Gesammelte Werke. Sinclair Lewis

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Название Gesammelte Werke
Автор произведения Sinclair Lewis
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 4066338121103



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in seinen Grundfesten: trinken wir Tee statt Kaffee.«

      Die entzückte Bea half ihr den alten aufklappbaren Nähtisch, dessen gelbschwarze Oberfläche von den punktierten Linien des Schneiderrädchens zerkratzt war, aufstellen und decken: mit einem gestickten Tischtuch und dem violetten japanischen Teeservice, das Carola von St. Paul mitgebracht hatte. Fräulein Sherwin vertraute ihr ihren neuesten Plan an – moralische Filme für Landbezirke, mit Licht von einem transportablen Dynamo auf einem Fordwagen. Bea wurde zweimal gerufen, um die Heißwasserkanne nachzufüllen und Zimttoast zu machen.

      Als Kennicott um fünf nach Hause kam, bemühte er sich, so vornehm höflich zu sein, wie es dem Gatten einer Dame ziemt, die Teebesuch hat. Carola schlug vor, daß Fräulein Sherwin zum Abendessen bleiben und Kennicott Guy Pollock, den vielgepriesenen Anwalt, den dichterischen Junggesellen, einladen solle.

      Ja, Pollock konnte kommen. Ja, er hatte die Grippe überstanden, die ihn damals verhindert hatte, zu Sam Clark zu kommen.

      Carola bedauerte ihren Impuls. Der Mann würde ein von sich eingenommener Politiker sein und plumpe Scherze über die junge Frau machen. Als Guy Pollock aber kam, merkte sie, daß er eine Persönlichkeit war. Pollock war ein Mann von vielleicht achtunddreißig Jahren, zierlich, still, achtungsvoll. Seine Stimme war leise. »Es war sehr freundlich von Ihnen, mich kommen zu lassen«, sagte er; er machte keine scherzhaften Bemerkungen und fragte sie nicht, ob sie Gopher Prairie nicht für »das munterste kleine Nest im Staate« halte.

      Beim Abendessen sprach er von seiner Liebe für Sir Thomas Browne, Thoreau, Agnes Repplier, Arthur Simons, Claude Washburn und Charles Flandrau. Er führte seine Idole schüchtern vor, aber Carolas Belesenheit, Fräulein Sherwins umfangreiches Lob und Kennicotts Duldsamkeit für jedermann, der seine Frau unterhielt, ließen ihn ein wenig aus sich herausgehen.

      Carola konnte nicht recht begreifen, warum Guy Pollock seine langweilige Praxis hier fortführte, warum er in Gopher Prairie blieb. Sie hatte niemand, den sie fragen konnte. Weder Kennicott noch Vida Sherwin hätten verstanden, daß es für einen Pollock Gründe geben könnte, nicht in Gopher Prairie zu bleiben. Sie freute sich über ihr kleines Geheimnis. Sie hatte ein Triumphgefühl und kam sich ein wenig literarisch vor. Sie hatte bereits eine Gruppe. Es würde nur noch eine kleine Weile dauern, bis sie in der Stadt Fächerfenster einführen und Galsworthy bekannt machen würde. Sie tat etwas! Als sie das schnell aus Kokosnuß und Orangenschnitten zusammengestoppelte Dessert anbot, rief sie Pollock zu: »Glauben Sie nicht, daß wir einen Theaterklub gründen sollten?«

      Fünftes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      1

      Als der erste zögernde Novemberschnee heruntergekommen war und die kahlen Schollen der gepflügten Felder zugedeckt hatte, als in der Heizung, die das Heiligtum jedes Gopher-Prairie-Heims ist, das erste kleine Feuer brannte, begann Carola von dem Haus Besitz zu ergreifen. Sie entfernte die Wohnzimmermöbel – den goldenen Eichentisch mit Messingknöpfen, die verbrauchten Brokatstühle, das Bild »Der Arzt«. Sie fuhr nach Minneapolis und suchte die Geschäfte und die kleinen Läden in der Zehnten Straße ab, die der Keramik und hohen Dingen geweiht sind. Sie mußte ihre Schätze verladen lassen, aber am liebsten hätte sie sie in ihren Armen heimgebracht.

      Zimmerleute hatten die Trennungswand zwischen dem vorderen und dem hinteren Wohnzimmer entfernt, es in einen langen Raum verwandelt, an den sie viel Gelb und leuchtendes Blau verschwendete; ein japanisches Obi mit Goldstickerei auf steifem ultramarinblauen Gewebe, das sie an die maisgelbe Wand hing; ein Ruhebett mit saphirblauen Kissen und Goldborten; Stühle, die in Gopher Prairie frivol wirkten. Sie versteckte die heilige Familienphotographie im Eßzimmer und ersetzte das Wandtischchen, das sie getragen hatte, durch ein viereckiges kleines Schränkchen, auf das sie einen niedrigen blauen Krug zwischen zwei gelbe Kerzen stellte.

