Handbuch E-Learning. Patricia Arnold

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Название Handbuch E-Learning
Автор произведения Patricia Arnold
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783846349656



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einer Lernplattform kann kaum noch in Betracht kommen, wenn diese bzgl. der Funktionen an die bereits am Markt verfügbaren Angebote heranreichen soll, und dürfte häufig die Lizenzgebühren kommerzieller Anbieter erheblich übersteigen.

      Favorisierte Lernplattformen sollten in einer Produktpräsentation geprüft und/oder als Testversion erprobt werden, damit sich das Auswahlgremium ein Bild über deren Aufbau und die Funktionsweise machen kann. Allerdings ist ein Testbetrieb arbeits- und zeitintensiv, zumal dies unter Umständen bedeutet, dass sich die Plattform­nutzer mehrmals auf ein neues System einstellen müssen. Statt eines Testbetriebs können alternativ Erfahrungen anderer Bildungseinrichtungen und Nutzer mit bestimmten Lernplattformen erfragt werden. Dies bietet außerdem den Vorteil, dass die Erfahrungen verschiedener Nutzergruppen – etwa technische Administratoren, Rechenzentren, Lehrende und Lernende – einbezogen werden können. Renommierte Anbieter von Lernplattformen verweisen oft in ihren Produktpräsentationen auf entsprechende Referenzlisten.

      Nach der Auswahl der Lernplattform erfolgen die technische Implementierung und die Einführung der Anwender in die Nutzung. Gerade die Einführung ist von Bedeutung, wenn die Lernplattform und darüber hinaus der virtuelle Bildungsraum auch lebendig genutzt werden sollen (Kap. 3.1; Kap. 3.7). Es kann davon ausgegangen werden, dass die meisten Bildungsanbieter bereits eine (oder mehrere) Lernplattformen betreiben. Jedoch können durch Produktaktualisierungen die Lernplattformen neue Funktionen erhalten, wie z. B. die Einbindung und Nutzung von Videodiensten, Möglichkeiten der mobilen Nutzung oder die Implementierung neuer Standards. Über die neuen Funktionen sind die Akteure entsprechend zu informieren und im Umgang damit zu unterrichten. Dies betrifft alle Nutzer, von Lernenden und Lehrenden über die Verwaltung, technische Administration usf., sowie das gesamte Nutzungsszenario, also nicht nur die technischen Aspekte, sondern u. a. auch organisatorische Fragen (z. B.: Wo werden Dateien abgelegt? Wie wird der Kalender verwaltet? Gibt es Ferienzeiten?) und datenschutzrechtliche Fragen (z. B.: Welche Nutzerdaten werden erhoben und sind von wem einsehbar?). Es ist nicht davon auszugehen, dass zur Einführung der Lernplattform bereits alle Nutzungsformen für alle Akteure beschrieben werden können. Diese entwickeln sich im Laufe der Arbeit mit dem System. Jedoch sollten diese Entwicklungen und die daraus entstandenen Regularien für alle, insbesondere für neu hinzukommende Lehrende, Lernende usw., hinterlegt und abrufbar sein. In diesem Zusammenhang sollte das Zusammenspiel aller Nutzergruppen in Pilotphasen getestet werden, wie etwa die Zusammenarbeit zwischen den Lehrenden und der Verwaltung oder den Lehrenden und der technischen Administration (Hettrich/Korolova 2003, 79).

      3.6.2 Technische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen

      Konkrete Auswahlentscheidungen müssen über die bisher diskutierten pädagogischen Kriterien hinaus weitere Aspekte in Betracht ziehen. Schulmeister (2000) verweist auf Design, Technologie, Support sowie wirtschaftliche Gesichtspunkte; Arnold (2001, 41) nennt Wirtschaftlichkeit, Performance (Reaktionszeiten, Stabilität etc.), Skalierbarkeit (Erweiterbarkeit), Integration in die bestehenden Technologien und Komfortabilität des Kursmanagements.

      Die verwendete Technologie

      Bei den derzeit angebotenen und etablierten Lernplattformen kann davon ausgegangen werden, dass diese bzgl. der verwendeten Technologie keine komplexen Anforderungen für die Anwender mitbringen und üblicherweise keine nennenswerten Softwareinstallationen auf der Seite der Lernenden benötigen. Zugleich passen sich die Systeme zunehmend den neuen Lerngewohnheiten an, indem sie z. B. auch den mobilen Zugriff unterstützen (Responsive Webdesign).

