Kommunikationswissenschaftliches Arbeiten. Petra Herczeg

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Название Kommunikationswissenschaftliches Arbeiten
Автор произведения Petra Herczeg
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783846356395



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der Antike) war prägend für die gesamte philosophische Entwicklung, da sowohl Logik, Metaphysik, Ethik, Natur- und Gesellschaftspolitik, Ästhetik und Pädagogik (vgl. Störig, 1999) ausgebildet wurden. Diese Bereiche bilden das Fundament, auf dem auch heute noch die unterschiedlichen Wissenschaften aufbauen, ihre unterschiedlichen Entwicklungen beeinflussen unser heutiges Wissenschaftsverständnis.

      Platon geht davon aus, dass Erkenntnis durch Begriffe erzielt wird, aber nicht durch Wahrnehmung. Aristoteles hingegen geht davon aus, dass Menschen von sich aus nach Wissen („theoretische Neugier“) und damit nach Erfahrung streben. Bereits Aristoteles suchte nach sicheren Begründungen: „Er geht von der Welt unserer Erfahrungen aus, vom gesunden Menschenverstand und nicht von kühnen Thesen“ (Hauk, 2003, S. 80). Mit Aristoteles kann der Beginn der Verwissenschaftlichung der Welt angesetzt werden (vgl. Störig, 1999).

      Ausgehend von diesen sehr frühen, aber sehr grundsätzlichen Auseinandersetzungen haben sich zahlreiche Wissenschaftsströmungen entwickelt: Positivismus, Empirismus, Rationalismus, Logischer Empirismus/Logischer Positivismus, Kritischer Rationalismus, Kritische Theorie, Grounded Theory. Auf diese Strömungen soll an dieser Stelle nicht im Detail eingegangen werden, es sollen nur ein paar grundlegende Fakten festgehalten werden: Es gibt nicht das eine Konzept, das Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie darstellt, sondern nur mehrere Zugänge und Ansichten dazu. Das Verständnis von Wissen und wie es erzeugt wird, ist auch immer geprägt von den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen. Aus diesem Grund haben sich eben die verschiedenen Strömungen entwickelt, die verschiedene Begründungen für Erkenntnis und Theorie anführen (vgl. dazu bspw. Lauth & Sareiter, 2005; Schülein & Reitze, 2021; Steininger & Hummel, 2015).

      Im Kern drehen sich die zentralen – und hart diskutierten – Unterschiede aller wissenschaftstheoretischen Positionen um die Frage, wie und unter welchen Bedingungen Erkenntnis erlangt werden kann. Die Grundfrage ist also, ob Erkenntnis durch Erfahrung, also durch Wahrnehmungen [32] erlangt werden kann (Empirismus) oder ob die Quelle der Erkenntnis der Verstand ist (Rationalismus), die Erkenntnis also auf Sätzen gründet, deren Wahrheit im Lichte der Vernunft „selbstevident“ sind.

      In einer sehr (!) reduzierten Beschreibung basiert der Empirismus auf der Annahme, dass jede Erkenntnis und alles Wissen über die Welt nur durch die innere oder äußere Empfindung/Wahrnehmung/Erfahrung möglich ist. Alles Wissen entsteht damit erst durch die Erfahrung. Sinneserfahrung und Beobachtung gelten als Erkenntnisquelle. Im Rationalismus ist die „Ratio“, sind das Denken und die Vernunft die einzige oder wichtigste Erkenntnisquelle. Aus diesen Zugängen leiten sich auch die „klassischen Vorgänge“ für die Begründung und Überprüfung von Hypothesen/Theorien ab: die axiomatische Wissenschaft und die empirische Wissenschaft.

      Die axiomatische Wissenschaft folgt dem Konzept einer nicht-empirischen (erfahrungsunabhängigen) Begründung der wissenschaftlichen Erkenntnis (v. a. in Mathematik und Naturwissenschaft), die Erkenntnis folgt aus logischen Folgerungen, dies erfordert formale Logik. Der zentrale Begriff der formalen Logik ist dabei die logische Folgerung (Deduktion). In der axiomatischen Theorie gibt es eine Liste von Axiomen, das sind grundlegende Annahmen der Theorie über den jeweiligen Geltungsbereich. Aus diesen Axiomen können alle anderen Aussagen der Theorie als logische Deduktion abgeleitet werden. Diese Aussagen sind Theoreme. Die Gültigkeit der Theoreme ist sichergestellt, vorausgesetzt, die Axiome sind korrekt. Die Verifikation der Axiome erfolgt nicht durch formallogische Vorgänge, sondern durch die Berufung auf unmittelbare Evidenz oder auf Erfahrung und Experiment. Das (große) Problem dabei ist: Axiome sind letztlich Basissätze, die nur per Konsens, damit letztlich dogmatisch begründet werden (aber weder induktiv noch deduktiv). Die empirische Wissenschaft folgt dem Modell einer empirischen Begründung und Überprüfung von wissenschaftlichen Theorien. Die Zuschreibung von Wahrheitswerten zu den Axiomen einer wissenschaftlichen Theorie erfolgt auf empirischer Basis, also auf Grundlage von Beobachtungen, Messungen, Experimenten, die Axiome sollen durch Induktion begründet werden, also durch eine induktive Verallgemeinerung von empirischen Befunden (vgl. Lauth & Sareiter, 2005, S. 18–20).

