Kommunikationswissenschaftliches Arbeiten. Petra Herczeg

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Название Kommunikationswissenschaftliches Arbeiten
Автор произведения Petra Herczeg
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783846356395



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      Quelle: Bonfadelli et al., 2010, S. 8.

      Neben der Einteilung in Formal- und Materialobjekte kann man die Kommunikationswissenschaft auch ganz grob entlang der sog. „Lasswell-Formel“ (Harold Lasswell, 1948, vgl. dazu Burkart, 2019, S. 419–421) in bestimmte Forschungsfelder einteilen, wobei man diese Formel als Orientierungshilfe und nicht als letztgültige Abgrenzung und Eingrenzung [28] des Faches sehen darf. Sie lautet: „Who says what in which channel to whom with what effect?“ – und ist vermutlich der meistzitierte (Frage-)Satz aus unserer Fachtradition. Die Frage bezieht sich auf die Struktur der (öffentlichen) Kommunikationsprozesse:

WhoKommunikator
says whatInhalt; Aussage
in which channelMedium
to whomRezipient
with what effectWirkung

      •Kommunikator – Kommunikatorforschung

      Hier stehen die Medienschaffenden (Akteure) in ihrem engeren oder weiteren Berufsfeld im Mittelpunkt (Vertreterinnen von Journalismus, Public Relations, Werbung), es geht zentral um Prozesse der Produktion von Medienbotschaften. Kommunikatoren können bspw. Parteien, Verbände, Kirchen, Unternehmen etc. sein.

      •Inhalt; Aussage – Medieninhalts- bzw. Aussageforschung

      In diesem Bereich interessieren vor allem die durch Massenmedien in Form von manifesten und latenten Aussagen produzierten Medienrealitäten (Kommunikate).

      •Medium – Medienforschung

      Hier werden die vielfältigen Organisationen des Mediensystems, die Strukturen im Mediensystem und deren Entwicklung untersucht. Dazu gehören auch die formalen Angebotsweisen sowie die technisch bedingten Eigengesetzlichkeiten und Funktionsweisen.

      •Rezipient – Nutzungsforschung

      Unter Rezipienten versteht man die Leser, Hörer und Seher von Medien, also die verschiedenen Publika. Die Publika der Massenmedien, ihre Strukturen und Muster der Mediennutzung und die dahinter stehenden Wünsche und Erwartungen (Motivations- und Gratifikationsforschung) stehen hier im Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses.

      •Wirkung – Wirkungsforschung

      Von Interesse sind hierbei die individuellen und sozialen, intendierten und zufälligen, kurz- wie langfristigen, sozial erwünschten, aber auch schädlichen Effekte der Massenmedien auf Wissen, Einstellungen, Emotionen und Verhaltensweisen. Es geht also um die kurz- und langfristigen Folgen der Medienzuwendung für den Menschen und die Gesellschaft (bspw. psychologische Einstellungsforschung, soziologische Diffusionsforschung). [29]

      Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich eben nicht alle kommunikationswissenschaftlich relevanten Forschungsinteressen in diesem Modell unterbringen lassen: So ist bspw. die Frage nach dem Warum nicht gestellt, d. h., dass Motive und Interessen der am Kommunikationsprozess Beteiligten keine Berücksichtigung finden, und ebenso wird hier die Reziprozität, also der interaktive Charakter, ausgeblendet. Kommunikation ist keine „Einbahnstraße“, d. h., man darf sich diesen Prozess niemals nur einseitig von A nach B (von Sender zu Empfänger) ablaufend vorstellen (vgl. dazu Burkart, 2019, S. 420–422). Dies wurde jedenfalls lange Zeit (falsch) mit Blick auf die „legendäre“ Lasswell-Formel unreflektiert unterstellt. Bisweilen geschieht dies auch heute noch.

      Darüber hinausgehend stellen auch die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich Massenkommunikation abspielt, sowie die ökonomischen Voraussetzungen und die medientechnologische Basis einen Gegenstand der Forschung dar.

