Название | Lieber Barack: Die außergewöhnliche Partnerschaft zwischen Angela Merkel und Barack Obama |
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Автор произведения | Claudia Clark |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991078296 |
Um mit ihrer Isolation vielleicht besser zurechtzukommen, haben US-Präsidenten in der Vergangenheit immer wieder Freundschaften zu politischen Kollegen aus dem Ausland aufgebaut: Franklin Delano Roosevelt und der britische Premierminister Winston Churchill gehörten zu den Ersten, die so eine Beziehung im Zweiten Weltkrieg pflegten, dann waren es Präsident Ronald Reagan und die britische Premierministerin Margaret Thatcher in den 1980ern, und jetzt kürzlich Präsident Barack Obama und die deutsche Kanzlerin Dr. Angela Merkel.
Im Gegensatz zu Roosevelt und Churchill oder Reagan und Thatcher, die bereits nach ihren ersten offiziellen Treffen zu engen Freunden wurden, entstand die Freundschaft zwischen Obama und Merkel erst im Laufe seiner ersten Amtszeit. Als im Juli 2008 Präsidentschaftskandidat Obama nach Berlin reiste und vor dem deutschen Volk eine Rede halten wollte, bemühte sich sein Wahlkampf-Team um eine dafür besonders geeignete Kulisse – dem Brandenburger Tor, symbolisiert es doch, wie der Westen den Kalten Krieg überwinden konnte. Aber Kanzlerin Merkel, die damals von Obama weniger fasziniert war als ihre deutschen Mitbürger, erklärte sich damit nicht einverstanden. Stattdessen organisierte Obamas Team eine Kundgebung am Fuße der Berliner Siegessäule, zu der mehr als 200 000 Menschen kamen.
Experten waren damals der Meinung, dass Merkels Absage an Obama eine derart starke Spannung erzeugte, von der sich die beiden möglicherweise niemals erholen würden. Die Presse schrieb, dass Merkel und ihr Team Obama für „empfindlich“2 hielten, während Obamas Mitarbeiter die Kanzlerin als „schwierig“3 beschrieben. Dies war das erste, aber nicht das letzte Mal, dass die Presse ihre Beziehung fehlinterpretieren würde. Während ihrer acht Jahre andauernden Arbeitsbeziehung entwickelte sich ihre Partnerschaft von extremer Besorgnis zu einer Beziehung tiefen Respekts und Verehrung zueinander. So schreibt Obamas ehemaliger außenpolitischer Berater Ben Rhodes in seiner Autobiografie The World As It Is: A Memoir of the Obama White House, dass Merkel bei ihrem letzten Abschied von Obama eine Träne im Auge gehabt habe4 und dass Obamas letztes Telefonat an ein ausländisches Staatsoberhaupt der deutschen Kanzlerin galt.5
Neben den unterschiedlichen Persönlichkeiten und Unterschieden in der Kultur gab es auch politische und ideologische Differenzen. Merkel gehört der Christlichen Demokratischen Union (CDU) an, einer deutschen mitte-rechts Partei, während Obama ein Mitglied der United States Democratic Party ist, einer mitte-links Partei. Die amerikanischen Demokraten – und insbesondere Obama – vertraten jedoch deutlich progressivere Ansichten als Merkels CDU.
Als Obama 2008 gewählt wurde, gehörte zu seinem politischen Erbe in den USA die größte Finanzkrise seit der Weltwirtschaftskrise der 1930er. Obama und Merkel hatten gegensätzliche Ideen wie diese Krise und die damaligen Finanzprobleme in Griechenland und in anderen europäischen Staaten zu bewältigen seien. Beide für ihren Pragmatismus bekannte Staatsführer waren sich jedoch der historischen Bedeutung der Beziehung ihrer beiden Länder bewusst. Zudem realisierten sie, dass es in ihrem eigenen Interesse lag, möglichst gut miteinander auszukommen.
Man braucht nur „Merkel und Obama“ als Suchbegriff im Internet einzugeben und schon werden automatisch Begriffe wie „Romanze“ oder „Partnerschaft“ vorgeschlagen. Im Vorfeld der letzten gemeinsamen Pressekonferenz der beiden Politiker am 17. November 2016 brachten die Medien Schlagzeilen wie „Obama landet in Berlin zur Verabschiedung seiner engsten Verbündeten Merkel“ in der China Daily6 und „16 rührende Fotos von Barack Obamas und Angela Merkels Freundschaft“ erschienen im Business Insider.7 Zudem erhielt die Beziehung der beiden Staatsoberhäupter sehr häufig die Aufmerksamkeit von der Boulevard presse, den sozialen Medien und der Popkultur: Die im amerikanischen Fernsehen seit vielen Jahren etablierte Comedy Show Saturday Night Live und Deutschlands satirische Heute Show brachten viele Sketche, welche die ungewöhnlich gute Freundschaft der beiden Politiker parodierten.
