Название | Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang |
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Автор произведения | Johann Gottfried Herder |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 4064066398903 |
Ich hätte den Posten vielleicht für mich erobern können; aber ich mocht ihn nicht. Auch bei einem wackern Fürsten, dem ein schlaues Weib gelüstet, kömmt der trefflichste Mann zu kurz; er hält ihn mit seinen allerweisesten Ratschlägen doch nur immer bei den Ohren: und die reizende Kreatur, mit geringerm Aufwande, weit stärker anderswo in nektarsüßen Banden. Überdies mußt ich scheuen, bei erster Gelegenheit ein Opfer der Eifersucht zu werden.
Der neue läßt sich gut an; er scheint ein Mann von Kopf und hat Aufwallungen von Mut, doch merk ich Winkelzüge. Wir wollen sehen, wie lang er aushält: noch ist er den Zauberfelsen der Sirenen nicht vorbei und keine Scylla und Charybdis durch, und an seiner Stelle werden die mehrsten bald über einen Leisten geschlagen. Jetzt gefällt er sehr der Bianca und dem Fürsten. Es war eben kein Beßrer da.
Ich hab ihn beredet, sogleich in der Stadt und auf dem Land einige neue Anordnungen einzurichten, die ersprießliche Folgen haben dürften.
Fürs erste ist die Anzahl der täglichen Lehrstunden in den öffentlichen Schulen vermindert, das bloß leere scholastische Geschwätz, soviel möglich, daraus verbannt; und es sind andre wackre Meister in verschiednen Fächern mit guten Besoldungen angesetzt worden.
Die Geschichte von Florenz und dessen bürgerlicher Verfassung wird nun gelehrt, woran man nicht mehr dachte, nebst der von Griechenland und Rom, nach kurzen einfachen vorläufigen Begriffen von menschlicher Gesellschaft überhaupt.
Alsdenn die Naturgeschichte des Landes; mit sinnlicher Anzeige dessen, was der Boden gut hervorbringt, am besten zum Lebensunterhalt dient und am besten verkauft wird. Noch überdies sollen die Zöglinge während der Ferien bei den Wallfahrten alles an Ort und Stelle in eignen Augenschein nehmen.
Ferner haben wir den Festen und Spielen der Jugend einen edlern Zweck zugesellt; und man wird nun Schwert und Schießgewehr mit Leichtigkeit bei Beleidigungen gebrauchen lernen. Zugleich sind sie unvermerkt Gelegenheit, daß der Kern der Mannschaft sich geschwind vereinigen kann, wenn es die Not erfordert. Alle Woche ist in den Städten und wichtigsten Flecken eine Fechtakademie und doppelte Ehrenpreise, weil die Verdorbnen die Belohnung doch gleich in der Hand haben müssen; und in Stadt und auf dem Lande wird ebenso nach dem Ziele geschossen.
Und endlich sind nun für Knaben und Mädchen öffentliche Musikschulen und Tanz- und Zeichnungssäle; was ist Leben ohne Freude?
In das Seewesen hab ich mich noch nicht einmischen können. Mehr ist nicht möglich, für jetzt zu tun: so ist das Volk schon gesunken.
Unser junger Monarch ist übrigens leicht zu leiten; und er findet, obgleich nicht ohne gute natürliche Anlagen und manche helle Blicke, doch dies, aus einer sonderbaren Schwachheit, selbst zu handeln, fast immer das beste, was der letzte Wohlredner ihm entschlossen vorträgt.
Äußerst selten tut er etwas aus sich: Hülfe und Gesellschaft muß er überall haben.
Gewohnheit ist eine schreckliche Tyrannin! Die Quelle des Übels liegt darin, daß die bequemlich gewordnen Romulusse und Cäsarn durch bloße Geburt von Kindheit an bei der geringsten Kleinigkeit bedient werden und hernach Maschinen sind, von einer Menge Leuten zusammengesetzt, nie ganz und unabhängig, eher Schnecken und Schildkröten als Adler in den Lüften, die sie doch sein möchten. Bauer und Bettler haben mehr Gefühl eigner Existenz als sie und genießen größre Glückseligkeit.
Noch ißt und trinkt er gern etwas Gutes; und er hat seine Zunge im Geschmack so ausgebildet wie ein großer Tonkünstler sein Ohr und ein Correggio sein Auge. Auch läßt er die besten Reben kommen von Osten und Westen und pflanzt sie an in Toskana; und dies verdient gewißlich allen Dank. Die Zunge ist der Maßstab seiner Gesundheit; wenn sie nämlich gerade das Mittel hält zwischen Trocken und Feucht, befindet er sich am besten. Süß und Bitter unterscheidet er nach allen Graden wie Licht und Finsternis mit ihren Farben.
