Название | BeOne |
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Автор произведения | Martha Kindermann |
Жанр | Языкознание |
Серия | BePolar-Trilogie |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752906585 |
»Gu-ten Mor-gen, Mir-co!«, antwortet die Gruppe mit strahlenden Gesichtern. Ein absolut überwältigendes Gefühl, inmitten dieser Menschen zu stehen und einem gemeinsamen Ziel entgegenzusehen. Heute startet unsere Mission. Heute brechen wir auf, um das Chaos und den bevorstehenden Krieg aufzuhalten und alles dafür zu tun, Polar wieder lebenswert zu machen. Ich bin so verdammt glücklich. Wenn Roya doch nur bei mir sein könnte!
»Die Nacht war kurz. Die nächsten werden noch kürzer.« Soll uns diese Gewissheit jetzt motivieren? »Wir haben uns die Entscheidungen nicht leicht gemacht, aber die Teams mussten sinnvoll und effizient eingeteilt werden, und so haben wir auch den ein oder anderen Kompromiss eingehen müssen.« Bitte lass mich ein Spielmacher sein! Bitte lass mich ein Spielmacher sein!
»Beginnen wir mit unserer Logistikabteilung. Die fähigsten Planer, die fleißigsten Anpacker und Menschen, die es schaffen, alles beisammenzuhalten, haben wir in einer der wichtigsten Einheiten versammelt. Wenn euer Name aufgerufen wird, haltet euch bitte an Josi. Ihr seid zugleich die Ersten, die sich den Bauch vollschlagen dürfen, um danach zur Tagesordnung überzugehen.«
Mmh, Essen. Jetzt kann ich an nichts anderes mehr denken. Zu den Logistikern werde ich verpeilter Typ sowieso nicht abkommandiert, also höre ich nur mit halbem Ohr hin und träume von Joghurt und frischen Äpfeln, die das üppige Festmahl zieren.
»Okay. Nun zu unseren IT-Genies. Diese Auswahl wird wohl weniger überraschend ausfallen, aber ich freue mich dennoch, das ein oder andere frische Gesicht in den Reihen der Basis zu begrüßen: Trish, Fenja…«
»Oh Mann, wie geil!« Fenja fällt Elvis um den Hals und knutscht ihn zu Boden. »Ich bin so happy! Bis gleich Jungs!« Sie hat es verdient. Ich hätte mich zwar auch gefreut, mit ihr gemeinsam die Warte ein wenig aufzumischen, aber da beide Teams im Loft stationiert sein werden, ist diese Option ja nicht ganz ausgeschlossen.
»Ihr Nerds dürft euch bei Lio melden und dann, na ja, guten Hunger!« Die Gruppe lacht und klatscht mit unseren Hackerkoryphäen ab. »Rafael, willst du weitermachen?« Kurzerhand übernimmt mein einstiger Erzfeind und heutiger Mentor das Reden und teilt die nächste Gruppe ein.
»Für das Team der Späher waren sehr unterschiedliche Fähigkeiten vonnöten, was zu einer bunten Mischung von Charakteren und Talenten geführt hat. Die Reise zu den Dritten wird lang, gefährlich und ist derzeit unser waghalsigstes Unterfangen. Ich werde diese Einheit leiten und brauche Strategen, mutige Kämpfer und Späher, die bereit sind, Entscheidungen zu treffen, die nicht allen gefallen werden. Ich freue mich auf Henner, Sus, Elvis, Taranee…« Oh nein, der arme Elvis. Taranee ist ein Alptraum. »Unseren Ninjawächter Tima und Tristan. Wir treffen uns kurz vorm Lager. Bis gleich.«
Nein. Scheiße. Alles für’n Arsch. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Meine Füße sind am Boden des Lofts festbetoniert und wollen sich keinen Schritt in die Richtung bewegen, die sich falscher kaum anfühlen könnte. Die einzige Gruppe, die sich meilenweit von den Eleven entfernen wird, muss mich erwählt haben. Warum? Abgesehen davon ist es eine gefährliche Reise und wird durch diese außergewöhnliche Gruppenkonstellation nur noch ätzender werden. Taranee – schon wieder! Irgendwer hat mich verflucht. Und Elvis, na ja, so richtig warm sind wir beide immer noch nicht miteinander geworden. Wenn Fenja nicht dabei ist, kommen wir über dämlichen Smalltalk einfach nicht hinaus. Für ihn scheine ich immer noch der böse Bruder zu sein und Tams Glück im Wege zu stehen. Ich kann es ja verstehen. Elvis hat meinen Bruder aufgenommen, als er völlig abgemagert und durcheinander bei Fenja auftauchte. Ich war der Zwilling, der seinen Platz in der Akademie geraubt und Roya um den psychopathischen Finger gewickelt hat. Klingt total lächerlich, aber scheint ihn nicht loszulassen.
