BeOne. Martha Kindermann

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Название BeOne
Автор произведения Martha Kindermann
Жанр Языкознание
Серия BePolar-Trilogie
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783752906585



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albernen Lauferei und dann wurde es mir zu bunt. Du hättest das sehen müssen. Wie ein Roboter, dessen Marschbefehl ein wenig aus der Bahn geraten ist. Ich kontaktierte Daloris und fragte, ob es auch bei anderen in der Wagenstadt zu seltsamen Ausfällen gekommen sei. Doch ihr wart bereits aufgebrochen und uns blieb nur eine Möglichkeit: Wir mussten euch einholen.« Okay, krass. Das habt ihr geschafft.

      »Was denkt ihr, ist Sly möglicherweise auch gerade auf Marschbefehl?« Berd zuckt die Schultern und Akira zieht mich näher zu sich heran.

      »Aber sowas von. Sieh ihn dir an, der Typ macht doch nicht freiwillig einen Boliden kalt!«

      »Du nennst deine eigenen Leute so?« Ich bin entsetzt von der abfälligen Art und Weise, wie sie über ihre sogenannte Familie herzieht.

      »Meine Leute? Ach was. Ich bin froh, dass ich aus dieser Blechstadt abhauen konnte. Daloris muss die Stellung halten und die Wilden in die richtige Richtung lenken, aber ich konnte den Tag nicht erwarten, an dem ich das Sonnenlicht wiedersehen würde.«

      »Halt! Deine Großmutter ist also auch keine wahre Aussteigerin?« Mir wird hier gerade alles zu verwirrend.

      »Nein, wo denkst du hin. Wir sind von BePolar weg, als die Morenos ihre wahren Gesichter zeigten, und die Boliden boten uns ein verdammt gutes Versteck. Daloris hielt weiterhin Kontakt zu beiden Seiten und ist nun in der glücklichen Lage, die Fäden nach ihrem Belieben ziehen zu können.«

      PENG. Oh nein, nicht schon wieder. Mit ihrer Offenbarung hatte Akira mich ganz von der aktuellen Lage und unserem massiven Sly-Problem abgelenkt.

      »Was können wir tun?«, frage ich. »Wenn wir Sly an die Seite eilen, könnte es sein, wir gesellen uns schon sehr bald zu den beiden liegenden Boliden.«

      »Jap«, bestätigt Akira, »keine gute Idee. Wenn wir ihn aufwecken, könnten GAM und die anderen jedoch schnell die Oberhand zurückgewinnen und Sly wäre verloren.« Auch richtig. Scheiße. Uns muss etwas einfallen.

      »Wir könnten einen der LKW fahren und die ganze Bande ablenken.«

      »Gar nicht so blöd, du Nerd!« Akira boxt Berd freundschaftlich gegen die Schulter und präsentiert uns anschließend den spontanen Schlachtplan: »Gut, wer kann dieses Monster lenken?«

      »Sorry«, entgegne ich, »keinen blassen Schimmer.«

      »Berd?« Akira blickt ihn mit hochgezogenen Augenbrauen erwartungsvoll an.

      »Also rein theoretisch…«

      »Schon gut«, unterbricht sie unseren kleinen Professor Neunmalklug, »ich übernehme das.« Sie greift sich einen Stock, glättet den Erdboden und skizziert das bevorstehende Szenario. »Berd, du holst die anderen! Sobald wir vollzählig sind, steige ich in den hintersten Wagen und ihr wartet auf mein Zeichen. Wenn der Motor erklingt, werden die Boliden erschrecken. In dieser Sekunde lauft ihr nach vorn, greift euch Sly, springt auf den LKW und wir sind verschwunden.«

      »Da gibt es allerdings ein paar Haken.« So viele, dass wir den Plan schon jetzt als zum-Scheitern-verurteilt benennen könnten. »Erstens, die Boliden sind schnell und können in einem anderen Wagen die Verfolgung aufnehmen.«

      »Werden sie nicht!« Ich bemerke den Schalk in ihren Augen, bevor sie mir ein 30 Zentimeter langes Messer vor die Nase hält. »Du wirst gleich sämtliche Reifen aufschlitzen und uns den nötigen Vorsprung verschaffen. Was war zweitens?« Es ist wahrlich verblüffend, wie stark sie mich mit dieser Ansage an ihre Großmutter und deren gefühllose und kalkulierte Argumente erinnert.

      »Zweitens, Tam ist in einem der Wagen und vermutlich noch weitere Eleven.«

      »Wir können nicht alle retten!«

      »Das ist deine Antwort? Du bist ja irre! Ich gehe nicht ohne Tam. Das steht fest!«

      »Wenn Killer-Sly in diesem Tempo fortfährt, sind in weniger als zehn Minuten sowieso sämtliche Boliden tot. Wir könnten abwarten.«

      »Berd!« Entfährt es Akira und mir wie aus einem Mund.

