Название | Sonnenwarm und Regensanft - Band 3 |
---|---|
Автор произведения | Agnes M. Holdborg |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847605805 |
Noch ehe die anderen im Raum überhaupt begreifen konnten, was da gerade geschah, huschte Sentran ihr nach. Er bekam gerade noch mit, wie sein König aufstand, ohne das Gespräch mit Annas Eltern zu unterbrechen, und mit einem Achselzucken die Wohnzimmertür kurzerhand hinter Sentran und Lena zumachte.
Im Hausflur wähnte sich Lena offenbar in Sicherheit, wurde allerdings kreidebleich vor Schreck, als Sentran sich in voller Größe vor ihr aufbaute. Wie in Zeitlupe sackte sie in sich zusammen.
»Du lieber Himmel!«, rief er aus und fing sie auf.
Völlig konfus, mit einer seinem Dafürhalten nach zerbrechlichen Menschenfrau im Arm, lief er zunächst hilflos hin und her, entschied sich dann hastig für das untere kleine Gästebad des Hauses. Dort kühlte er ihr mit etwas Wasser die Stirn, in der Hoffnung, sie käme dadurch wieder zur Besinnung.
Er hatte ja schon früher durchaus mit Menschen und deren Welt zu tun gehabt. Hatte sich während seiner Ausbildung dorthin begeben, den Führerschein gemacht, ein paar ihrer Gewohnheiten studiert. Aber nie war er einem Menschen so nahegekommen wie jetzt. Nie hatte er befürchten müssen, einen Menschen verletzt zu haben.
Besorgt hielt er das hübsche, zierliche Mädchen weiter in den Armen und atmete erleichtert auf, als es endlich die Augen aufschlug. Seine Erleichterung wich allerdings rasch schierem Entsetzen, da Lena bei seinem Anblick anfing zu schreien und zu strampeln.
Am liebsten hätte er sie fallenlassen und wäre auf- und davongelaufen. Dieses Wesen machte ihn gänzlich verrückt. Doch dann riss er sich zusammen. Sie anzublicken war jedoch auch nicht von Vorteil, denn diese grau-grünen Augen nahmen ihn direkt gefangen und raubten ihm den Atem.
Zu viel ist zu viel!, dachte er verzweifelt, stellte Lena vorsichtig auf ihre Füße, raufte sich die langen Haare und sah Lena noch einmal an. Sentran seufzte. So konnte er sie doch nicht stehenlassen, so blass um die Nase und wackelig auf den Beinen. »Soll ich dir vielleicht etwas zu trinken holen? Du bist weiß wie ein Laken.« Endlich hatte er wieder herausgefunden, wie man sprach.
Nach erneuter Musterung vernahm er zutiefst beruhigt ihre Gedanken, die ihm preisgaben, wie peinlich sie ihr Geschrei fand. Froh darüber, dass sie wieder denken konnte, meinte er: »Stimmt, du hättest wirklich nicht gleich schreien müssen.«
»Das darf doch wohl nicht wahr sein«, stöhnte Lena. Immer noch wirkte sie ein bisschen kraftlos, so, als wäre ihr der Schreck ordentlich in die Glieder gefahren. »Werde ich denn hier die ganze Zeit durchleuchtet wie beim Röntgenarzt?«
»Ich weiß nicht, was ein Röntgenarzt ist, Lena, aber ich will dich ganz sicher nicht durchleuchten. Das liegt mir fern. Nur bin ich es halt nicht gewohnt, so laute Gedanken zu hören.«
»Na toll!«, fauchte sie. »Jetzt gib ruhig noch mir die Schuld, du, du …«
»Du, was?« Er hob spöttisch die Brauen. Keinesfalls wollte er seine Erleichterung darüber zu erkennen geben, dass das Mädchen vor lauter Zorn nun wieder etwas Farbe hatte. »Sprich dich ruhig aus. Ich werde auch mein Möglichstes tun, um nicht wieder in deinen hübschen Kopf zu gucken. Notfalls halte ich mir Augen und Ohren zu. – Oh, zur Sicherheit wohl auch noch die Nase, hätte ich so viele Hände.«
Damit hatte er sie augenscheinlich provoziert, so plötzlich, wie ihr bisschen Farbe zu einem Puterrot wechselte. Mehr noch, sie holte weit mit dem Arm aus, offenkundig in der Absicht, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. Sentran jedoch griff sich ihre Hand derart blitzartig, dass Lena ihn verdutzt anstarrte.