Seit der Landung haben wir so viel Zeit zu dritt verbracht, dass man meinen sollte, wir seien die besten Freunde, doch manchmal heilen Wunden langsamer, als sich der Stand der Sonne ändert, und ich muss mich in Geduld üben. Elvis ist eine ehrliche Haut und hat Fenja das Leben gerettet, obwohl sie gar nicht gerettet werden wollte. Als ihre Liebe Tarik letzten Sommer starb und sie vor lauter Verzweiflung das Handtuch schmeißen wollte, trat er in ihr verkorkstes Leben und öffnete sein gigantisches Teddybärenherz. Vielleicht ist diese Tour die Chance für Elvis und mich, eine echte Männerfreundschaft in Erwägung zu ziehen und mehr Gefühle zu teilen als Hunger, Durst und Hass auf Taranee Winterkorn.
»Leute«, Rafael lässt seinen Blick durch unsere kleine Runde schweifen und verharrt einige Sekunden an jedem Einzelnen. »Das Abenteuer lässt sich nun nicht mehr aufhalten und ich bin wahnsinnig glücklich, eine so tolle Crew hinter mir zu haben. Einige von euch kennen sich schon ziemlich lange und das kann auf dieser unvorhersehbaren Mission nur zu unserem Vorteil sein.« Manchmal kann die Verachtung für eine gewisse Person aber auch mit jedem Tag zunehmen und nur Abstand brächte Besserung. Wollen wir unsere rothaarige Dramaqueen nicht lieber Klos putzen lassen? Echt, ich verstehe Rafael nicht. Hat er eine masochistische Ader und will sich selbst quälen?
»Wann brechen wir auf und was genau dürfen wir alles mitnehmen?« Die Fragen sind ja berechtigt, aber die Art und Weise, wie Taranee ihre Nase in die Höhe reckt und sich über uns erhebt – nicht auszuhalten.
»Hinter mir im Lager stehen große Trekkingrucksäcke. Eure erste Aufgabe wird es nach dem Frühstück sein, diese mit Pinsel, Farbe oder Sprühdose in Tarnkappen zu verwandeln. Als Späher können wir uns rote, blaue oder neongelbe Schandflecken nicht leisten und sollten alles Auffällige beseitigen.« Okay, seh ich ein. »Anschließend geht es ans Packen. Dunkle Sachen, keine knirschenden Jacken, quietschenden Schuhe oder glänzende Hosen. Jeder von euch sollte die Hälfte seines Gepäcks für Nahrungsmittel, Werkzeuge, Waschmittel oder andere Notwendigkeiten freihalten, die ich vor dem Mittagessen unter der ganzen Gruppe aufteilen werde. Schlafsäcke, Isomatten, Kissen – jeder bitte nach seinen Fähigkeiten. Leute, das Zeug muss auch ganztägig getragen werden, also überlegt genau.«
Ich habe mein ganzes Leben in sterilen Metallbetten gehaust, immer ein Waschbecken zur Verfügung gehabt und erst hier im Loft gelernt, was es heißt, Socken auch mal zwei Tage zu tragen. Es ist ungewohnt, aber war wohl eine absolut notwendige Übung für diesen Outdoortrip. Ich gehe schwer davon aus, dass wir in den meisten Nächten nicht mal ein Dach über dem Kopf haben werden, da sind Wechselklamotten das geringste Problem.
»Wenn alle Sachen gepackt und die Fresspakete geschmiert sind, wird Tima eure Nahkampffähigkeiten auffrischen und die Neulinge in einem Crashkurs übers Knie legen.« Die beiden Spezialisten Rafael und Tima fausten sich zu und reiben anschließend die Hände synchron aneinander.
»Das Ganze wird aber nur für uns eine Spaßveranstaltung. Ihr werdet in der unendlichen Wildnis Polars nutzlos sein, wenn ihr keine Selbstverteidigungstechniken beherrscht. Ich möchte ruhig schlafen können und muss mich auf jeden von euch Spähern auch während der Nachtwache hundertprozentig verlassen können.«
Gute Sache. So viele Nahkampfeinheiten, wie ich in der Akademie verpasst habe – die Kurzzusammenfassung kann nicht schaden. Bären, Dachse, Schlangen und Ordnungshüter werden zittern vor mir!
»Dann lasst euch das Frühstück schmecken und speichert die Erinnerung an gutes Essen tief in euch ab. Sobald die Dämmerung einsetzt, brechen wir auf und Joghurt mit Äpfeln und Haferflocken wird es dann für eine ganze Weile nicht mehr geben.«
»Fertig!« Ich betrachte mein Meisterwerk von einem Camouflagerucksack und bin schwer beeindruckt, wie gut ich doch mit Spraydosen hantieren kann. Hat richtig Spaß gemacht. »Elvis brauchst du noch Hilfe?« Wenn das mit uns beiden funktionieren soll, muss ich die Initiative ergreifen, so viel steht fest.
»Nee, hab’s gleich. Hauptsache, die gelben Streifen auf diesem hässlichen Ding sind weg. Muss reichen.« Er sprüht noch ein paarmal ziellos auf seinen Rucksack und beäugt das Werk. Mein Späherkumpan hat so viel Farbe verbraucht, dass der Stoffberg, der einmal ein oranger Rucksack mit gelben Längsstreifen war, vor Schwärze nur so tropft. Ich bezweifle, dass wir das Ding bis zur Dämmerung trocken kriegen, geschweige denn, zeitnah befüllen können.
»Okay, war nur ein Angebot«, entgegne ich freundlich.