      Von den Forschungsfeldern zu unterscheiden sind die sog. Teildisziplinen der Kommunikationswissenschaft (vgl. Langenbucher, 1994):

      •Kommunikationstheorie

      •Methoden der Kommunikationsforschung

      •Medienlehre und Medienkunde

      •Kommunikations- und Mediengeschichte

      •Kommunikations- und Medienpolitik

      •Kommunikations- und Medienökonomie

      •Kommunikations- und Medienpraxis

      Diese klassische Unterteilung wird zeitgemäß ergänzt durch Kommunikations- und Medienpsychologie, Kommunikations- und Medienethik, Medienpädagogik und Kommunikationssoziologie.

      Hier zeigt sich auch ganz deutlich die Interdisziplinarität der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Die Kommunikationswissenschaft versteht sich als eine interdisziplinäre Sozialwissenschaft, d. h., es ist kaum möglich, sie begrifflich und vom Objektbereich her von anderen Wissenschaften abzutrennen. Fragestellungen reichen in andere verwandte Wissenschaften hinüber: Im engsten Kreise der Verwandtschaft stehen Soziologie, Psychologie und Politikwissenschaft, aber auch die Wirtschaftswissenschaften, die Geschichtswissenschaft, Pädagogik, Sprachwissenschaft bis hin zur Rechtswissenschaft teilen mit ihr Forschungsgebiete. Dieser Umstand wird im Allgemeinen als [30] positiv befruchtend aufgefasst, weil er erlaubt, bei der Erforschung der kommunikativen Realität verschiedenste Perspektiven einzunehmen.

      Die Allgegenwart medialer Kommunikation ermöglicht vielfältige Beziehungen zu anderen wissenschaftlichen Disziplinen. Besonders enge Kooperationsbeziehungen bestehen zu Fächern, mit denen die Kommunikations- und Medienwissenschaft gemeinsame Forschungsfelder oder Studiengänge ausgebildet hat. Beispiele für Forschungsfelder sind Kommunikations- und Medienethik, Kommunikationspolitik, Mediengeschichte, Medienlinguistik, Medienökonomie, Medienpädagogik, Medienpsychologie, Medienrecht, Mediensoziologie und Medientechnologie, politische Kommunikationsforschung und visuelle Kommunikation; von großer Bedeutung ist auch die Kooperation mit der geisteswissenschaftlich orientierten Medienwissenschaft. In allen diesen Bereichen findet ein erfolgreicher Austausch auf theoretischer und empirischer Ebene statt. Die Kommunikations- und Medienwissenschaft greift in Forschung und Lehre gesellschaftliche Wandlungsprozesse auf. Zentrale Stichworte sind hier Digitalisierung, Globalisierung, Individualisierung, Mediatisierung und Ökonomisierung. (DGPuK, 2008)

      Wissenschaftstheorie ist ganz basal formuliert die Wissenschaft von der Wissenschaft in all ihren Ausformungen und Facetten. Wissenschaft bedeutet, dass die Frage nach dem Warum gestellt wird, es ist das systematische und methodische Weiterfragen, und dies seit der klassischen griechischen Antike, der Geburtsstätte „unserer abendländischen rationalen Kultur“ (Poser, 2001, S. 11). Das Aufgabenverständnis der Wissenschaftstheorie kann dahingehend beschrieben werden, dass es um die Aufklärung über Wissenschaft geht, nämlich „über die Bedingungen ihres Funktionierens, ihrer Stagnation, Degeneration und Progression. […] Sie ist keine Metatheorie, keine Überwissenschaft, keine Methodologie a priori“ (Fischer, 1995, S. 254).

      Dies führt in weiterer Folge dazu, dass man sich mit Fragen der Erkenntnis auseinandersetzen muss. Denn Wissenschaftstheorie ist immer auch ein Teil der Erkenntnistheorie, auch wenn Fragestellungen nach Erkenntnis viel weiter zurückgehen als Fragen der Wissenschaft selbst. [31]

      Das Ziel der Wissenschaft ist es, Erkenntnis zu gewinnen. Wie man zu Erkenntnissen gelangt, wird in der Wissenschaftstheorie intensiv diskutiert, es gibt dazu unterschiedliche Zugänge und Vorstellungen.

      Nur um zu illustrieren, wie sich wissenschaftstheoretisches Denken entwickelt hat und wie lange es die Beschäftigung mit derartigen Fragen schon gibt, soll auf die drei großen Denker Griechenlands verwiesen werden: