Название | Unbeugsam – ein außergewöhnliches Leben zwischen Ost und West |
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Автор произведения | Dr. Werner Resch |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991075325 |
Eine Sondervorschrift war, duschen nur in Schuhen oder Badelatschen, Füße sollten vor Infektionen geschützt werden. Es gab drei Duschplätze, aber nur einen intakten Duschkopf, aus zwei Rohren kam das Wasser direkt geströmt.
Haken für die Klamotten gab es im Duschraum nicht. Gegenüber den aktiven drei Duschplätzen lagen auf altem Mauerwerk Besenstiele, auf die die Sachen abgelegt werden konnten. Ich ging täglich etwa 17 Uhr zum Duschen, weil zu dieser Zeit die Ausgabe des Abendessens begann und unter der Dusche kein Andrang mit längeren Wartezeiten gegeben war.
Ein weiteres wichtiges Element im Knastleben war der Friseur.
Nach Anmeldung bei dem diensthabenden Beamten musste man auf einer Treppe stehen und 1 bis 2 Stunden nutzlos warten, bis die Tür für die betreffende Person geöffnet wurde und der Weg zum Friseur war frei. Die insgesamt 4 Friseure, die ich in meiner Zeit in Viterbo erlebt habe, waren o. k.
Sogar mein Freund Senna war etwa 4 Monate Friseur, er hatte den Job während seiner Haft in Sizilien gelernt. Nach dieser Zeit als Friseur wurde Senna noch Helfer im medizinischen Dienst und später Hausarbeiter für alle Reparaturen im Gefängnis.
Senna konnte alles.
Die Entlohnung für alle Arbeiten im Gefängnis entsprach der speziellen Situation mit den „Geldströmen“ im Gefängnis.
So bekam eine Friseur 560 € im Monat als Bruttolohn ausgewiesen, ausgezahlt nur 40 €. Wo sind die 520 € geblieben? In der Küche bekamen die Leute 560 € brutto, nur 80 € netto.
Das Gefängnis Viterbo hatte in Italien in der Bevölkerung den interessanten Namen „Malina Gelina“, gelbe Mutter, dieser Knast war wirklich außergewöhnlich.
600 bis 700 Gefangene, Sektionen mit jeweils 50 Gefangenen, in 25 Zellen. Relative Freiheiten, täglich 4 Stunden Hofgang oder Campo, zusätzlich waren von 15 bis 19 Uhr die Zellentüren geöffnet.
Das Problem war das System, die technischen Abläufe und natürlich die Menschen, Gefangene und Polizei.
Bei dem täglich zweimal möglichen Hofgang wird jeweils der Name in einer langen Liste notiert.
Dann kommen Zwischenfälle. Ich nenne den Namen, der Polizist schrie laut „Heil Hitler!“, stand auf mit dem faschistischen gestreckten Arm. Ich murmelte na, na, na und ging schnell weiter. Den Mann hatte ich noch nie gesehen, der wusste aber, Resch ist der einzige Deutsche in dem Knast.
Karfreitag 2017 große Prozession, auf allen Fluren, drei Priester, Ministranten, Kruzifix, Fahnen, Musik und Gesang.
Die Gefangenen eingeschlossen hinter den Gittertüren, die Zellen werden einzeln gesegnet. So etwas habe ich noch nie erlebt, viele Gefangene knieten, andere hingen an den Gitterstäben, ich war nur neugierig. Egal welche Glaubensrichtung, die meisten Gefangenen waren orthodoxen oder muslimischen Glaubens, die katholischen Priester hatten alles im Griff.
Ostern bei wunderbarer Sonne, Campo im Gras gelegen und von meiner Frau und der Heimat geträumt.
Das Leben ging weiter. Die ständigen Kontakte mit meinem Anwalt Ceccarelli waren sehr gut. Der Avv. war 34 Jahre jung und ein Kämpfer. Das italienische Gesetz gibt für jeweils 6 Monate im Gefängnis einen „Rabatt“ (Strafminderung) von 45 Tagen. Ceccarelli organisierte einen Kontakt über Video-Konferenz zu der Richterin Falcone, ein berühmter Name. Staatsanwalt Falcone wurde in Sizilien durch die Mafia ermordet. Wir haben meinen Fall besprochen, ich bekam ohne Probleme am 26. Mai die ersten 45 Tage, und am 12.06. die zweiten 45 Tage, die 90 Tage Rabatt waren endlich ein kleiner Erfolg.
Ceccarelli ermittelte im Gesetz eine weitere interessante Möglichkeit, meine Gefängniszeit schnellstmöglich zu beenden.
Wie in den deutschen Haftanstalten gibt es in Italien auch Sozialarbeiter, in Viterbo für die große Menge der Gefangenen allerdings viel zu wenig. Voranmeldung etwa 8 Wochen Wartezeit.
