Название | Buen Camino - die schönste Reise meines Lebens |
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Автор произведения | Josef Frey |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991076483 |
Die Pilgerkapelle mit Kerzenständer.
Sarnersee
Nach diesen besinnlichen und nachdenklichen Momenten, welchen man als Pilger mit besonderer Aufmerksamkeit begegnet, geht es nun fünfhundert Meter steil bergauf nach Flüeli, dem Heimatort von Bruder Klaus, dem Schweizer Nationalheiligen. Sein bürgerlicher Name war Klaus von der Flüe.
Dieser Ort ist offensichtlich Wallfahrts- und Ausflugsort der ganzen Schweiz, Europa und der Welt. Aber trotzdem schön, gepflegt und gemütlich. In einem kleinen Kiosk lasse ich mir an der Kaffeebar einen Cappuccino servieren. Der tut richtig gut. Meinen Regenponcho benötige ich nicht mehr, den kann ich gleich im Rucksack verstauen.
Bruder Klaus
Danach führt mich mein Weg entlang eines kleinen Waldes und Wiesen wieder leicht bergab an den Sarnersee nach Sachseln, dem Verwaltungssitz von Flüeli-Ranft. Hier befinden sich in der Pfarrkirche unter dem Altar in einem silbernen Sarkophag die Gebeine von Bruder Klaus. Sieht aus, als ob man ihn in einem Regal abgelegt hätte. Entschuldigung, ist nicht böse gemeint, aber so ist meine Empfindung.
Nach dem Besuch der Kirche führt mich mein Weg endgültig zum Sarnersee. Dieser ist mit Wasser bis zum Rand gefüllt. Und auch noch darüber hinaus. Manche Liegewiese ist nur noch unter dem Wasserspiegel zu vermuten. So ergibt sich manche Situation, welche zum Schmunzeln einlädt. Wobei man bedenken muss, dass es hier 1997 sintflutartige Regenfälle gab, welche in Sachseln innerhalb von zwei Stunden schwerste Zerstörungen und Schäden von 120 Mio. CHF anrichteten. Der See ist wie ein Trichter, in welchem der Regen von all den Bergen ringsum landet.
Vom Sarnersee möchte ich noch weiter zum Lungerersee. Dazwischen liegt das kleine freundliche Städtchen Giswil. Hier finde ich ein gemütliches Café mit Terrasse. Einen großen Cappuccino, ein Stück Kuchen und eine kühle Cola wecken wieder alle Lebensgeister in mir.
Der Lungerer See liegt ca. 220 Höhenmeter über dem Sarner See, und der Weg hinauf ist so richtig unangenehm. Schwitzend und außer Atem komme ich oben an und habe einen wunderbaren Blick hinunter nach Giswil und den Sarnersee. In Kaiserstuhl entscheide ich mich, offensichtlich im Glauben, eine etwas kürzere Variante zu nehmen, auf die falsche Seeseite nach Lungern und wähle damit eine wahrhaftige Achterbahn mit enormen Steigungen.
Kirche Lungern
So komm ich gleich so richtig ins Schwitzen – mehr als mir lieb ist. Und auch mein Magen spielt verrückt, mir ist übel, und ich bekomme Kopfweh. Ich glaube, da hat mir die Sonne übel mitgespielt, oder ich war mit der Verpflegung nicht sorgfältig genug.
Einen kleinen Abstecher mache ich noch zur Kirche. Ein wunderbarer Bau mit großer Ähnlichkeit zur Muttergottes-Basilika in Lourdes. Danach erhalte ich im Haus St. Josef gleich ein wunderbares Zimmer, kann ausgiebig duschen und etwas ausruhen. Aber auch nach einer kleinen Siesta geht es mir nicht so besonders gut. Ich fühle mich überhaupt nicht wohl. Ein kleiner Spaziergang um das Haus, zu mehr bin ich nicht mehr in der Lage.
Glücklicherweise gibt es gleich um die Ecke gegenüber dem Bahnhof ein nettes Lokal. Und wie sich herausstellt, ist es auch gut und günstig. Ich bestelle mir eine große Terrine Suppe und eine Kanne Tee. So bin ich zwar gesättigt, aber mein Magen und mein Kopf fühlen sich nicht so an, wie es sein sollte. Selbst die Übertragung eines Fußballspiels vom FC Bayern in der CL findet bei mir keinen Gefallen. Das bedeutet höchstes Warnsignal. Auch in der Nacht kann ich kaum schlafen. Deshalb fasse ich den Entschluss, gleich morgen früh die Heimreise anzutreten.
Ein Ruhetag würde sich angesichts nur noch einer geplanten Etappe nicht mehr lohnen. Und hier habe ich durch den Bahnhof eine gute Anbindung nach Hause und später wieder zur Anreise.
