Название | Die Regulatoren in Arkansas |
---|---|
Автор произведения | Gerstäcker Friedrich |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753135991 |
Gesammelte Schriften
Friedrich Gerstäcker
Die Regulatoren in Arkansas
Aus dem Waldleben Amerikas – erste Abteilung
Volks- und Familien-Ausgabe Band Sieben
der Ausgabe Hermann Costenoble, Jena
Friedrich-Gerstäcker-Gesellschaft e.V., Braunschweig
Ungekürzte Ausgabe nach der von Friedrich Gerstäcker für die Gesammelten Schriften, H. Costenoble Verlag, Jena, eingerichteten Ausgabe „letzter Hand“, herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von Thomas Ostwald und Prof. Dr. Wolfgang Hochbruck
Unterstützt durch die Richard-Borek-Stiftung und
die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, beide Braunschweig
Friedrich-Gerstäcker-Gesellschaft e.V. u. Edition Corsar
Braunschweig. Geschäftsstelle Am Uhlenbusch 17
38108 Braunschweig
Alle Rechte vorbehalten. © 2005 / 2020
Arkansas – dort hatte ich meine schönste Jugendzeit
verbracht – wenn ich überhaupt sagen kann,
daß ich eine Jugend gehabt habe – dort hatte ich mich
zum ersten Male frei und unabhängig gefühlt, und in dem
wilden Urwald eine Heimat gefunden, wie ich sie mir damals
nicht schöner und herrlicher denken konnte.
Friedrich Gerstäcker, Neue Reisen...
VORWORT
Wenige Worte werden genügen, diese Erzählung aus den westlichen Wäldern Amerikas bei dem Leser einzuführen und ihn darauf vorzubereiten, was er überhaupt darin zu erwarten hat.
Arkansas, von den Vereinigten Staaten seit 1836 in die Union aufgenommen, hatte sich in früheren Jahren den Ruf erworben, daß alles Gesindel aus dem Osten und Süden in seinen bahnlosen Wäldern und Sümpfen einen Zufluchtsort gegen den strafenden Arm der Gerechtigkeit gesucht und gefunden habe und dort auf eigene, freie Hand sein Wesen treibe.
Solche Gerüchte waren nicht ohne Grund, Spruch und Gesetze aber machtlos in diesen Wäldern. Ehe der Sheriff einen Verbrecher erfassen konnte, hatte sich dieser auf dem Rücken seines eigenen oder eines fremden Pferdes in ein anderes County geflüchtet und wurde nicht mehr gesehen. Aber auch wirklich ergriffen, blieb es eine fast noch schwierigere Aufgabe, den Gefangenen festzuhalten. Entweder brach er sich selbst Bahn aus dem Blockhaus, in das man ihn gesperrt, oder er sah sich von einer Bande seiner Freunde, die es vielleicht kaum für nötig hielten, ihre Gesichter zu färben und unkenntlich zu machen, in der ersten Nacht befreit und trieb nach wie vor sein Unwesen.
Auf den Pferdediebstahl legte sich die Genossenschaft besonders, da nach der westlichen Sitte die Tiere und Herden der Pioniere frei im Walde ihr eigenes Futter suchten und also keiner so genauen, ja oft nicht der mindesten Aufsicht unterworfen waren. Als nun noch überdies im Jahre 1839 die Todesstrafe für Pferdediebstahl aufgehoben ward, machten in verschiedenen Teilen des Staates manche ein wirkliches Geschäft daraus, und die Hinterwäldler sahen sich endlich zu ernsten Maßregeln gezwungen.
Die Gesetze vermochten nicht, sie auf ihren einzelnen, oft viele Meilen voneinander entfernten Farmen zu schützen, die "Männer von Arkansas" traten daher zusammen und bildeten den Regulatorenbund, ergriffen, was ihnen verdächtig schien, peitschten die Gefangenen, bis sie ihre Vergehen gestanden und ihre Mitschuldigen nannten, und hängten oder erschossen die Missetäter, sobald das Verbrechen nur erst einmal hinlänglich bewiesen werden konnte.
Daß bei diesem willkürlichen Verfahren auch manches Unrecht geschah, läßt sich denken. Mehrere Male wurden sogar Unschuldige aus ihrer friedlichen Hütte geschleppt und gezüchtigt. Deren freies arkansisches Blut empörte sich dann natürlich gegen die unverdiente Mißhandlung, die sie nicht auf dem Wege der Gesetze, sondern durch eigene Kraft wieder zu rächen suchten und ihre Richter heimlich oder öffentlich niederschossen. Im allgemeinen erreichte aber doch dieses ernste Durchgreifen der Pioniere seinen Zweck, und als dem Lynchgesetz, wie die Regulatoren ihr Gerichtsverfahren nannten, erst an verschiedenen Orten des Staates mehrere Opfer gefallen waren, fingen die Pferdediebe an einzusehen, daß es in Amerika noch sichere und wohnlichere Plätze für sie gäbe als gerade Arkansas, und die meisten flüchteten nach Texas.