Ich lernte eine sehr gute junge Sozialarbeiterin kennen mit englischen Sprachkenntnissen, aber sie konnte absolut nichts unternehmen in meinem speziellen Fall, Auslieferung nach Deutschland.
Nach dem italienischen Gesetz ist festgelegt, dass bei Haftstrafen bis zu 3 Jahren der Verurteilte gefragt werden muss, ob er Gefängnis oder Sozialarbeit akzeptieren will. Mich hat keiner gefragt, wie festgestellt, hatte ich keinen eigenen Anwalt im Verfahren in Turino.
Das war natürlich der Ansatz, wegen eines absoluten Verfahrensfehlers sofort entlassen zu werden. Ceccarelli schreibt sofort an das Oberlandesgericht Torino. Nach etwa 6 Wochen kommt eine fadenscheinige Ausrede, die Anwälte wurden informiert, der Angeklagte hat am Verfahren nicht teilgenommen, konnte also nicht gefragt werden.
Ceccarelli legt beim höchsten Gericht in Rom Berufung ein, ebenfalls ausführlich auf fünf Seiten. Entscheidung des Gerichts, Resch war nicht auffindbar, Anwälte wurden benachrichtigt. Absoluter Unfug, mich hätte jeder Polizist in Ratingen, an meiner Wohnadresse, befragen können, Gefängnis oder Sozialarbeit.
Aber ich hatte noch nicht einmal eine Information über das Verfahren in Torino in der ersten Instanz.
Sehr zurückhaltend bemerke ich hier, das alles ist allerdings typisch für die Situation in Italien. Das eigene Schicksal bestätigt nur, was ich über viele Urteile und Schicksale in einem Jahr im Gefängnis in Italien gehört und erfahren habe.
Die schlimmste Situation im Gefängnis war für mich die Operation der Hüfte meiner Frau am 3. Mai 2017, im Krupp-Krankenhaus in Essen. Normalerweise werden Hüft-OPs chirurgisch seriös abgewickelt, das Problem lag in der Herzinsuffizienz und der CoPD-Lunge, an den Problemkrankheiten leidet meine Frau tapfer seit einigen Jahren.
Hier ging es wirklich um das Leben. Wir sind 55 Jahre verheiratet und meine Inne ist eine wunderbare Frau. Vorher Angst und Hoffnung, dann Operation, am Tag der OP 17.00 Uhr Information von meinem Sohn, alles gut verlaufen. In meinem Tagebuch steht, das beste Telefongespräch meines Lebens. Ich dachte immer, wenn Inne sterben sollte, will ich die schönen Hände halten, das Schicksal hatte mich in Italien festgenagelt. Grausam, aber es ging alles gut, noch 4 Wochen Reha, ausgerechnet in einer der Kliniken der Familie von Graf von Oeynhausen in Bad Driburg. Im Gräflichen Parkhotel haben wir über 30 Jahre glückliche Zeiten verbracht. Das machte mich wieder glücklich und sportlich voller Energie.
Es gab einen Rückschlag bei der Rückkehr meiner Frau in Ratingen, unser Sohn Sascha lag mit einer Magendarminfektion im Bett.
Meine Frau steckte sich an, mit dem komplizierten Virus „Rota“ und musste wieder eine Woche nach Düsseldorf in die Augusta-Klinik.
Wieder das schlimme Gefühl, nicht helfen zu können, nicht dabei zu sein in den schwierigen Tagen.
Der einzige Trost, ich wusste, unser Sohn Sascha, schützt und behütet seine Mutter mit vollem Einsatz seiner Kräfte.
Dafür bin ich ihm ewig dankbar.
Für meine Frau folgte ein Jahr mit Gehhilfen, erst zwei Stöcke, dann eine längere Zeit mit einem Stock, ich habe meine Frau nie mit den Gehhilfen gesehen. Die Gehhilfen liegen im Keller.
Dann gab es noch einen „Schlag“. In meinem Beisein, erst zwei Wochen ohne Gehhilfen, ist meine Frau gestürzt, beide Hände gebrochen. Für mich war das der Beginn der großen Hilfe im Haushalt, ich habe viel lernen müssen, Respekt für alle Hausfrauen.
Neben dem Kontakt zur Familie und bei mir persönlich, zur Sicherstellung des sportlichen Trainings ist im Gefängnis zum Überleben ganz wichtig, die richtigen Leute in der Zelle zu haben.
In der Regel ist das nicht steuerbar. Seit meinem „Umzug“ in die Etage 2c hatte ich, durch die Unterstützung des Capo Reparto, ein großes Schild an der Tür: „Non Fumatori“ Nichtraucher.
Als einziger Gefangener im Knast in Viterbo, eine derartige „Sonderbehandlung“ gab es normalerweise nicht. Es kamen und gingen zwei Leute, aber am 4. April kam ein neuer Mann, Rumäne, daraus wurde ein schlimmes Finale meiner Zeit im Gefängnis Viterbo.
Er