20. Pilgertag, Freitag, 29.04.2016
Lungern–Oberried: 21 km, Gesamt: 392 km
Es ist wieder Pilgerzeit!
In den allerfrühesten Morgenstunden bringt mich meine Karin zum Bahnhof, um mit der Deutschen Bahn nach Friedrichshafen zu fahren. Schnell raus aus dem Zug und 5 Gehminuten durch die Stadt, dann bin ich schon auf der Autofähre über den Bodensee nach Romanshorn. Ich mache es mir im Restaurant bequem und genieße eine Tasse Kaffee. Zurück auf dem Schiffsdeck tut mir meine neue Fleecejacke gute Dienste. Sie ist warm und kuschelig. Bei den noch sehr frischen Außentemperaturen ist das sehr angenehm, genau wie der strahlend blaue Himmel.
Von Romanshorn geht es mit der Schweizer Bahn pünktlich und bequem über Zürich nach Lungern, meinem eigentlichen Ziel- bzw. Startort. Wegen Bauarbeiten an den Gleisen über den Brünigpass besteht ab Giswilen Schienenersatzverkehr, und alle Reisenden müssen auf Omnibusse umsteigen. Ich nehme die Gelegenheit beim Schopf und steige erst auf der Passhöhe in Brünig/Hasliberg aus. Nachdem es in letzter Zeit viel geschneit hat, erspare ich mir deshalb gute zwei Kilometer unangenehmen Aufstieg auf rutschigen Wegen mit Schneematch und Eisplatten.
Oben angekommen, trinke ich im kleinen Restaurant zuerst eine gemütliche Tasse Kaffee. Eine Frau und ein jüngerer Mann sprechen mich an und preisen mir die neue Pilgerherberge unten in Brienz an. Ich habe aber schon für die erste Nacht ein Zimmer in Oberried gebucht. Schade. Aber die zwei laden mich ein, in Brienz auf eine Tasse Kaffee vorbeizuschauen. Mal sehen. Fast genau um 12.00 Uhr starte ich dann meine diesjährige Pilgerwanderung.
Brünigpass
Auf der Passhöhe liegt noch Schnee. Trotzdem ist es angenehm zu gehen. Es herrscht eine wunderbare Stille. Die Luft ist frisch, doch die Sonne erwärmt mein Gemüt. Ich bin glücklich und zufrieden. Es ist schön, wieder auf Pilgerpfaden zu wandeln. Der Abstieg auf der Südseite ist steil, aber durch die Sonne bereits gutabgetrocknet. Neben dem Weg gibt es immer wieder Steintürme zu bewundern, welche offensichtlich als Glückbringer oder auch als Bergtrolle gedeutet werden können.
Traumaussicht
Je näher ich dem Tal komme, desto wärmer wird es. So kann ich bald ohne Gefahr auf die Gesundheit im Shirt gehen und alle Jacken im Rucksack verstauen. Nach Hofstetten mache ich auf einer Ruhebank eine gemütliche Vesperpause und genieße die traumhafte Bergwelt um mich herum. Vor mir erwartet mich bereits der Brienzersee.
Der einzige kleine Wertmutstropfen sind meine zwei großen Zehen. Durch den steilen und langen Abstieg vom Brünigpass sind die Zehennägel verletzt worden. Ich nehme ein festes Pflaster und mache einen Tapeverband. Das mildert zwar die Beschwerden, aber die Nägel gehen in nächster Zeit trotzdem runter, wachsen jedoch wunderbar wieder nach. So hab ich ein ganzes Jahr ein Andenken an den Brünigpass.
Holzpilger
Bald erreiche ich das schöne Städtchen Brienz und gehe ganz entspannt die Seepromenade entlang. Ich kann mich an einem hölzernen Pilgerfreund erheitern, der am See an die lange Pilgertradition hier erinnert.
In der Kirche bekomme ich meinen ersten Pilgerstempel dieses Jahr. Neben dem Nachweis, dass man als Pilger den Weg gegangen ist und damit in entsprechenden privaten und öffentlichen Herbergen nächtigen darf, sind diese Stempel im Pilgerausweis natürlich auch eine bleibende Erinnerung, wenn man zu Hause in einer ruhigen Stunde das Pilgerbuch durchblättert. Fast jeder Stempel könnte eine eigene Geschichte erzählen.
Dass der Weg nicht direkt am See entlang auf ebenen Pfaden nach Oberried führt, das war mir bekannt. Dass ich aber noch solche Höhen erklimmen muss, davon war ich dann doch überrascht. Entschädigt werden meine Mühen jedoch, als ich auf einer langen Hängeseilbrücke die große Schlucht über