Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten. Frank Rehfeld

Читать онлайн.
Название Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten
Автор произведения Frank Rehfeld
Жанр
Серия
Издательство
Год выпуска 0
isbn 9783956179129



Скачать книгу

Reisenden in höchster Bedrängnis beigestanden haben sollte. Niemand, den Maziroc kannte, war diesem geheimnisvollen Retter tatsächlich jemals begegnet, doch das hatte der Legende keinen Abbruch getan. Nach und nach war Kenran'Del fast schon zu einem Schutzpatron der Reisenden und Karawanen geworden, dem so manches Gebet galt. Nichts als ein Aberglaube, aber wenigstens ein harmloser, auch wenn seine Existenz sich hartnäckig hielt, obwohl schon zahlreiche Prediger der verschiedenen Kirchen gegen diese heidnische Ketzerei zu Felde gezogen waren.

      "Unsinn!", entgegnete Eibon scharf und warf dem Krieger einen strafenden Blick zu, doch dieser dachte gar nicht daran, sich zu beruhigen.

      "Aber seht ihn Euch doch an, Herr, er sieht ganz genauso aus, wie Laron ihn beschrieben hat, als er von ihm vor dem Bären gerettet wurde. Und auch damals ist Kenran'Del auf die gleiche Art direkt aus dem Nichts ..."

      "Schweig!", donnerte Eibon. Selbst Maziroc zuckte unter der plötzlichen Schärfe in der Stimme des Elbenkönigs zusammen. "Das war vor fast dreißig Jahren, da muss dieser Mann noch ein Kind gewesen sein. Kenran'Del ist nichts als eine abergläubische Legende." Er trat einen Schritt auf den Fremden zu. "Und jetzt sag mir, wer du bist und was du willst, oder ich lasse dich auf der Stelle erschießen."

      Ein Lächeln glitt über das Gesicht des Mannes. Er schien keinerlei Angst zu haben.

      "Ihr habt selbst gerade gesagt, wer ich bin. Eine abergläubische Legende, wenn Ihr es so wollt. In den weiter entfernten Ländern im Norden und Osten denkt man das Gleiche über Euch, Eibon Bel Churio. Vereinzelt hört man sogar schon die Behauptung, es gäbe gar keine Elben, sie wären nur eine Sage."

      Die Augen des Elbenkönigs verengten sich zu schmalen Schlitzen. "Mir scheint, du verstehst mit Worten umzugehen, doch ansonsten scheinst du nur ein Possenreißer zu sein. Meine Geduld ist begrenzt, und ich habe weit Wichtigeres zu tun, als meine Zeit mit dir zu vergeuden. Also sag endlich, wer du bist."

      Der Fremde nickte, während sich sein Grinsen noch mehr vertiefte. Die ganze Zeit über bemühte sich Maziroc weiter, auch nur einen einzigen mentalen Impuls von ihm aufzufangen, doch es gelang ihm nicht, und das war eine beunruhigende Erfahrung.

      "Ohne mich werdet Ihr bald nur noch die ewige Zeit des Todes haben", behauptete der Mann hochmütig. "Euer Krieger hat recht. Ich bin Kenran'Del, doch da Ihr mir offenbar nicht glaubt, werde ich es Euch beweisen müssen. Haltet nur Eure Leute zurück."

      Langsam zog er sein Schwert und richtete es auf eines der Ungeheuer vor der Mauer. Gleich darauf zuckte ein greller Flammenblitz aus der Klinge und erfasste das Monstrum. Es loderte in einer grellen Stichflamme auf und zerfiel fast augenblicklich zu Asche.

      Maziroc konnte kaum glauben, was er gesehen hatte, zumal keinerlei Magie zu spüren gewesen war, obwohl der Blitz zweifelsfrei magischen Ursprungs gewesen sein musste.

      Auch die Elbenkrieger waren nicht minder verblüfft. Alles war so schnell gegangen, dass keiner von ihnen einen Pfeil abgeschossen hatte, obwohl der Blitz auch ihnen oder ihrem König hätte gelten können. Erschrecken und ungläubiges Staunen stand in ihren Gesichtern geschrieben.

      "Das Flammenschwert!", keuchte einer von ihnen.

      "Er ist wirklich Kenran'Del!", ergänzte ein anderer aufgeregt. Ohne dass Eibon ihnen einen entsprechenden Befehl erteilt hätte, senkten sie ihre Bögen; vermutlich wären sie ohnehin vor Überraschung gar nicht in der Lage gewesen, sie zu benutzen. Auch die Menschen und Elben auf dem Hof und den übrigen Wehrgängen hatten ihre Tätigkeiten unterbrochen und starrten zu ihnen herauf. Hätten die Ungeheuer in diesem Moment angegriffen, so wäre ihnen keinerlei Widerstand entgegengeschlagen.

      Eibon überwand seine Erstarrung als Erster.

      "Es passiert nicht alle Tage, dass man jemandem begegnet, dessen Existenz man nur für eine Legende gehalten hat", sagte er. Auch weiterhin zeigte sich Skepsis auf seinem Gesicht. "Ihr behauptet, Ihr wäret wirklich Kenran'Del?"

