Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten. Frank Rehfeld

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Название Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten
Автор произведения Frank Rehfeld
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Год выпуска 0
isbn 9783956179129



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noch daran, es war ihr auch völlig gleichgültig. Es kam ihr vor, als würde die Kälte nicht nur durch ihre Kleidung kriechen und ihrem Körper immer mehr an Wärme entziehen, sondern als würde sie sich auch wie ein betäubender Schleier über ihren Geist legen und ihre Gedanken regelrecht einfrieren lassen. Sie wusste kaum noch, wer sie war, woher sie stammte, wie sie hierher gekommen war und wo sie hin wollte. Cavillon, der Hexenturm, in dem sie aufgewachsen war, Therion, der Luyan Dhor, Sharolan - zwar spukten die Namen noch durch ihren Kopf, doch es waren bloße Begriffe ohne Inhalt, mit denen sie nichts verband. Vielleicht existierten diese Orte in Wirklichkeit ja nicht einmal.

      Nicht zum ersten Mal fragte Miranya sich mittlerweile, ob es überhaupt noch eine Welt außerhalb dieser eisigen weißen Ödnis gab, oder ihre vermeintlichen Erinnerungen nicht in Wahrheit nur Traumfetzen waren, ob sie jemals etwas anderes getan hatte als zu frieren, sich mühsam im Sattel eines Pferde zu halten und in irgendwelchen kalten Höhlen auf dem Boden zu schlafen.

      Wenn ihr Zeitgefühl sie nicht völlig im Stich gelassen hatte, waren sie ziemlich früh am Morgen aufgebrochen, doch nach drei Tagen, die sie bei künstlichem Licht in der Höhle eingesperrt gewesen waren, ohne dass es draußen auch nur einmal hell geworden war, fiel es ihr schwer, das zu schätzen. Irgendwie quälte sie sich zusammen mit den anderen immer weiter vorwärts, ohne auch nur die geringste Orientierung zu haben, wo sie sich befand und in welche Richtung sie ritt.

      Alles in Miranya schrie nach einer Rast. Sie wollte sich einfach aus dem Sattel gleiten lassen und wenigstens ein paar Sekunden ausruhen, doch sie wusste, dass sie dann augenblicklich die Augen schließen und einschlafen würde, und es wäre ein Schlaf, aus dem es kein Erwachen mehr gäbe, weil sie unweigerlich binnen weniger Minuten erfrieren würde. Selbst das war ihr egal, doch irgendwo tief in ihrem Inneren gab es einen Teil von ihr, der immer noch am Leben hing und sie daran hinderte, der dunklen Verlockung ihrer Schwäche nachzugeben.

      Nach Stunden schließlich - Miranyas unsicherem Zeitgefühl zufolge musste es inzwischen Mittag sein - ließ das Unwetter merklich nach. Der Sturm flaute ab, und das Schneegestöber wurde weniger dicht, bis es bald darauf ganz aufhörte. Eine weitere halbe Stunde später riss vereinzelt sogar die dichte Wolkendecke auf und ließ einige wenige Sonnenstrahlen durch. Es war tatsächlich Mittag. Zum ersten Mal seit Tagen konnten sie nicht nur sehen, was sich in einem Umkreis von kaum einem halben Dutzend Schritte um sie herum befand, sondern hatten freie Sicht auf ihre gesamte Umgebung.

      Viel allerdings gab es nicht zu entdecken. Eine dichte Schneedecke hatte sich über das Land gelegt und alles unter sich begraben, es in eine weiße Wüstenlandschaft verwandelt, so weit man nur blicken konnte. Lediglich einige ebenfalls bis in die letzte Astspitze dick mit Schnee bedeckte Bäume ragten wie bizarre Skulpturen daraus empor.

      Dennoch schien es Miranya, als wäre eine schwere Last von ihr genommen worden. Es war nicht nur die Erleichterung, dem schmerzhaften eisigen Biss des Sturms nicht mehr länger ausgeliefert zu sein, obwohl auch dies einen Teil dazu beitrug. Wichtiger aber war es, nach drei Tagen Dunkelheit und Eingesperrtsein endlich wieder helles Tageslicht zu sehen und die schier endlose Weite um sich herum zu haben. Miranya hatte das Gefühl, als würde ihre Seele regelrecht aufatmen. Selbst ihre Gedanken begannen wieder schneller zu fließen, als hätten sie den Panzer aus Eis, der sie bislang umfangen hatte, gesprengt.

      An den Gesichtern der anderen, auch der Zwerge, konnte sie ablesen, dass es ihnen ebenso erging. Vielleicht waren gerade die Zwerge sogar am meisten erleichtert. Sie waren das feuchtwarme Klima der Todessümpfe gewohnt und mussten unter der Kälte hier ganz besonders leiden. Miranya konnte nicht anders, immer wieder glitt ihr Blick zu ihnen hinüber. Selbst nach den Stunden, die sie nun schon zusammen mit ihnen unterwegs war, stellten sie immer noch eine Besonderheit für sie dar. Sie benahmen sich ganz normal, lachten, scherzten, froren und fluchten über die Kälte. Abgesehen von ihrer geringeren Körpergröße, die beim Reiten allerdings ohnehin nicht so auffiel, benahmen sie sich also absolut menschlich, sodass sie sich fast gewaltsam ins Bewusstsein rufen musste, dass sie es hier wirklich und wahrhaftig mit Zwergen zu tun hatte, dem vielleicht geheimnisumwittertsten Volk Arcanas. Dies war eine einmalige Gelegenheit, mehr über sie herauszufinden, aber sie brachte es nicht fertig, auch nur eine einzige Frage an sie zu richten. Teils mochte es an ihrer Erschöpfung liegen, zum Teil aber auch daran, dass es so unendlich viele Fragen gab, dass sie nicht einmal wusste, welche sie zuerst stellen sollte. Sie wusste, wenn sie erst einmal anfing, würde sie gar nicht mehr aufhören können.