Als der amerikanische Präsident Barack Obama und die deutsche Kanzlerin zum letzten Mal das Podium in Berlin im November 2016 teilten, hat ihre gegenseitige Zuneigung weder die Presse noch die restliche Welt überrascht. Auf die Frage einer Journalistin zu Obamas bevorstehender Abreise antwortete die Kanzlerin sichtlich gerührt: „[…] jetzt fällt mir der Abschied schwer. Na klar, wenn man mit jemandem gut zusammengearbeitet hat, dann fällt der Abschied auch schwer. Aber wir sind auch alle Politiker und Demokratie lebt vom Wechsel. Insofern ist es in Amerika und in der Verfassung vorgegeben – acht Jahre, und dann kommt ein neuer Präsident. […] Wenn wir uns persönlich begegnen wollen, schließt das ja der freie Reiseverkehr, den wir hier Gott sei Dank in allen Teilen Deutschlands haben, nicht aus. Und von daher sind wir ja nicht aus der Welt!“8 Als Merkel diese letzten Worte äußerte, schwenkten plötzlich die Kameras der Journalisten zu Präsident Obama, der rechts von ihr stand, und mit seiner Hand einen Telefonanruf gestikulierte – um damit anzudeuten, dass er und Merkel ihre Beziehung auch nach seiner Arbeit im Weißen Haus aufrechterhalten würden. Der Lärm der Kameras, die diesen besonderen Moment einfangen wollten, war ohrenbetäubend. Dieses besondere Foto sollte später um die ganze Welt gehen, bewies es doch die ungewöhnliche Freundschaft der beiden zueinander. So resümierte auch Frankreichs bekannte Zeitung Le Monde mit der Schlagzeile „Dans ses adieux à l’Europe, Obama loue Merkel,,partenaire extraordinaire‘“, oder „Obama lobt Merkel als,außergewöhnliche Partnerin’ bei seinem Abschied von Europa.”9 Das Foto ist Zeitzeuge einer besonderen Freundschaft und Partnerschaft zwischen den beiden – etwas, was die Öffentlichkeit im Verlauf ihrer achtjährigen Arbeitsbeziehung erwarte hatte.
Wenn man den Zeitpunkt wählen sollte, an dem die Freundschaft der beiden Politiker ihren eigentlichen Anfang nahm, dann war es die Vergabe der Presidential Medal of Freedom am 9. Juni 2011 in Washington, DC: Angela Merkel sollte hier eine der höchsten Auszeichnungen erhalten, die der Präsident in den USA an einen Zivilisten vergeben kann und die selten ein Nicht-Amerikaner bekommt. Bei diesem Anlass geschah es, dass sich die beiden Staatsoberhäupter plötzlich mit „Angela“ und „Barack“ ansprachen und ihre Beziehung sich ganz öffentlich zu einer partnerschaftlichen Freundschaft umwandelte. Seitdem wählte Merkel in ihrer Anrede für den Präsidenten immer häufiger bei offiziellen Anlässen das persönliche „Du“ statt das formale „Sie“ und bezeichnete ihn als „lieber Barack“ oder „dear Barack“. Umgekehrt sprach Obama von der Kanzlerin als einen seiner besten Freunde auf der internationalen Bühne. Diese Protokolländerung blieb bei den Medien, den Beratern und auch der Weltöffentlichkeit nicht unbemerkt.
Genau wie Roosevelt und Churchill über Angelegenheiten wie die Kolonisation stritten und Reagan und Thatcher über die Politik in Argentinien argumentierten, so hatten auch Obama und Merkel ihre Differenzen – vor allem als Merkel und die Deutschen erfuhren, dass die USA das persönliche Handy der Kanzlerin verwanzt hatten. Im Laufe der Jahre waren sich die beiden noch viele Male uneins, von der Politik in Libyen und der Ukraine bis hin zu unterschiedlichen Maßnahmen zur Belebung der Weltwirtschaft. Wichtig bei diesen Differenzen ist jedoch, dass die beiden Staatsoberhäupter trotzdem ihre Freundschaft und Partnerschaft aufrechterhielten und über die Zeit sogar noch stärken konnten.
Während ihrer achtjährigen Zusammenarbeit verlieh Obama der Kanzlerin die Ehre, als erstes deutsches Regierungsoberhaupt vor dem versammelten Kongress der Vereinigten Staaten zu sprechen. und als nur zweiter deutscher Staatsbürger mit der Presidential Medal of Freedom ausgezeichnet zu werden.
Auf der anderen Seite des Atlantiks war Obama der erste US-Präsident, der das Konzentrationslager Buchenwald besuchte. Zudem war er der erste US-Präsident, der jemals die Hannover Messe eröffnete. Letztlich erteilte die Kanzlerin Obama die Erlaubnis, vor dem Brandenburger Tor zu sprechen und stand dabei direkt neben ihm. All diese Ereignisse fanden zusätzlich zu den traditionellen Gipfeltreffen, Konferenzen und Besprechungen statt, zu denen sich die Regierungschefs der freien Welt normalerweise