»Das lässt du lieber bleiben«, kommentierte er kühl, beließ es jedoch dabei – fast. »Es geht dir unverkennbar besser.« Allmählich kehrte der reservierte Wachmann in ihm zurück. »Komm, wir gehen wieder ins Wohnzimmer.« Er lockerte seinen Griff und wollte sie mit sich ziehen.
Lena jedoch versuchte, sich ihm zu widersetzen. »Lass mich einfach in Ruhe und verschwinde aus meinem Dunstkreis, verflixt noch mal!«
Sentran spürte, wie eine immense Wut in und an ihr nagte, die nicht allein ihm galt. Er hatte Verständnis dafür, kannte er doch dieses Gefühl nur zu gut und nur zu tief. Interessiert musterte er sie genauer. War sie auch ein Stückchen größer als ihre Schwester, befand er sie dennoch für winzig klein. Jetzt, nachdem sie sich von Schock und Wut einigermaßen erholt hatte, schimmerte ihre Haut hell und zart. Ihr Haar war von einer eigenartigen Farbe, fast weiß, aber lang und glänzend, wie er es gerne mochte. Auch ihre Kleidung gefiel ihm: hautenge dunkle Jeans und ein grauer Pulli, der trotz des Rollkragens mehr von ihrer Figur preisgab als verhüllte.
Allerdings vermied er es, ihr ein weiteres Mal in die Augen oder auf den Mund zu schauen. Denn er bemerkte, wie sehr ihn das irritierte. Und wenn er eins nicht wollte, dann die Aussicht, sich noch einmal von einer Frau verunsichern zu lassen. Nein, er würde sich nie mehr mit einer Frau einlassen, die ihm den Kopf verdrehen könnte. Egal, ob Elfe oder Mensch.
»Komm«, wiederholte er sich, »sie machen sich schon Sorgen um dich«, und brachte sie zurück zu den anderen.
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt
»Nein, Marius, habe ich nicht!«, raunzte Lena in ihr Handy. Sie schritt im Zimmer auf und ab, rieb sich entnervt die Stirn und blies die Wangen auf. »Pass auf, hör mir bitte ein letztes Mal zu!« Sie holte tief Luft. »Ich. Will. Dich. Nicht. Mehr. Sehen! Nie mehr! Es ist aus, verdammt noch mal! Verstehst du? Aus, aus, aus! Such dir ein anderes Opfer, das du nerven und herumkommandieren kannst!«
Sie stoppte den Redeschwall, der unaufhörlich aus ihrem Handy trötete, indem sie das Gespräch einfach wegdrückte und das Telefon dann aufs Bett warf.
»Gott, der Typ ist echt hartnäckig!«, rief sie wild mit den Armen fuchtelnd aus. »Und so einen Idioten hab ich mal süß gefunden. War ich da eigentlich blind, oder was?«
Anna hatte ihrer Schwester stillschweigend zugehört. »Ich fand den nie so prickelnd«, gab sie vorsichtig zu. »Er sieht zwar ziemlich schnuckelig aus, ist allerdings eher ein Kotzbrocken, denke ich. Jens hat wirklich recht. Du kannst froh sein, dass du ihn abserviert hast.«
»Sag das mal Marius. He, der bildet sich nämlich ein, wir wären noch zusammen und er würde mich noch lieben. So ein gottverdammter Schwachsinn! Er will sich andauernd mit mir treffen.« Lena sah ihre Schwester kummervoll an. »Was, wenn er hier auftaucht, Anna? Allmählich krieg ich es mit der Angst zu tun. Der ist so ätzend. Andauernd bombardiert der mich mit Telefonaten,