Die Regulatoren in Arkansas. Gerstäcker Friedrich

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Название Die Regulatoren in Arkansas
Автор произведения Gerstäcker Friedrich
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753135991



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haben wir ja alle, sonst ist er aber treu, und ich bin fest überzeugt, die Regulatoren könnten ihn schinden, ehe sie ihm einen Namen seiner Freunde über die Lippen preßten."

      "Ja - dann müßte aber erst' noch bewiesen werden, daß ich zu denen gehörte", lachte Cotton. "Doch ade, Johnson - Ihr meint's gut, das weiß ich, und auf Euch kann man auch einmal im Notfall rechnen - gehabt Euch wohl. Übermorgen früh finden wir uns hier wieder zusammen, und haben wir erst einmal ein paar hundert Dollar in den Taschen, dann lebt sich's auch schon besser und sicherer. Es gibt manche hier unter den Ansiedlern, die jetzt das Maul auf eine entsetzliche Art aufreißen und über Diebstahl und Sünde schreien, denen doch mit einer einzigen Fünf-Dollar-Note die Lippen zusammengeheftet werden könnten, daß sie sich nur noch zum freundlichen Lächeln wieder öffneten. - Doch die Zeit drängt - auf baldiges und frohes Wiedersehen."

      Die Männer trennten sich jetzt, Cotton und Weston gingen zusammen dem Ufer des Flusses zu, Johnson aber wandte sich in gerader nördlicher Richtung durch die Büsche, überschritt die ausgehauene Countystraße und verschwand in den steilen, kieferbedeckten Hügeln.

      Der Versammlungsort der "Pferdehändler", wie sie sich selbst nannten, lag ruhig und verlassen in Sabbatstille da. - Wohl eine Viertelstunde wurde diese auch durch nichts unterbrochen als durch das einfache Schirpen des Eichhorns und das muntere Geschrei des Hähers, als sich die Büsche wiederum, ohne jedoch das geringste Geräusch zu verursachen, teilten und die dunkle Gestalt eines Indianers den kaum verlassenen Platz betrat.

       Vorsichtig horchte er nach allen Seiten hin, ehe er den lichten Fleck überschritt - gerade wie ein Hirsch, der, aus dem Waldesdunkel tretend, einen Pfad zu kreuzen im Begriff ist, fast stets stehenbleibt und zuerst rechts und links hinüberblickt, ob ihm keine Gefahr drohe - und glitt dann lautlosen Schrittes, die Augen auf den Boden geheftet, darüber hin. Plötzlich aber, und sehr wahrscheinlich durch die vielen Fußtapfen aufmerksam gemacht, blieb er stehen und überschaute spähend den engen Raum. Besonders genau betrachtete er den Platz, wo der Hund gelegen hatte, und umging dann in weiterem Kreise die kleine Lichtung, als ob er die Spuren zählen wolle, die von hier fortführten.

       Es war eine kräftig schöne Gestalt, dieser rote Sohn des Landes, und das dünne, buntfarbige, baumwollene Jagdhemd, das seinen Oberkörper bedeckten konnte, an vielen Stellen von Dornen zerrissen, nicht ganz die breiten Schultern und sehnigen Arme verhüllend, die darunter hervorschauten. Dieses wurde um den Leib durch einen ledernen Gürtel zusammengehalten, der zugleich einen kleinen, scharfen Tomahawk und, nach der Sitte der Weißen, ein breites Messer trug. Seine Beine staken in dunkelgefärbten, ledernen Leggins, mit dem wohl zwei Zoll breiten Saum nach außen, und um den Hals trug er eine große silberne Platte, schildartig ausgeschnitten, auf der sehr einfach, aber nicht ungeschickt ein Renntier graviert war.2 Sonst hatte er keinen Schmuck an sich, und selbst die Kugeltasche, die an seiner Seite hing, war aller Glasperlen und bunten Lederstreifen bar, mit denen die Eingeborenen sonst so gern ihre Jagdgerätschaften schmücken. Der Kopf war ebenfalls unbedeckt, und die langen schwarzen, glänzenden Haare hingen ihm in Streifen an den Schläfen bis auf die Schultern hinunter. Seine Büchse war eine der gewöhnlichen langen amerikanischen Rifle.3

       Mehrere Minuten lang hatte er seine Untersuchung fortgesetzt, dann richtete er sich hoch auf, strich die vorgefallenen Haare aus der Stirn, warf noch einen prüfenden Blick umher und verschwand auf der entgegengesetzten Seite von da, wo er den Platz zuerst betreten hatte, im Dickicht.

      ZWEITES KAPITEL

      Mehrere neue Personen erscheinen auf dem Schauplatz - Wunderbares Jagdabenteuer des "kleinen Mannes"

       Auf der Countystraße zogen an demselben Morgen, und kaum fünfhundert Schritt von dem im vorigen Kapitel beschriebenen Dickicht, zwei Reiter hin, die augenscheinlich der besseren Farmerklasse des Landes angehörten. Sosehr sie übrigens in ihrem ganzen Wesen und Aussehen voneinander abstachen, so sehr schienen sie dagegen im übrigen zu harmonieren, denn sie unterhielten sich auf das beste mitsammen. Der junge, schlanke Mann, auf einem braunen, feurigen Pony, das sich nur mit augenscheinlichem Unwillen und oft versuchter Widersetzlichkeit dem langsamen Schritt fügte, in den es sein Herr zurückzügelte, lachte wenigstens oft und laut über die Späße und Bemerkungen, die ihm sein kleiner, wohlbeleibter Gefährte zum besten gab.