      »Er wird es doch nicht bei ihnen belassen«, klärt Akira auf. »Wenn wir ihn nicht aufhalten, jagt er vermutlich den gesamten Waffentransport in die Luft und dann sind wir alle Geschichte.«

      »Gib mir das Messer!«, bitte ich Akira. »Ich werde einen Wagen nach dem anderen durchsuchen und die Reifen zerstechen. Ich finde Tam und ihr eure Leute. Die Zeit rennt. Also los!«

      »Roya«, Akira reicht mir die Klinge, hält sie jedoch weiterhin fest. »Wenn du ihn in fünf Minuten nicht gefunden hast, werde ich das Auto trotzdem starten. Beeil dich!«

      Und dann geht alles unheimlich schnell. Ich schalte meine Angst und Nervosität ab, das räumliche Verständnis und das logische Denkzentrum an und schleiche mich wie eine Superganovin auf leisen Pfoten von Fahrzeug zu Fahrzeug. Ein gekonnter Stich hier, ein kraftvoller Stoß da und schon lassen die Reifen Luft und ich springe ins Innere, um einen Menschen zu finden, ohne den ich nicht sein will. Krasse Erkenntnis, über die ich sicherlich noch einmal nachsinnen sollte, aber Gewissheit.

      Drei der fünf Transporter habe ich bereits erfolglos durchstöbert und fahruntauglich gemacht. So viele Waffen. Ich darf nicht darüber nachdenken. Nun kommt der schwierige Teil meiner Aufgabe und der Schuss, der soeben ertönte, lässt mich noch respektvoller an diese gehen. Da waren es nur noch acht Boliden und mein Puls legt einen Zahn zu. Der fordere LKW steht in unmittelbarer Nähe zu Sly und seinen Geiseln und kann auch aus dem Augenwinkel von ihnen überwacht werden.

      PENG. Berds Theorie scheint die Geradlinigkeit zu verlassen, denn Sly zieht seine Erschießungsgeschwindigkeit an. Wer ist noch übrig? Bitte lass GAM unter ihnen sein. Wir brauchen seine Infos über Moreno und die Präsidentin. Außerdem kennt er unser geplantes Ziel und könnte von Nutzen sein. Sly, wenn du meine telepathische Bitte hören kannst: Lass ihn am Leben!

      Ich schlüpfe unbemerkt in den Laderaum des Wagens und mache mich über die Kisten her, die einen Achtzehnjährigen beherbergen könnten. Nichts. Wie kann das sein? Führt mich das Schicksal an der Nase herum und versteckt Tam in unserem Fluchtfahrzeug? Es bleibt nur die Hoffnung, denn in diesem Moment startet Akira den Wagen und ich renne um mein Leben und an Slys Seite.

      Berd und fünf weitere Eleven, darunter seine eigene Zirkumpolargruppe, springen aus dem Gehölz, schlagen Sly die Waffe aus der Hand und zerren ihn in Akiras Richtung. Er schlägt um sich, ohne den irren Blick zu verlieren, und knurrt verständnislosen Murks vor sich hin. GAM und die anderen springen unterdessen nach vorn und greifen sich die abgelegten Waffen. Schneller. Wir haben es gleich geschafft. Akira nimmt Fahrt auf und kommt uns auf halber Strecke entgegen. Zu siebt schaffen wir es, den überspannten Sly in den Wagen zu ziehen und die schützende Plane zu schließen, bevor sie von ersten Bolidenkugeln zerlöchert wird.

      »Runter auf den Boden!«, rufe ich geistesgegenwärtig und bewahre alle Insassen vor dem sicheren Tod.

      Wir haben es geschafft. Vorerst. Ich sollte dankbar sein. Berd zieht Sly die Waffe über den Kopf, mit der gerade zu viele Boliden ermordet wurden, und fesselt ihn anschließend an Händen und Füßen, während Sly friedlich schlummert. Das ist natürlich nicht die ideale Lösung, aber schützt uns vor weiteren unkontrollierten Attacken. Allgemeines Aufatmen.

      Akira steuert den Wagen in Richtung Sternenwacht, was auch immer das ist, und alle an Bord sind wohlauf. Doch ich sitze etwas abseits auf einer leeren Munitionskiste und starre gedankenverloren vor mich hin. Tam ist nicht hier!

      Tristan

      Heute ist es soweit. Das Loft hat sich über Nacht in einen geschäftigen Ameisenhügel verwandelt und sämtliche Wächter sind am Packen, Räumen, Tüfteln und Diskutieren. Als die Essensglocke läutet und sich sämtliche Bewohner unseres Ameisenstaates um das gedeckte Frühstücksbuffet versammeln, jagt ein vorfreudiges Kribbeln durch meinen müden Körper und ich starte gutgelaunt in diesen aufregenden Tag. Wenn alles nach Plan läuft, und ich die Chance erhalte, Teil der Spielmachergang zu werden, dann steht meinem Glück nichts mehr im Wege. Ich überwache das