Название | Markenrecht |
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Автор произведения | Jennifer Fraser |
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Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811456518 |
2. Aktuelles und zukünftiges Freihaltungsbedürfnis
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Da § 8 Abs 2 Nr 2 auf die Eignung der Zeichen und Angaben abstellt, zur Beschreibung dienen zu können, ist nicht nur ein aktuelles, bereits bestehendes Freihaltungsbedürfnis sondern auch ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis zu prüfen. Die Unterscheidung zwischen aktuellem und zukünftigem Freihaltungsbedürfnis ist insb bei geographischen Herkunftsangaben von Bedeutung gewesen. Ein aktuelles, gegenwärtiges Freihaltungsbedürfnis soll an einer geographischen Herkunftsangabe nur dann bestehen, wenn bereits einschlägige Herstellungs-, Vertriebs- oder Leistungsunternehmen oder sonstige Anknüpfungspunkte an diesem Ort existieren (EuGH GRUR 1999, 723 – Chiemsee). Ist dies gegenwärtig nicht der Fall, sollte nach früherer Rspr nur dann ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis einer Eintragung entgegenstehen, wenn ernsthafte Anhaltspunkte für eine derartige Entwicklung gegeben sind. Hierzu gehören insb Vorbereitungshandlungen für eine entspr Produktion, wie sie etwa in einer Baugenehmigung oder Baumaßnahme hinsichtlich einer Fabrikationsstätte zum Ausdruck kommen können (BPatGE 27, 219, 222 – Augusta). Der BGH hatte die Unterscheidung zwischen aktuellem und künftigem Freihaltungsbedürfnis ausgedehnt auf alle beschreibenden Angaben. Danach soll nur bei bereits nachweisbarer Verwendung der fraglichen Angabe ein aktuelles Freihaltungsbedürfnis gegeben sein, während ein künftiges Freihaltungsbedürfnis die Feststellung von Tatsachen voraussetzen soll, die ein derartiges Bedürfnis der Mitbewerber an einer beschreibenden Verwendung wahrscheinlich machen (BGH GRUR 1995, 408, 410 – PROTECH; MarkenR 1999, 400, 402 – FÜNFER). Dem ist der EuGH in seiner Chiemsee-Entsch entgegengetreten, in der für ein künftiges Freihaltungsbedürfnis lediglich eine vernünftigerweise zu erwartende Entwicklung vorausgesetzt wird (EuGH GRUR 1999, 723 – Chiemsee; vgl auch Hackbarth MarkenR 1999, 330 f). Nunmehr sieht der BGH ein künftiges Freihaltungsbedürfnis bereits dann als gegeben an, wenn sich die fragliche Angabe zur Beschreibung von Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen eignet (BGH GRUR 2000, 882 f – Bücher für eine bessere Welt; so auch EuGH GRUR 2004, 146, 147 – Wrigley's Doublemint; GRUR 2004, 674; Postkantoor GRUR 2004, 674). Dass es sich bei der beschreibenden Angabe um eine Wortneuschöpfung handelt und der Anmelder der erste Verwender dieser Bezeichnung ist, hat für die Frage der Eintragungsfähigkeit keine Relevanz (BGH GRUR 2005, 578 – LOKMAUS; BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 68/11 – Glühkirsch). Damit hat die Unterscheidung zwischen aktuellem und künftigem Freihaltungsbedürfnis an praktischer Bedeutung verloren. Selbst für geografische Angaben ist sie nicht mehr so relevant, seit der BGH klargestellt hat, an geografische Angaben seien für die Eintragung keine anderen Anforderungen zu stellen als bei sonstigen Angaben (BGH GRUR 2003, 882, 883 – Lichtenstein; vgl auch Kahler GRUR 2003, 10, 11; vgl demgegenüber gegen eine zu weitgehende Ausweitung des Freihaltungsbedürfnisses bei geografischen Angaben BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 132/09 – St. Lucia).
