Название | Besonderes Verwaltungsrecht |
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Автор произведения | Mathias Schubert |
Жанр | Языкознание |
Серия | Schwerpunkte Pflichtfach |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811453593 |
Vgl des Weiteren BGH, NJW 2000, 2810 – „Zwangsversteigerung“; OLG Hamm, NWVBl. 1992, 448 („Cranger Kirmes“); OLG Koblenz, NVwZ-RR 2003, 617 („Hochwasserschutz“) und unten Rn 285.
Vgl BGH, NVwZ 1986, 504 f zum Einvernehmen nach § 36 BauGB sowie BGHZ 106, 323 = DVBl. 1989, 504 ff (m. Anm. Papier) u. BGHZ 109, 380 zur Bauleitplanung auf Altlastenverdachtsflächen.
Teil I Kommunalrecht › § 2 Verfassungsrechtliche Gewährleistungen der kommunalen Selbstverwaltung
§ 2 Verfassungsrechtliche Gewährleistungen der kommunalen Selbstverwaltung
Inhaltsverzeichnis
I. Garantien im Grundgesetz
II. Garantien in den Landesverfassungen
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Fall 2: „Die Gleichstellungsbeauftragte“
§ 5 II GO NRW bestimmt, dass in kreisangehörigen Städten und Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern sowie in kreisfreien Städten hauptamtlich tätige Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen sind[1]. Die kreisangehörige Gemeinde G in NRW mit 12 000 Einwohnern verweist auf ihre schlechte Haushaltslage und möchte zusätzliche Ausgaben für die von ihr nunmehr wohl neu einzurichtende Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten vermeiden. Sie argumentiert, dass diese Norm sie unzulässig in ihrer durch die Selbstverwaltungsgarantie in Art. 28 II GG und Art. 78 II Verf. NRW verbürgten Organisations-, Personal- und Finanzhoheit beschränke.
Wie wäre über eine von der Gemeinde G fristgerecht beim Verfassungsgerichtshof für das Land NRW eingelegte Verfassungsbeschwerde zu entscheiden? Rn 71, 88 f
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Verfassungsrechtliche Gewährleistungen der kommunalen Selbstverwaltung finden sich in unserer bundesstaatlichen Ordnung sowohl innerhalb des Grundgesetzes – und hier namentlich im zweiten Abschnitt (Art. 20 ff GG: „Der Bund und die Länder“) – als auch in den Landesverfassungen[2]. Die grundgesetzlichen Bestimmungen sind dabei als Mindestgarantien zu verstehen, die durch Landesverfassungsrecht ergänzt und erweitert werden können.[3] Nicht nur auf Bundesebene (u. Rn 84 ff.), sondern vielfach auch auf Landesebene (u. Rn 87) steht den Kommunen zur Durchsetzung dieser Gewährleistungen gegenüber dem Gesetzgeber verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz im Wege der Kommunalverfassungsbeschwerde zur Verfügung.
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Von vorrangigem Interesse für die Kommunen ist vor diesem Hintergrund die Interpretation der jeweiligen landesverfassungsrechtlichen Garantien, die in entsprechenden Verfahren den Prüfungsmaßstab für die Landesverfassungsgerichte bilden[4]. Die Interpretation der landesverfassungsrechtlichen Normen hat sich nach Auffassung des BVerfG aber weitestgehend am materiellen Gewährleistungsgehalt des Art. 28 II GG zu orientieren[5], die deshalb im Folgenden im Vordergrund stehen sollen.
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Vorab ist noch darauf hinzuweisen, dass durch den Ende 2009 in Kraft getretenen Lissabonner Vertrag die kommunale Selbstverwaltung erstmalig im europäischen Primärrecht festgeschrieben worden ist (s. bereits Rn 10). Art. 4 II 1 EUV enthält die bemerkenswerte Aussage, dass die Union die nationale Identität ihrer Mitgliedstaaten achtet, „die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der regionalen und lokalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt“[6]. Zudem werden die regionale und lokale Ebene ausdrücklich noch in Art. 5 III EUV – der Bestimmung über die Subsidiarität – erwähnt. Ob mit diesen ausdrücklichen Normierungen eine Positionsstärkung der Kommunen in der EU einhergeht, wird jedoch nach wie vor kontrovers diskutiert[7].
Teil I Kommunalrecht › § 2 Verfassungsrechtliche Gewährleistungen der kommunalen Selbstverwaltung › I. Garantien im Grundgesetz
1. Institutionelle Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung (Art. 28 II 1 GG)
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Den Gemeinden muss gemäß Art. 28 II 1 GG das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln[8]. Diese Garantie ist keine grundrechtliche Gewährleistung.
Gegen ein solches Verständnis des Art. 28 II GG sprechen bereits
– | die vorgenannte systematische Stellung innerhalb des Staatsorganisationsrechts und damit (anders als die Vorgängervorschrift des Art. 127 WRV) außerhalb des Grundrechtskataloges, |
– | das (im Folgenden noch zu behandelnde) Fehlen einer individuellen Bestandsgarantie für Gemeinden, |
– | der Schutzzweck der Grundrechte (Schutz des Bürgers gegenüber dem Staat, nicht aber Schutz von Verwaltungssphären), |
– | dass zum Schutz der gemeindlichen Selbstverwaltung nicht die Verfassungsbeschwerde (Art. 93 I Nr 4a GG) einschlägig, sondern eine eigene sog. Kommunalverfassungsbeschwerde (Art. 93 I Nr 4b GG) geschaffen worden ist (dazu Rn 84). |
Sie verkörpert vielmehr eine institutionelle Garantie[9], d.h. die Verbürgung einer komplexen öffentlich-rechtlichen Einrichtung mit den ihr typischerweise zugehörenden, sie essenziell prägenden, weitgehend historisch überlieferten, funktionalen und institutionellen, rechtlichen und politisch-soziologischen Gehalten in generalklauselartiger Umschreibung[10].
Neben dieser institutionellen Rechtssubjektsgarantie, die als staatsorganisatorisches Aufbauprinzip den Bestand, also das „Ob“ der Gemeinden als Glied im gestuften Staatsaufbau innerhalb der Länder (vgl auch Art. 106 IX GG) sichert[11], umfasst Art. 28 II GG auch eine objektive Rechtsinstitutsgarantie, welche das „Wie“ und „Was“ der Selbstverwaltung betrifft, indem er einen bestimmten Aufgabenkreis („Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“) und die eigenverantwortliche Wahrnehmung („in eigener Verantwortung“) dieser Aufgaben garantiert.[12] Zusammengenommen ist damit ein Schutz der Rechts- und Organisationsform als solcher mit ihren als zentral