       Dieser war ein Mann etwa in den Vierzigern, mit sehr vollem und sehr rotem Gesicht und dem freundlichsten, gemütlichsten Ausdruck in den Zügen, der sich nur möglicherweise in eines Menschen Gesicht hineindenken läßt. Seine runde, stattliche Gestalt entsprach dabei seiner Physiognomie auf eine höchst liebenswürdige Weise, und die kleinen, lebhaften grauen Augen blitzten so fröhlich und gutgelaunt in die Welt hinein, als hätten sie in einem fort sagen wollen: "Ich bin ungemein fidel, und wenn ich noch fideler wäre, wär's gar nicht zum Aushalten." Er war von Kopf bis zu Füßen, die schwarzen und spiegelblank gewichsten Schuhe ausgenommen, in schneeweißes Baumwollenzeug gekleidet. Die kleine baumwollene Jacke aber, die er trug, hätte er um alle Schätze der Welt nicht mehr vorn zuknöpfen können, so war sie entweder in der Wäsche eingelaufen oder, was wahrscheinlicher, so hatte sich sein runder Leib ausgebreitet und "verburgemeistert", wie er es selbst gern nannte. Ein hellgelber Strohhut beschattete sein Gesicht, und ein hellgelbes, dünnes Halstuch hielt seinen offenen Hemdkragen vorn zusammen, zwischen dem ein Teil der breiten, sonnverbrannten Brust sichtbar wurde. Nicht ohne etwas Stolz oder wenigstens Eitelkeit zu verraten, lugte dabei der Zipfel eines brennend roten Taschentuches aus der rechten Beinkleidertasche, die wohl geräumig genug gewesen wäre, ein halbes Dutzend derselben zu verbergen.

       Sein Begleiter war ein junger, stattlicher Mann mit freiem, offenem Blick und dunklen, feurigen Augen. Seine Tracht ähnelte der der übrigen Farmer im Westen Amerikas und bestand aus einem blauwollenen Frack, ebensolchen Beinkleidern und einer schwarzgestreiften, aus demselben Stoff verfertigten Weste. Den Kopf bedeckte ein schwarzer, ziemlich abgetragener Filzhut, und in der Hand hielt er eine schwere, lederne Reitpeitsche. Schuhe trug er jedoch nicht, sondern nach der indianischen Sitte sauber, aber einfach gearbeitete Mokassins, und dies sowohl wie der nicht unruhige, aber fortwährend umherschweifende und auf alles achtende Blick verriet den Jäger. Übrigens führte er keine Büchse bei sich, so wenig wie sein Begleiter.

       "Ein verfluchter Kerl, mein Bruder", lachte der Kleine, in irgendeiner begonnenen Erzählung fortfahrend, "und eine Wut hatte er, alte Sachen zu kaufen, rein zum Rasendwerden! Wie ich vorigen Herbst in Cincinnati war, klagte mir seine Frau ihre Not. Das ganze Haus stand voll alter Möbel und Hausgeräte und Kochgeschirre, von denen sie nicht den zehnten Teil gebrauchen konnte, und alle Abende lief trotzdem der Sappermenter noch auf den Auktionen herum, um alles, was nur irgend billig war, aufzukaufen. Was er einmal hatte, sah er nachher nicht wieder an. Da gab ich denn meiner Schwägerin den Rat, sie solle einen Teil des Plunders heimlich auf eben diese Auktionen schaffen lassen, um es nur loszuwerden, das Geld könne sie nachher hinlegen und später einmal etwas Nützliches dafür anschaffen. Der Plan war gut, ich bestellte einen Karrenführer, besorgte, als mein Bruder nachmittags im Geschäft war, die ganze Bescherung selber hinunter nach Frontstreet, und ehe es dunkel wurde, war alles aus dem Haus. Meiner Schwägerin fiel ein Stein vom Herzen, und als ihr Mann abends halb zehn Uhr, zu seiner gewöhnlichen Stunde höchst aufgeräumt heimkam, machte sie uns noch einen kapitalen Punsch. - Apropos, Bill, Punsch müssen wir uns einmal hier brauen, das verwünschte Volk in dieser Gegend gehört fast sämtlich zum Mäßigkeitsverein. Also - wo war ich doch stehengeblieben, ja, beim Punsch. Bei dem Punsch blieben wir bis elf Uhr zusammen sitzen, und mein Bruder erzählte eine Schnurre nach der andern; konnte merkwürdige Schnurren erzählen, mein Bruder! Ich fragte ihn ein paarmal, weshalb er so lustig sei, er wollte aber nicht mit der Sprache heraus; geht am nächsten Morgen wieder um sechs Uhr fort, und denke dir, was bringt er auf drei Wagen nach Haus? Den ganzen Plunder, den ich am Abend vorher fortgeschafft hatte. Kein Stück fehlte, und dabei prahlte er, was er für einen unmenschlich guten Handel gemacht hätte."

       "Nicht übel, Onkel", lächelte der junge Mann, ihm einen schnellen Seitenblick zuwerfend, "vortrefflich sogar - wenn es wahr wäre."

       "Ei, du Sappermentsjunge, hab' ich dir schon jemals etwas vorgelogen? Nie! Wenn ich dir übrigens künftig eine Tatsache erzähle, so brauchst du nicht zu feixen und das