Название | Deutschland ein Rechtsstaat? |
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Автор произведения | Nikolaus Orlop |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783991076957 |
Der Arbeitsamtsdirektor in München erstattete wegen dieses Sachverhalts kurze Zeit später Strafanzeige wegen Betruges gegen den Geschäftsführer des besagten Unternehmens. Er meinte, weil das Bauunternehmen den Auftrag nicht mit eigenen, sondern mit fremden Arbeitern ausführte, habe es sich offensichtlich durch Betrug die Kurzarbeit in dieser Höhe erschwindelt. Das zuständige Landgericht hatte bereits die Anklage zugelassen. Wegen der zu erwartenden Freiheitsstrafe von mindestens vier Jahren sollte die Strafkammer mit drei Berufsrichtern verhandeln. Eine bedeutende Anwaltskanzlei hatte die Strafverteidigung übernommen.
Für die Vertretung in einem großen Arbeitgeberverband, dem das Bauunternehmen als Mitglied angehörte, wurde es nun kritisch. Denn einerseits war das Unternehmen bei der Beantragung des Kurzarbeitergeldes eingehend beraten worden, andererseits sollte dieses Verhalten nun plötzlich ein schweres Vergehen oder Verbrechen sein. Ein Fachanwalt für Sozialrecht wurde eingeschaltet, der das Verhalten des Arbeitgeberverbandes voll billigte. Andererseits gab es auch noch die Überprüfungsmöglichkeit beim Sozialgericht. Denn das Arbeitsamt hatte einen Aufhebungsbescheid hinsichtlich des Kurzarbeitergeldes erlassen, der fristgemäß (innerhalb eines Monats) angefochten werden musste. Das wiederum bot die Gelegenheit, vor diesem Gericht, das sich tagaus tagein mit solchen Fällen zu beschäftigen hat, eine Auskunft in sachlicher und rechtlicher Hinsicht nach den gesetzlichen Vorschriften zu bekommen. Das zuständige Sozialgericht erklärte auf Anfrage, es würde in jedem Fall die eingereichte Anfechtungsklage abweisen, so dass der Bauunternehmer das Kurzarbeitergeld in Höhe von 400.000 DM zurückzahlen müsste, ganz abgesehen davon, dass dessen Geschäftsführer im Strafverfahren mit einer erheblichen Strafe zu rechnen hatte.
Als der Justitiar des Arbeitgeberverbandes daraufhin die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg, genauer gesagt, das für das Arbeitsamt zuständige Landesarbeitsamt in Nürnberg auf das rechtswidrige Verhalten des Arbeitsamtsdirektors und in der Folge die unrichtige rechtliche Auffassung der Strafkammer und des Sozialgerichts hinwies, wurde diese rechtswidrigen Maßnahme (Strafanzeige wegen Betrugsversuches durch das Arbeitsamt München) ohne nähere Begründung sofort aufgehoben und beseitigt. Das Strafverfahren vor dem Landgericht München und der mögliche Prozess vor dem Sozialgericht waren damit erledigt.
Ohne das Einschalten der Bundesanstalt für Arbeit wäre es zu zwei großen Fehlurteilen, einmal beim Strafgericht, einmal beim Sozialgericht, mit erheblichen Nachteilen für das Bauunternehmen gekommen. Das Arbeitsamt wusste oder hätte wissen müssen, dass bei diesem geschilderten Sachverhalt niemals ein Betrug vorliegen konnte. Die Strafkammer mit drei Berufsrichtern hätte ebenso wie die Staatsanwaltschaft ihre falsche rechtliche Auffassung erkennen oder sich zumindest durch Fachkompetenz informieren können. Und das Sozialgericht, das im Wesentlichen ständig mit diesen Fällen zu tun hat, hätte sich ebenfalls nicht auf Unkenntnis berufen können.
Wie kann eine derartige Unkenntnis in zwei unabhängigen Gerichten überhaupt möglich sein? Man kann nicht soweit gehen, zu behaupten, die deutsche Justiz sei nur noch mit unwissenden Richtern besetzt. Wäre das Landesarbeitsamt Nordbayern nicht eingeschritten, hätte die große Strafkammer eine hohe Freiheitsstrafe ausgesprochen und das mittelständische Unternehmen wäre womöglich ruiniert gewesen.
Richterliche Verstöße im Arbeitsrecht
Das Arbeitsgerichtsverfahren ist ein gesonderter Gerichtszweig des Zivilverfahrens und regelt die Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, wobei das Ziel dieser Gerichte ist, ein streitiges Arbeitsverhältnis nicht durch ein Gerichtsverfahren zusätzlich zu belasten. Aus diesem Grunde ist ein zwischen den Parteien geschlossener Vergleich nicht nur vom Gesetzgeber ausdrücklich gewünscht, sondern auch eine durchaus erstrebenswerte Beendigungsmöglichkeit in diesem Gerichtsverfahren. Oberster Grundsatz des Arbeitsgerichtsverfahrens sollte und müsste allerdings sein, dass es sich dabei um ein objektives Gerichtsverfahren handelt, bei dem der Richter ausschließlich nach den gesetzlichen Vorschriften den Sachverhalt abschließend beurteilt und nicht eine der beiden streitenden Parteien bevorzugt.
