Название | Sonnenwarm und Regensanft - Band 3 |
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Автор произведения | Agnes M. Holdborg |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847605805 |
Als sie ihn dort erblickt hatte, war sie stocksauer geworden, und zwar auf Anna. Ihre eigene Schwester hatte ihr nichts davon erzählt, dass ausgerechnet Sentran kommen und Lena zu sich auf den Rücken eines riesigen schwarzen Pferdes ziehen würde.
Gott, war ihr das peinlich gewesen, wie ihr das Herz bis zum Halse geschlagen und sie vor Angst und Aufregung gezittert hatte. Bestimmt hatte er es bemerkt. Schließlich war sie ja hinter ihm gesessen, hatte ihn fest umschlingen müssen, damit sie nicht von dem vermaledeiten Pferd fiel.
Natürlich hatte er es bemerkt! Denn als sich ihr Puls fast überschlug, hatte er ganz sanft ihre Hand gedrückt. Oh mein Gott, dem blieb wirklich nichts verborgen! …
Nun hob er sie behutsam von dem Pferd, das so elegant durch die Elfenwelt geglitten war. Er hielt sie in seinen Armen, als wäre sie federleicht, und in einer Art, die ihrer Atemlosigkeit neuen Schwung verlieh. Unterdessen blieb seine Miene ernst und zurückhaltend, weshalb sich Lena aufs Neue furchtbar ärgerte.
»Der tut ja gerade so, als würden wir uns gar nicht kennen«, dachte sie missmutig.
Noch bevor ihr klar wurde, dass Sentran ihre Gedanken bestimmt hatte lesen können, sprach er die ersten Worte seit dem letzten Zusammentreffen: »Möchtest du dir das Schloss noch ein wenig anschauen oder lieber reingehen? Du kannst es dir aussuchen, ganz wie du es wünschst. Es ist vielleicht ein bisschen kalt zum …«
»Lena ist nicht kalt«, fiel Anna ihm ins Wort. »Du könntest eine Runde mit ihr durch den Park drehen. Da kann sie das Schloss auch von der anderen Seite bewundern. Außerdem bekommt sie damit die Gelegenheit, sich ein Bild von der Kirschbaumallee zu machen, schließlich werden wir in nicht mal zwei Monaten dort zur Hochzeit entlangwandeln.«
»Werde ich eigentlich auch noch gefragt?« Lena gab ihrer Stimme einen gefährlich leisen Klang. Dabei blitzte sie Anna wütend an.
Sentran antwortete an Annas Stelle, ganz ruhig, fast schon unterkühlt: »Falls du dich erinnerst, Lena, ich habe dich gerade erst gefragt, was du gerne tun möchtest. Ich wollte dir deinen Wunsch erfüllen. Doch jetzt weiß ich nicht so recht. Es gebietet wohl die Höflichkeit, dich nicht einfach hier stehenzulassen.«
***
Viktor zog Anna aus der Gefechtslinie.
»Komm, Süße. Lass uns schnell reingehen, bevor wir noch was abkriegen. Das dürfte zwar äußerst interessant werden, aber vielleicht auch ein bisschen gefährlich, wenn zwischen den beiden die Fetzen fliegen«, flüsterte er ihr ins Ohr und schob sie weiter.
Natürlich hatte Sentran das mitbekommen. Allmählich zeigten sich die ersten Risse in seiner zwar noch beherrschten, aber ohnehin bereits bröckelnden Fassade.
… Ihm war klar, dass Vitus ihn sowohl auf Viktors als auch auf Annas Bitte zum Bachsprung geschickt hatten, um Lena abzuholen. Als gehorsamer Wachmann musste er diesem Befehl selbstverständlich ohne Widerworte Folge leisten, was ihm ausgesprochen schwergefallen war. Die Vorstellung, dieses aufregende Menschenmädchen hinter sich auf dem Pferd sitzen zu haben, machte ihm Bauchschmerzen.