3. Feststellung des Freihaltungsbedürfnisses
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Wie bereits zum zukünftigen Freihaltungsbedürfnis ausgeführt, ist zum Nachweis des Freihaltungsbedürfnisses grds eine bereits erfolgte Verwendung als Sachbeschreibung nicht erforderlich. Bereits aus einem lexikalischen Nachweis oder einer sprachüblichen Wortneuschöpfung kann sich die Eignung eines Begriffs ergeben, zur Beschreibung von Eigenschaften dienen zu können. Die Forderung nach einem Verwendungsnachweis ist schon deshalb nicht vertretbar, weil sonst der erstmalige Verwender einer beschreibenden Angabe diese durch Markenschutz monopolisieren könnte, wenn eine Verwendung in der Werbung nicht nachweisbar wäre; im Markenrecht spielen Gesichtspunkte einer neuheitsschädlichen Vorwegnahme keine Rolle (BPatG GRUR 2010, 338, 340 – Verlorene Generation). Auch der Wortlaut des § 8 Abs 2 Nr 2, wonach die fragliche Angabe zur Sachbeschreibung „dienen können“ muss, deutet darauf hin, dass es lediglich auf die objektive Eignung als beschreibende Bezeichnung und nicht auf eine tatsächliche Verwendung ankommt. Der BGH hat in den Entsch „Bücher für eine bessere Welt“(GRUR 2000, 882 f) und „marktfrisch“ (BGH WRP 2001, 1082, 1084 – marktfrisch) die Feststellung des Freihaltungsbedürfnisses ausdrücklich von der objektiven Eignung abhängig gemacht, mit der angemeldeten Bezeichnung die hierin enthaltene Sachangabe zum Ausdruck bringen zu können, ohne dass es darauf ankäme, dass ein entspr Verwendung bereits stattgefunden hat (vgl auch BGH WRP 2001, 1046, 1084 f – GENESCAN; EuGH GRUR 2004, 146, 147 – Wrigley's Doublemint; GRUR 2004, 674, 678 – Postkantoor, GRUR 2004, 680, 681 – BIOMILD; EuGH GRUR 2010, 534 – RANAHAUS). Deshalb ist ein Verwendungsnachweis auch nicht bei mehrdeutigen Begriffen zur Feststellung des Freihaltungsbedürfnisses erforderlich (BGH GRUR 2002, 64 f – INDIVIDUELLE), weil insoweit die Eignung einer Bedeutung zur Beschreibung für eine Schutzversagung ausreicht (EuGH GRUR 2004, 146 – Wrigley's Doublemint; GRUR 2008, 160, 162 – Hairtransfer; BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 524/11 – Rosa Markgräfler, was nicht ausschließt, dass die Mehrdeutigkeit eine gedankliche Analyse erfordert und deshalb die Eintragung zu gewähren ist (BGH GRUR 2009, 949, 951 – My World). Für die Feststellung eines Freihaltungsbedürfnisses kommt es nicht darauf an, ob der Anmelder an der fraglichen Bezeichnung ein Monopol hat. Die Eignung zur Verwendung als beschreibende Angabe ist unabhängig von der Person des Anmelders zu beurteilen (BGH WRP 2006, 475 – Casino Bremen; vgl auch BPatG PAVIS PROMA – 25 W (pat) 184/01 – Perinatalzentrum Osnabrück). Bei „Stadtwerke Bremen“, das zumindest mehrheitlich von der Stadt Bremen betrieben wird, ist als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen zu verstehen; auch eine künftige beschreibende Verwendung ist nicht zu erwarten (BGH GRUR 2017, 186 – Stadtwerke Bremen). Gibt es andere, möglicher Weise sogar bessere oder gebräuchlichere Bezeichnungen zur Beschreibung schließt dies das Freihaltungsbedürfnis freilich nicht aus (EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor; BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 64/08 – Hop on Hop off).
4. Fremdsprachige Bezeichnungen
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Die objektive Eignung zur Verwendung als beschreibende Angabe erfährt iRv § 8 Abs 2 Nr 2 bei fremdsprachigen Bezeichnungen eine Ausnahme. Selbst wenn die fragliche Angabe in der entspr Fremdsprache eine beschreibende Bedeutung hat, ist ein Freihaltungsbedürfnis grds nur dann gegeben, wenn diese Bedeutung in inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erkennbar ist (vgl auch EuGH MarkenR 2006, 157 – Matratzen Concord). Nur dann ist die Bezeichnung idR geeignet, im Inland als Sachbeschreibung dienen zu können. Dies wird idR bei englischen Ausdrücken, die in den inländischen Sprachgebrauch Eingang gefunden haben, der Fall