1. Richter als Sozialpolitiker
Es gibt zwar immer wieder Anwälte, vor allem solche, die in der Regel ausschließlich Arbeitnehmer vor den Arbeitsgerichten vertreten und behaupten, der Arbeitgeber habe vor diesem Gerichtszweig keinerlei Chancen. Das ist zwar grober Unsinn, weil im Allgemeinen ein objektiver Vorsitzender Richter den Arbeitnehmer, der vielleicht eine Bevorzugung erhofft, von vornherein darauf hinweist, dass es sich hierbei um ein objektives Gerichtsverfahren handelt. Ein korrekter Richter würde darauf hinweisen, dass ausschließlich die Sach- und Rechtslage den Ausgang des Verfahrens bestimmen. Dennoch sind häufig Richter oder Richterinnen anzutreffen, die dazu neigen, den Standpunkt des Arbeitnehmers etwas positiver und auch wohlwollender zu sehen.
In diesem Sinne äußerte sich auch ein Richter am Arbeitsgericht Hamburg ganz offen und unmissverständlich. Er erklärte nämlich vor laufender Kamera ungeniert, ihm gehe es bei der Arbeitsgerichtsverhandlung nicht um Rechtsprechung. Er wolle vielmehr in der von ihm geleiteten Gerichtsverhandlung ausschließlich Sozialpolitik für die Schwächeren in unserer Gesellschaft betreiben.
Was mit diesem Arbeitsrichter in der Justiz in Hamburg geschah, ist nicht bekannt. Tatsache ist aber, dass ein derartiger Vorsitzender Richter nicht nur gegen den absoluten Grundsatz der Objektivität in der Justiz verstößt. Für ihn war auch der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gewaltenteilung ganz offensichtlich ein Fremdwort.
2. Richter nötigt zum Vergleichsabschluss
In ähnlicher Weise verhielt sich ein Richter am Arbeitsgericht München, der dafür bekannt war, dass er mit der Verfahrensordnung und wohl auch dem materiellen Arbeitsrecht offensichtlich Schwierigkeiten hatte. Wenn bei einem arbeitsgerichtlichen Termin die Parteien im Sitzungssaal erschienen, begann er sofort mit dem Satz: „Ich mache nur Vergleiche“. Sollte sich dann aus verständlichen Gründen einer der Parteienvertreter, in der Regel der Arbeitgebervertreter, weigern, ging der Richter soweit, die Parteien ins Beratungszimmer zu nötigen, um hier, ohne Anwesenheit der notwendigen Öffentlichkeit, über eine vergleichsweise Beendigung des Rechtsstreits zu verhandeln und die Parteien förmlich zu einem Vergleichsabschluss zu zwingen.
Dieser Richter hatte, einmal unterstellt, dass ihm die Verfahrensordnung zumindest in den Grundzügen bekannt war, die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), einen diesbezüglichen Sachverhalt zu erforschen, gründlich missverstanden. Dieses Gesetz befasst sich, wie schon der Name sagt, mit dem allgemeinen Schutz des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber durch Kündigung das Arbeitsverhältnis beenden möchte.
Nach § 9 KSchG kann der Richter, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz Unwirksamkeit der Kündigung nicht mehr zuzumuten ist, das Arbeitsverhältnis auf Antrag auflösen. Gleichzeitig spricht das Gericht dem Arbeitnehmer eine angemessene Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes zu. Viele Arbeitsrichter vermitteln allerdings den Eindruck, wegen des laufenden Rechtsstreits zwischen den Parteien sei die Fortsetzung des Vertragsverhältnis dem Arbeitnehmer in der Regel sowieso nicht mehr zuzumuten. Sie arbeiten deshalb häufig auf eine Beendigung mit einer Abfindung hin. Dies hat einerseits für den Richter den immensen Vorteil, in einer Verhandlung den Rechtsstreit insgesamt zu beenden, andererseits muss das Gericht keine Entscheidung mehr treffen, die durch ein Berufungsurteil des Landesarbeitsgerichtes wieder aufgehoben werden könnte. Und die Anwälte werden vom Gesetzgeber zusätzlich belohnt, indem sie bei Vergleichsabschluss neben den normalen Gebühren eine zusätzliche Vergleichsgebühr erhalten.
In dieser Weise wird, manches Mal fast in Form einer Nötigung, die eine Partei, meistens der Arbeitgeber, zum