Meine Erzählung fällt nun in jene Zeit, wo das Unwesen seinen höchsten Grad erreicht hatte und Selbstschutz den Farmern und Jägern zur Notwendigkeit wurde. Der größte Teil der Ereignisse ist auch keineswegs erdichtet, sondern hat sich, wenn auch auf verschiedenen Plätzen und in ausgedehnterem Zeitraume, wirklich zugetragen, besonders ist der Methodist eine geschichtliche Figur. Ich selbst war Zeuge mehrerer Szenen und schrieb einst an Ort und Stelle sechsundzwanzig Namen solcher Ehrenmänner nieder, die durch die Regulatoren und mit Hilfe des schwarzen "Hickory" einem der aufgegriffenen Verdächtigen entlockt wurden.
So möge sich denn der freundliche Leser auf kurze Zeit mit mir zurückversetzen in die schönen Wälder jenes herrlichen Landstriches, und wenn er auch nicht gleich nach Durchsicht des Buches sattelt und aufsitzt und nach den fernen Regionen des Westens, wie die Hinterwäldler sagen, "Fährten macht", so hoffe ich doch, daß er, neben einigen weniger angenehmen Bekanntschaften auch recht gute, liebe und herzige Leute kennenlernen wird, die ihn mit den Nacht- und Schattenseiten der übrigen aussöhnen mögen.
ERSTES KAPITEL
Der Leser macht die Bekanntschaft von vier würdigen Leuten
und erfährt etwas Näheres über ihre Lebensverhältnisse
Dem freundlichen Mai waren die wilden Frühlingsstürme gewichen. Blumen und Blüten drängten sich zwischen dem gelben Blätterlager hervor, das dicht den Boden bedeckte und nur hier und da von saftgrünen, lebensfrischen Grasflecken unterbrochen wurde. Aber Blüte an Blüte quoll auch aus den Zweigen der niederen Dogwoodbäume und Gewürzbüsche hervor; Blumen und Knospen hingen an den üppigen Lianengewinden, die sich von Baum zu Baum schlangen, nieder, verwandelten die Wildnis in einen Garten und erfüllten mit lieblichem Wohlgeruch den von riesigen Fichten-, Eichen- und Sassafrasbäumen überwölbten Waldesdom. Drängte sich die Sonne durch die dicht beraubten Wipfel der gewaltigen Stämme, so ließ dieses Gewirr von Schlingpflanzen und Buschwerk kaum hier und da einen verstohlenen Strahl zur Erde nieder, und Dämmerung herrschte in diesem Teil der Niederung, während das Tagesgestirn schon hoch am Himmel glühte. Damit schienen übrigens die Gestalten, die sich hier am Fuß einer mächtigen Kiefer niedergelassen hatten, ganz einverstanden zu sein, denn der eine von ihnen reckte die Glieder und sprach, zu dem grünen Laubdach über sich emporschauend: "Ein herrlicher Platz das für vertrauliche Zusammenkünfte - ein ganz vorzüglicher Platz und wie gemacht dazu. Der Rohrbruch, nach dem Flusse hin, hält gewiß jeden vernünftigen Christenmenschen ab, seinen Weg in dieser Richtung einzuschlagen, und die Dornen und Greenbriars hier oben sind ebenfalls nicht so einladend, als daß sich einer ganz nutzlos hereinwagen sollte - und nutzlos wär's, denn daß kein Wild mehr in der Nähe weilt, dafür, denk' ich, hätten wir gesorgt."
Der Sprecher war, soweit es seine behagliche, auf dem Laub ausgestreckte Gestalt erkennen ließ, ein Mann von über sechs Fuß, mit muskulösem Körperbau und freien, offenen Zügen; die Augen hatten aber etwas unheimlich Wildes und flogen unstet von einem Ort zum anderen, und sein ganzes Äußeres verriet überhaupt einen hohen Grad von Nachlässigkeit. Der alte, zerstückte Filzhut war ihm vom Kopf gefallen, und das Haar stand struppig und ungekämmt empor; der borstige Bart schien eine Woche lang vernachlässigt zu sein, ein sehr abgetragenes blauwollenes Jagdhemd, an dem einzelne einst gelb gewesene Fransen wild herabhingen, war mit alten wie neuen Blutflecken bedeckt. Diese wurden übrigens durch ein frisch abgestreiftes Hirschfell an seiner Seite erklärt. Überhaupt schien der Bursche den Wald zum Hauptaufenthalt zu haben. Die Büchse lag neben ihm am Boden; die Beine staken in vielfach ausgebesserten ledernen Leggins oder Gamaschen, und ein paar Mokassins von Rindshaut