      Alles in allem hatte Miranya das Gefühl, als ob es beträchtlich wärmer geworden wäre, doch war dies wohl nur Einbildung, weil die Kälte ohne den heftigen Wind nicht mehr ganz so schmerzhaft spürbar war. Aber obwohl sie sich nun nicht mehr gegen den Sturm stemmen mussten und immerhin sehen konnten, wohin sie ritten, kamen sie dennoch nicht viel schneller als zuvor voran. Die Decke aus Pulverschnee sah trügerisch glatt aus, doch sie verdeckte alles, was sich darunter verbarg: Felsen und Buckel und handbreite Spalten im Erdreich, das Geäst erfrorener Büsche und zahlreiche andere Hindernisse, die ihre Pferde mehr als einmal zum Straucheln brachten.

      Im Schutz einer großen Felsgruppe, hinter der sich nur wenig Schnee angesammelt hatte, legten sie am frühen Nachmittag schließlich eine kurze Rast ein. Erschöpft ließ Miranya sich aus dem Sattel gleiten und setzte sich mit dem Rücken gegen einen der Felsen. Beinahe augenblicklich fielen ihr die Augen zu, doch als sie gerade einzuschlafen drohte, spürte sie eine Berührung an der Schulter. Als sie aufsah, entdeckte sie Maziroc, der neben sie getreten war. Er hielt eine Decke in der Hand.

      "Darf ich?", fragte er und deutete auf den Platz neben ihr.

      "Sicher." Das Sprechen fiel Miranya schwerer, als sie erwartet hatte. Selbst ihr Mund, ihre Zunge und ihre Stimmbänder schienen schon eingefroren zu sein. Mühsam raffte sie sich auf und rutschte ein Stück zur Seite, damit der Magier genug Platz hatte.

      "Auch wenn du müde bist, solltest du besser nicht einschlafen", sagte er, kaum dass er sich gesetzt hatte, und reichte ihr die Decke. "Aber falls es doch passiert, solltest du zumindest die hier nehmen."

      Miranya zwang sich zu einem Lächeln, doch sie spürte, dass es zu einer Grimasse verunglückte. "Ich bin so dick angezogen, wie es nur irgendwie geht, und trotzdem friere ich schon die ganze Zeit. Selbst wenn ich einschlafen sollte, werde ich wohl kaum während dieser Rast erfrieren."

      "Das wohl nicht, aber wenn du voll angezogen schläfst, selbst wenn es nur ein paar Minuten sind, und dich anschließend so wieder aufs Pferd setzt, wirst du umso mehr frieren. Zieh deinen Mantel aus und wickle dich in die Decke, das ist in jedem Fall besser."

      "Also gut." Schwerfällig schälte Miranya sich aus ihrem Pelzmantel, was sich als recht mühsam erwies, da der Mantel Feuchtigkeit aufgesogen hatte, die längst gefroren war und ihn fast bretthart machte. Es knisterte, als das Eis auf den Fellhaaren zersplitterte. Als sie ihn schließlich abgestreift hatte, fühlte sich Miranya der Kälte für einen Moment fast schutzlos ausgeliefert, obwohl sie auch darunter noch einen etwas dünneren Mantel und mehrere dicke Untergewänder trug. Rasch schlüpfte sie unter die Decke.

      "Danke", murmelte sie zähneklappernd. Obwohl sie längst erwachsen war, verhielt sich Maziroc wie ein Ersatzvater ihr gegenüber, und vermutlich empfand er auch so für sie. Schon seit sie aus Cavillon aufgebrochen waren, kümmerte er sich mit rührender Fürsorge um sie. Soweit sie wusste, hatte er niemals Kinder gehabt, und offenbar betrachtete er aus Gründen, die sie nicht kannte, ausgerechnet sie vorübergehend als eine Art Pflegetochter. Dabei brachte er das seltene Kunststück fertig, sie trotzdem nicht wie ein Kind zu behandeln. "Glaubst du, dass wir es noch über den Luyan Dhor schaffen?", fragte sie.

      Maziroc zögerte mit der Antwort. Schließlich jedoch schüttelte er den Kopf. "Nein", erwiderte er. "Selbst wenn es kein weiteres Unwetter gibt, behindert uns der Schnee, der bis jetzt gefallen ist, so sehr, dass wir noch mindestens zwei Wochen bis nach Therion brauchen. Und selbst wenn die Pässe über den Luyan Dhor jetzt noch frei sein sollten, sind sie bis dahin mit Sicherheit eingeschneit."

      "Und dann ist es wirklich unmöglich, sie zu passieren? Ich meine, ich spreche nicht von schwierig oder gefährlich, sondern von absolut unmöglich."

      "Ich fürchte, so ist es", erklärte der Magier. "Schon unter normalen