      Beide Strömungen haben zahlreiche Befürworter und Kritiker gefunden, die Diskussion wurde im 20. Jahrhundert noch durch eine große Frage erweitert: Sind naturwissenschaftliche Methodenideale auf die Methoden der Sozialwissenschaften übertragbar? Können absolute, unbeeinflusste Fragen gestellt und derartige Aussagen getroffen werden? Dabei geht es im Kern um den Einfluss von Werten, [33] d. h. von persönlichen Meinungen, politischen Anschauungen etc., auf die wissenschaftliche Arbeit. Daraus entwickelten sich wirkungsmächtige Diskurse: der sog. Positivismusstreit und die Werturteilsproblematik.

      Der Positivismusstreit wird den beiden damals wie heute herausragenden Theoretikern Theodor W. Adorno und Karl Popper zugeschrieben, schreibt sich de facto aber bereits seit über hundert Jahren durch die sozialwissenschaftliche Debatte fort. In dieser Auseinandersetzung, die zwischen Karl Popper, Vertreter des Kritischen Rationalismus, und Theodor W. Adorno, Vertreter der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule, in den 1960er-Jahren ausgetragen wurde, ging es um die Zielsetzungen und das Methodenverständnis der Sozialwissenschaften. Für Popper hatte die Theorie zwar einen wichtigen Stellenwert, aber er war der Meinung, dass mit den Methoden der Naturwissenschaften gesellschaftliche Probleme untersucht werden können, um Problemlösungen zu finden. Adorno plädierte für die Veränderung der gesamten gesellschaftlichen Verhältnisse („Totalität der Gesellschaft“), denn jede Beobachtung der Gesellschaft sei von der Forscherperspektive beeinflusst. Auch Popper war klar, dass werturteilsfreie Wissenschaft nicht möglich ist, da Forscher nicht unvoreingenommen sind, aber durch das Falsifikationsprinzip könnten – so Popper – bestehende Ergebnisse immer wieder in Frage gestellt und es könnte somit die Wirklichkeit/Realität besser verstanden werden.

      Bei der Werturteilsproblematik, einer Diskussion, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland intensiv geführt wurde, ging es darum, inwieweit persönliche Wertvorstellungen und politische Einstellungen die wissenschaftliche Arbeit beeinflussen. Max Weber versuchte zwischen Tatsachen und Werturteilen zu unterscheiden, also zwischen Erfahrungswissen und Werturteil. Eine Tatsachenbehauptung „vermag niemanden zu lehren, was er soll, sondern nur, was er kann und – unter Umständen – was er will“ (Weber, 1968, S. 6) und ist in diesem Sinne objektiv und wertfrei. Werturteile sind Aussagen, sind Soll-Sätze, die objektiv nicht begründbar sind, wie bspw.: Eine Sozialwissenschaftlerin sollte sich nicht an Spekulationen beteiligen.

      In den Sozialwissenschaften werden zwei Positionen vertreten. Die eine, die mit Max Weber und auch Vertretern des Kritischen Rationalismus wie Karl Popper zu verbinden ist, tritt für das Postulat der Wertfreiheit ein. Die Vertreter der Kritischen Theorie, wie Theodor W. Adorno oder Jürgen Habermas, lehnen das Wertfreiheitspostulat ab, denn eine Kritik an der Gesellschaft sei ohne die Vermischung von Wert- und Sachaussagen grundsätzlich nicht möglich (vgl. Opp, 2014). Das Wertfreiheitspostulat [34] von Opp lautet, dass ein Wissenschaftler deutlich machen soll, „welche Äußerungen Wertungen und welche seiner Äußerungen objektsprachliche, d. h. Sachaussagen sind“ (Opp, 2014, S. 242). In der Frage der Werturteilsproblematik ist wesentlich – so wie auch Opp (2014) argumentiert –, dass Sachaussagen und Werturteile voneinander zu trennen sind und dass es natürlich nicht möglich ist, dass Wissenschaft völlig frei von Werten ist.

      Steininger und Hummel (2015, S. 38) systematisieren die Fragen der Wissenschaftstheorie in der Kommunikationswissenschaft und formulieren diesbezüglich folgende Einzelfragen, die leicht adaptiert so lauten:

      •Welche Ziele gibt es?

      •Wie wird Erkenntnis gewonnen?

      •Welche Methoden können angewandt werden?

      •Welche Merkmale und Voraussetzungen liegen vor?

      •Wie wird Erkenntnis überprüft?

      •Wie wird Erkenntnis systematisiert?

      Daraus ableitend folgern die beiden Autoren, dass es notwendig sei, sich mit der Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftsforschung (Wissenschaftssoziologie)