      Andererseits sollte darauf geachtet werden, dass sich das System in die IT-Infrastruktur des Bildungsanbieters einpasst. Welche Systeme verwendet die Verwaltung und lassen sich diese mit der Lernplattform verknüpfen, um die Verwaltung der Lernenden zu optimieren? Besitzt der Anbieter eigene Server und Administratoren, die eine Wartung der Lernplattform erlauben, oder sollte auf Fremdanbieter von Lernplattformen zurückgegriffen werden? Bietet die Lernplattform ein breites Spektrum an zusätzlich nachrüstbaren Instrumenten und kann die Plattform an die eigenen Bedarfe angepasst werden? Auch der Vergleich von kommerziellen Angeboten und Open-Source-Lösungen lohnt sich. Während bei kommerziellen Anbietern oft der technische Support im Angebot enthalten ist, muss dieser häufig bei Open-Source-Lösungen von der Einrichtung selbst getragen werden. Demgegenüber stehen oft mehr Freiheiten bei der Anpassung der Lernplattform an die eigenen Bedürfnisse, Kontrolle über die Funktionalitäten der Lernplattform sowie eine große Entwicklergemeinschaft, die die Lernplattformen stets weiter optimiert und anpasst.

      Diese exemplarischen Fragen skizzieren die Spannweite der technischen Dimensionen. Es kann davon ausgegangen werden, dass mittlerweile viele Bildungsanbieter eine entsprechende IT-Infrastruktur für E-Learning-Angebote besitzen. Hier lohnt es sich, Erfahrungen anderer Anbieter zu erfragen oder sich Beratungen bei entsprechenden Dienstleistern einzuholen, die sich als Support-Einrichtungen für E-Learning am Markt etabliert haben.

      Wirtschaftliche Gesichtspunkte

      Kosten bei der Auswahl einer Lernplattform ergeben sich nicht nur durch die Anschaffung der Hard- und Software, sondern auch durch die Lizenzbedingungen, die bei der Auswahl berücksichtigt werden müssen. Auch hier wird den Open-Source-Lösungen ein Vorteil zugesprochen, da diese kostenfrei genutzt werden können. Allerdings entstehen dem Bildungsanbieter Kosten für die Administration solcher Lösungen. Häufig nicht berücksichtigte Kosten fallen außerdem bei der Anpassung vorhandener Systeme an, der Bereitstellung notwendiger Hard- und Software und der Weiterentwicklung eines Systems.

      Darüber hinaus haben sich auch Kooperationsanbieter am Markt etabliert, die Lernplattformen für das E-Learning als Serviceeinrichtung betreiben. So gibt es für Universitäten in verschiedenen Bundesländern spezielle Ansprechpartner, z. B. der Virtuelle Campus Rheinland-Pfalz (http://www.vcrp.de) oder das Bildungsportal Sachsen (https://bildungsportal.sachsen.de) oder für Schulen das Angebot von Lehrer-Online (https://www.lo-net2.de). Einige dieser Anbieter bieten den Service für entsprechende Einrichtungen auch kostenfrei an.

      Die diskutierten und vor dem Hintergrund der Schnittstellenoffenheit und Kompatibilität verschiedener Systeme angesprochenen Standards von E-Learning-Materialien und -Modulen (Kap. 10) sollten bei der Auswahl einer Lernplattform berücksichtigt werden. Auch die Verwaltung, Nutzung und Wiederverwertung von Lernmaterialien sowie die Einbindung verschiedener Module in die Lernplattform sollte unterstützt werden.

      3.6.3 Auf Benutzerfreundlichkeit achten

      Benutzerfreundlichkeit (Usability) ist ein Begriff, der aus der Softwareergonomie stammt und auf die Gebrauchsfähigkeit eines Produktes verweist. Es gibt mehrere ISO-Normen zur Benutzerfreundlichkeit: z. B. ISO 14915 (Softwareergonomie für multimediale Nutzerinterfaces), ISO 13407 (für benutzerorientierte Gestaltung interaktiver Systeme), ISO 4291 (Mensch-System-Interaktion). Häufig sind die Anforderungskataloge umfangreich und nicht einfach in eigene Projekte zu übertragen. Stapelkamp (2007) und Schweibenz/Thissen (2003) geben einen umfassenden Einblick in den Bereich der nutzerfreundlichen Gestaltung von Online-Systemen.

      Für den Bereich des E-Learning sollen nachfolgend die vier Dimensionen von Benutzerfreundlichkeit vorgestellt werden (Reglin 2001):

       Operability meint die Bedienbarkeit eines technischen Systems. Reglin (2001, 58) plädiert hier für die „Unaufdringlichkeit“ bei der Interfacegestaltung. So sollen „Lernsysteme ergonomisch zweckmäßig und intuitiv nutzbar“ gestaltet werden, damit „das Lernprogramm nicht ‚erster Lerngegenstand‘ wird und die Aufmerksamkeit der Lernenden sich ganz den zu erarbeitenden Inhalten widmen kann“.

       Accessibility meint den Zugriff und die Verfügbarkeit von Inhalten. „Wir fragen danach, wie Lerneinheiten gegeneinander abgegrenzt und miteinander verknüpft – oder verknüpfbar – sind, ob und wie sie sich zu einem konsistenten System fügen und durch welche Verfahren ein solches Lernsystem sicherstellt, dass sicher und zielgenau auf