Schon auf der Geburtstagsfeier der Zwillinge hatte ihn Lenas Nähe gehörig irritiert und ihm später schlaflose Nächte bereitet. Deshalb hatte er sich fest vorgenommen, ihr aus dem Wege zu gehen, soweit es ihm irgend möglich war. …
Jetzt war es also ganz anders gekommen, was ihn wütend machte, zumal er Viktors leisen Spott deutlich wahrnehmen konnte. Aufgebracht drehte er sich zu Anna und Viktor, doch die hatten bereits ihr Pferd Ariella zum Stall geschickt und liefen nun kichernd durchs große Schlosstor.
Mit zorniger Miene wandte er sich wieder Lena zu. Aber all sein Zorn verrauchte bei ihrem Anblick: Dicke Tränen kullerten ihr über die Wangen.
Was war denn nun schon wieder los? Gerade war sie doch noch so wütend gewesen, genauso wie er.
»Das muss am Menschsein liegen«, entschied er für sich. »Sie schreit, sie zittert, sie fällt in Ohnmacht, sie weint. – Oh, Himmel nochmal, sie weint!«
Absolut unüberlegt stürzte er auf sie zu, legte ihr eine Hand in den Nacken und zog sie sacht zu sich heran. Ihrem störrischen Versuch, sich ihm zu entziehen, gab er nicht nach und legte auch seinen anderen Arm um sie.
»Wieso weinst du denn?«, fragte er leise, darum bemüht, möglichst freundlich zu klingen.
»Ich weine ja gar nicht«, schluchzte sie.
Erleichtert registrierte er Lenas Gedanken, die ihn darüber aufklärten, dass sie sich dumm vorkam, hier zu stehen, in seinen Armen und zu heulen, weil ihre Schwester sie einfach alleine mit ihm hatte stehenlassen.
Er zog sie noch dichter an sich, beugte sich zu ihr hinunter und vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. Sie duftete wieder so wunderbar wie schon bei den vorherigen Zusammentreffen, nach Zitrus, Orangenblüten und Sommer.
»Gut, wenn du also gar nicht weinst und dich höchstwahrscheinlich auch gar nicht unwohl mit mir alleine fühlst, könnten wir ja tatsächlich ein paar Schritte durch den Park gehen.«
Er legte einen Finger unter ihr Kinn, um ihr Gesicht anzuheben, damit sie ihm in die Augen sah. Dann strich er ihr mit dem Daumen der anderen Hand die Tränen fort.
… Er wollte nichts mehr mit Frauen zu tun haben, die sein Herz berührten. Nie wieder! Das hatte er sich geschworen, denn er war ein gebranntes Kind. Außerdem schien auch Lena nicht gerade auf der Suche nach einer neuen Beziehung zu sein. Das hatte er schon letztens überdeutlich bei ihr gespürt. …
***
Doch sie taten genau das Gegenteil von dem, was sie sich vorgenommen hatten. Sie warfen ihre festen Vorsätze über Bord, trotz ihrer argen Bedenken. Beide gleichzeitig!
Als ihre Münder sich trafen, zerbarst etwas in Lenas Kopf und ihre Beine gaben nach. Aber er hielt sie fest. Sie verfluchte sich dafür, dass ihr in seiner Nähe schon wieder schwindlig wurde, und kämpfte mit aller Macht dagegen an. Sie wollte nicht aufhören mit dem, womit sie gerade erst begonnen hatte. Nein, auf keinen Fall wollte sie es beenden!
Lena stellte sich auf die Zehenspitzen, schlang ihre Arme um seinen Nacken und versank in überschäumenden Gefühlen. Schon der Beginn des Kusses hatte sie ins Wanken gebracht, doch es wurde immer fesselnder und erregender.
Einer Achterbahnfahrt gleich stürzte Sentran sie einen tiefen Abgrund