verwechslung