      Kennicott war gegen einen Kamin. »In ein paar Jahren haben wir sowieso ein neues Haus.«

      Sie schmückte nur einen Raum. Den Rest, meinte Kennicott, solle sie lieber verschieben, bis er »einmal alle Neun schöbe«.

      Der braune Hauswürfel war aufgeweckt und lebendig gemacht worden; er schien in Bewegung zu sein; er begrüßte sie, wenn sie vom Einkaufen zurückkam; er verlor seine modrige Ausdruckslosigkeit.

      Das oberste Urteil waren Kennicotts Worte: »Na, weiß Gott, ich hatte zuerst Angst, daß die neue Kiste nicht so behaglich sein würde, aber ich muß sagen, der Diwan, oder wie du's nennst, ist viel besser, als das versessene alte Sofa, das wir gehabt haben, und wenn ich mir so alles anseh' – also, ich glaub' wirklich, es ist wert, was es gekostet hat.«

      Alles in der Stadt zeigte Interesse für die Neueinrichtung. Die Zimmerleute und Maler, die nicht selbst dabei zu tun hatten, gingen über den Rasen, sahen durch die Fenster hinein und riefen: »Großartig! Sieht fein aus!« Dave Dyer in der Drogerie, Harry Haydock und Raymie Wutherspoon im Bon Ton wiederholten tagtäglich: »Wie geht die Arbeit vorwärts? Das Haus soll ja richtig klassisch werden.«

      Sogar Frau Bogart interessierte sich.

      Frau Bogart wohnte auf der anderen Seite des Gäßchens, an dem die Hinterfront von Carolas Haus lag. Sie war Witwe, hervorragende Baptistin und ein »Guter Einfluß«. Sie hatte drei Söhne unter so viel Schmerzen zu christlichen Gentlemen aufgezogen, daß einer Mixer in Omaha, einer Griechisch-Professor und einer, Cyrus N. Bogart, ein Junge von vierzehn Jahren, der noch zu Hause lebte, das unverschämteste Mitglied der frechsten Lausbubenbande in Gopher Prairie geworden war.

      Carola hatte beobachtet, daß Frau Bogart das Haus von ihrem Seitenfenster aus im Auge behielt. Die Kennicotts und Frau Bogart bewegten sich nicht in den gleichen Kreisen, was in Gopher Prairie eben dasselbe bedeutet wie in der Fifth Avenue und in Mayfair.

      Aber die gute Witwe machte einen Besuch. Sie keuchte herein, reichte Carola eine breiige Hand, seufzte, warf einen scharfen Blick auf Carolas Fesseln, als diese die Beine übereinanderlegte, seufzte wieder, musterte die neuen blauen Stühle, lächelte mit einem schüchtern seufzenden Ton und ließ sich vernehmen:

      »Ich wollte Sie schon so lange immer besuchen, meine Liebe, Sie wissen ja, wir sind Nachbarn, aber ich dachte, ich will warten, bis Sie eingerichtet sind; Sie müssen auch mal rüberspringen und mich besuchen, wieviel hat der große Stuhl dort gekostet?«

      »Siebenundsiebzig Dollar!«

      »Sieb … Christi Barmherzigkeit! Na ja, ich glaub' schon, daß das ganz recht ist für Leute, die sich's leisten können, obwohl ich mir manchmal denke – natürlich, wie unser Pastor einmal in der Baptistenkirche gesagt hat, übrigens, wir haben Sie dort noch nicht gesehen, und natürlich, Ihr Mann ist als Baptist aufgewachsen, und ich hoffe, er wird nicht abtrünnig werden, natürlich wissen wir alle, daß es nichts gibt, keine Begabung und kein Gold und kein Nichts, das Demut und innere Gnade ersetzen kann, und man kann von der anglikanisch-protestantischen Kirche sagen, was man will, aber natürlich gibt's keine Kirche, die mehr Geschichte hat und treuer die Grundsätze des Christentums gewahrt hat als die Baptistenkirche, und – in welcher Kirche sind Sie aufgewachsen?«

      »W–wieso, ich bin als Mädel in Mankato in die Kongregationalistenkirche gegangen, aber mein College war universalistisch.«

      »Also – aber in der Bibel heißt es natürlich, steht's in der Bibel? wenigstens hab' ich's in der Kirche gehört, und kein Mensch bestreitet es, es gehört sich für die kleine Frau, daß sie den Glauben ihres Manns annimmt, wir hoffen also alle, daß wir Sie in der Baptistenkirche sehen werden, und – Was ich sagen wollte, ich meine natürlich ebenso wie Reverend Zitterel, daß das Unglück unserer Nation heute der Mangel an Glauben ist – es gehen so wenig Leute in die Kirche, und am Sonntag fahren sie Automobil, und weiß der Himmel, was sie sonst noch machen. Aber trotzdem glaub' ich, daß das größte Unglück diese schreckliche Geldverschwendung ist, wo die Leute glauben, sie müssen Badewannen und Telephon im Haus haben – Ich hab' gehört, daß Sie die alten Möbel billig gekauft