Frescobaldi
Kapitel 21
Rom, Oktober.
Ich bin mit dem Kardinal hieher gereist, um Kunstsachen zu kaufen und in Ordnung zu bringen; und streiche nun herum wie eine Flamme, so ist alles bei mir in Bewegung.
Wer Rom in seinen Ruinen und seiner Versunkenheit ganz fühlen wollte, müßt ein neuer und doppelt und dreifach großer Marius auf den zerstörten und zerfallnen Kaiserpalästen des Monte Palatino sitzen. Kein Mensch auf dem heutigen Erdboden vermag dies; alles ist dagegen zu klein, was herkömmt und was da ist. Meine Tränen rinnen auf die heilige Asche der Helden, und ich schaudre zusammen in der Unwürdigkeit, wozu mich das Schicksal verdammt hat. Welch ein Glück, bei seiner Geburt in ein Rom zu den Zeiten der Scipionen auf die Welt geworfen zu werden! Aber dies kann niemand mehr begegnen.
Wer sich eine Idee von der römischen Gegend machen will, muß sie an einem heitern Morgen oder Abend auf dem Turme vom Kapitol sehen. Weit, voll großer reiner Gegenstände, ein entzückend Stück Welt, zu handeln und wieder auszuruhn, ist sie; schöne Hügel, fruchtbare Flächen, ferne Ketten kühl Gebirg und das unermeßliche Meer in der Nähe zum leichten Ausflug in alle Nationen. Und wie stolz und königlich nun Rom in der Mitte liegt auf seinen freundlichen mannigfaltigen Höhen, an der Schlangenwindung des Tiberstroms, als stark anziehender Vereinigungspunkt! Zeigt mir eine andre Stadt in der Welt, im herrlichen Europa, von wo aus man dasselbe und Afrika und Asien so bequem beherrschen könne, gerad im mildesten menschlichsten Klima zwischen Hitze und Kälte!
Es bleibt dabei: Luft und Land macht den Hauptunterschied von Menschen; alsdenn kömmt Zufall und die Kette der Begebenheiten, Neuheit und Ablebung; alles geht im Kreis und Taumel, und die Bewegung läuft immer fort. Es kann nicht fehlen, jede Gegend stimmt mit der Zeit die Seelen der Einwohner nach sich. Rom ist weit, glänzend und groß in prächtigen Fernen, schön in der Nähe; still auf seinen bekränzten Hügeln und einsam zum Genuß und Nachdenken: und so die Römer von jeher, was die Form betrifft, und sie werden's bleiben. Jetzt geben ihnen ihre eignen Ruinen etwas Zerstörendes, das noch entferntere Gegenden als ehemals empfinden.
O daß Du nicht hier bist und mich begleiten kannst! Doch ist auch wieder Genuß und Rührung stärker bei traurigen Gefühlen, wenn der Mensch allein ist.
Ich bin die ersten Tage in den Gebirgen herumgeritten zu Tivoli, Palestrina, Frascati und Albano; und hernach an der See herum zu Nettuno, Ostia, Civitavecchia. Wie ein Hannibal such ich es einzunehmen, das unbändige Rom: aber es wird mir wie ihm nicht gelingen. Alsdenn hab ich es wieder von seinen Höhen betrachtet: und nun stürz ich mich hinein in die Tiefe. Meine Seele kann wegen der vorigen Stürme noch keine rechte Ruhe finden, und dies treibt mich oft nach kurzem Schlummer vom Lager auf; hier will ich Dir denn, um mich zu zerstreuen und vielleicht zu Deinem Vergnügen etwas beizutragen, zuweilen einige Worte über mein gegenwärtig Leben hinwerfen. Für Eingeweihte ist das willkürliche Zeichen immer ein guter Zauberstab, die Gefühle eines andern wieder hervorzurufen, zumal wenn sie dereinst dieselben Gegenstände vor sich haben.
Gestern früh bin ich an dem Kolisäum herumgeklettert. Es liegt auf dem herrlichsten Platze, den man sich denken kann; gerad in der Mitte des alten Roms, in dem Tale zwischen den drei Hügeln Palatino, Celio und Esquilino; und war der bequemste Freudenort für alle Einwohner. Es ist rührend und schrecklich zugleich, wie einige Zwergenkel der heroischen Urväter und die Barbaren an den erhabnen, in schöner Form erbauten Massen genagt und zerstört haben und sie doch nicht zugrund richten konnten. Die eine Hälfte der äußern Einfassung ist weggetragen, und aus den geraubten Trümmern sind die stolzesten Paläste der neuern Welt aufgeführt; die andre steht noch, ein weiter Kreis in hoher grauer Majestät mit lauter Quaderstücken von Felsen und dreifachen festen Säulen übereinander mit korinthischen kleinen Pilastern