      "So ist es." Der Mann hatte sein Schwert wieder in die Scheide zurückgesteckt und kam ein paar Schritte näher. Einige der Elbenkrieger wichen zurück, und auch Maziroc hätte es ihnen am liebsten gleichgetan, doch er zwang sich, ebenso wie Eibon und Charalon stehen zu bleiben. "Welche Sagen andere um mich gestrickt haben, dafür bin ich nicht verantwortlich. Gelegentlich habe ich anderen geholfen, die in Not geraten waren, doch gewöhnlich zeige ich mich nur selten, weil ich es nach Möglichkeit vermeide, mich in die Angelegenheiten Eurer Welt einzumischen. Deshalb bin ich jedoch nicht weniger real als Ihr und Eure Begleiter, und was momentan auf Arcana geschieht, ist zu wichtig, als dass ich weiterhin nur schweigen und beobachten könnte."

      "Ihr sprecht von diesen ... diesen Ungeheuern?", hakte Eibon nach.

      "Den Damonen", bestätigte der Fremde. "Diesen Namen gab man ihnen auf einer anderen Welt, wo man sie anfangs ebenfalls für Dämonen hielt, und da er äußerst passend ist, wurde er von uns beibehalten."

      "Uns?", griff Eibon das Stichwort auf.

      "Es gibt noch andere wie mich auf anderen Welten", erklärte Kenran'Del ausweichend. "Wir sind ... Beobachter, wenn Ihr so wollt."

      "Ihr müsst ein Gesandter der Götter sein!", rief einer der Elben.

      Kenran'Del sah kurz zu ihm hinüber und schüttelte lächelnd den Kopf. "Ich habe nichts mit den Göttern zu tun, welchen auch immer", behauptete er. "Aber das spielt jetzt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass ich gekommen bin, um Euch zu helfen." Demonstrativ blickte er sich um. "Aber wir sollten dieses Gespräch im Haus fortsetzen, Ihr, Eibon Bel Churio, und Ihr, Charalon vom Orden der Magier. Ich habe einiges mit Euch zu bereden, doch was ich Euch sagen werde, ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Und möglicherweise hängt das weitere Schicksal dieser ganzen Welt davon ab."

      *

      Für Mazirocs Geschmack war seit Eibons Eintreffen in Cavillon bereits ein bisschen zu oft das Schicksal der gesamten Welt beschworen worden, dennoch bedauerte er es schon aus purer Neugierde, von dem Gespräch ausgeschlossen zu sein. Hätte er eine entsprechende Bitte an Charalon gerichtet, wäre dieser ihr vermutlich nachgekommen und hätte auf seiner Teilnahme bestanden. Einen Moment lang hatte Maziroc tatsächlich mit diesem Gedanken gespielt, dann aber doch darauf verzichtet. Kenran'Del hatte ausdrücklich nur mit Charalon und Eibon sprechen wollen, und es war anzunehmen, dass er seine Gründe dafür hatte.

      Solange Eibon sich im Haus befand, führte Bayron das Kommando über die Krieger. Zwar hatte Kenran'Del behauptet, innerhalb der nächsten zwei, drei Stunden wäre aus irgendwelchen Gründen kein Angriff der Ungeheuer zu erwarten, doch wollte der Gardegeneral nicht allein darauf vertrauen. Unter seiner Anleitung waren der beschädigte Torflügel sowie die beiden Katapulte an den Eckseiten der Mauern repariert worden, und zahlreiche Fackeln waren auf dem Hof entzündet worden, außerdem hatte er sowohl seine Soldaten wie auch die Elbenkrieger nach strategischen Gesichtspunkten auf den Mauern verteilt, hatte ihnen jedoch befohlen, nur im Fall eines Angriffs von Pfeil und Bogen Gebrauch zu machen, um nicht selbst einen solchen zu provozieren.

      Die meiste Zeit über hielt sich auch Maziroc auf den Mauern auf, obwohl Bayron ihm dringend davon abgeraten hatte. Noch war nicht bekannt, ob sie es wirklich nur mit tierartigen Ungeheuern zu tun hatten, oder ob nicht zumindest einige von ihnen über Intelligenz verfügten und Waffen bei sich trugen. Gegen einen heimtückischen Speerwurf oder Pfeilschuss wäre er hier oben nicht gewappnet, und sein Leben wäre zu kostbar, es auf diese Art unnötig zu riskieren.

      Im Grunde hatte er damit recht, doch Maziroc hielt es nicht aus, sich wie die anderen Magier und die beiden Vingala in sicherer Deckung zu verbergen. Er musste sehen, was um sie herum vorging, auch wenn es gegenwärtig nichts Neues zu sehen gab. Außerdem war ihm nur zu deutlich bewusst, dass es wirkliche Sicherheit hier ohnehin nicht gab. Sie waren alle verloren, egal, wo sie sich aufhielten, wenn sich die Damonen, wie Kenran'Del die Ungeheuer genannt hatte, erst einmal zu einem Angriff entschlossen, ganz egal, wie strategisch geschickt Bayron die Verteidigung organisiert haben mochte. Selbst mit aller Strategie und noch so großem Kampfgeist würden sich die wenigen Dutzend Krieger gegen