Handbuch E-Learning. Patricia Arnold

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Название Handbuch E-Learning
Автор произведения Patricia Arnold
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783846349656



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Präferenzen das angestrebte Wissen anzueignen bzw. zu erarbeiten.

      Integration eines adaptiven Lernsystems

      Die Integration eines adaptiven Lernsystems zur Analyse und Bewertung der Handlungen der Lernenden und der daraus automatisch erzeugten Empfehlungen für ihre weiteren Lernhandlungen ist eine aktuelle informationstechnische Entwicklung zur Vervollständigung der PLE. Mit der Anwendung einer automatischen Lernprozessanalyse (Learning Analytics, siehe Kap. 7.9) können die Lernhandlungen und der Lernstand in der Bearbeitung der jeweiligen Lerneinheit automatisch aufgezeichnet und ausgewertet werden. Grundlage dafür sind aussagekräftige lerntheoretisch und pädagogisch fundierte Modelle von Lernprozessen mit digitalen Medien, die als wirksam eingeschätzt werden. So wird z. B. aufgezeichnet, ob der Lernende bereits alle Inhalte der Lerneinheit bearbeitet hat, wie er seine Kompetenzen in dem jeweiligen Themengebiet einschätzt, mit welchem Ergebnis er Aufgaben bearbeitet hat oder welchen Inhalt er bereits in welcher Zeit bearbeitete. Dem Lernenden werden die ausgewerteten Ergebnisse und die daraus automatisch abgeleiteten Empfehlungen für seine weiteren Lernhandlungen präsentiert. Er kann so erkennen und reflektieren, ob er mit dem aufgezeigten Ergebnis sein Lernziel bereits erreicht hat oder welche identifizierten individuellen Lernschwächen er dafür noch auf welchen der vom Lernsystem empfohlenen Wegen inhaltlich bearbeiten muss. Dafür kann zum einen das Lernsystem Lernpfade empfehlen, die sich automatisch an das aufgezeichnete und ausgewertete bisherige Vorgehen des Lernenden anpassen und somit einen individuellen Weg durch die Lerneinheit empfehlen. Das Lehrpersonal kann zum anderen sowohl den Gesamtfortschritt der Lernenden im angebotenen Kurs als auch eventuelle Verständnisprobleme oder Defizite in einzelnen Themenbereichen erkennen und diese z. B. durch Lernberatungsangebote oder Zusatzaufgaben beheben.

      Das Ziel der Integration von PLE und adaptivem Lernsystem ist, dem Lernenden einen effizienten Lernprozess zu ermöglichen, sich also auf die wesentlichen Lern­inhalte und Lernhandlungen zu konzentrieren, statt viel Zeit für die Suche nach den Inhalten aufzuwenden. Dafür wird dem Lernenden auch ein Überblick über die Struktur und die Themen der Lerneinheit geboten mit Verortung seines bisherigen Lernfortschritts.

      Mögliche Probleme beim Einsatz von Persönlichen Lernumgebungen

      Eine Persönliche Lernumgebung hat nicht nur Vorteile. Ihre hohe Individualisierbarkeit macht es – im Gegensatz zu einer Lernplattform – fast unmöglich, diese durch Dritte zu administrieren. Wenn technische Probleme auftreten, sind die Lerner auf sich gestellt, um eine Lösung zu finden. Das kann z. B. die fehlerhafte Einrichtung eines Netzzugangs sein, der plötzliche Verlust aller Bookmarks, versehentliches Löschen von Daten in einer Cloud oder ein vergessenes Passwort für eine Online-Anwendung. Diese wenigen Beispiele verdeutlichen weitere Vorteile einer zentral gepflegten Lernplattform, da sich Ansprechpartner (Tutoren, Lehrende oder Administratoren) um die Lösung eines aufgetretenen Problems bemühen und die technische Infrastruktur pflegen können. Bei institutionalisierten Lernangeboten stellt sich zudem die Frage, ob und inwieweit Lerner auf die Einrichtung einer PLE verwiesen werden können. Zugleich kann davon ausgegangen werden, dass die Nutzer von E-Learning-Angeboten ihre eigenen persönlichen Lernumgebungen nutzen. Sie greifen auf cloudbasierte Datenspeicher oder auch zunehmend auf cloudbasierte Anwendungen (Software as a Service, SaaS) zurück, recherchieren im Netz, tauschen sich über die Lerngegenstände in Foren aus usf. Aspekte des Datenschutzes (bspw. beim Bearbeiten eines Online-Dokuments oder dem Austausch in einem öffentlichen Chat) gewinnen an Relevanz, da Lernprozesse z. T. in öffentlich zugängliche virtuelle Räume verlegt werden. Auch das Bereitstellen von Bildungsressourcen, z. B. eine urheberrechtlich geschützte Datei mit beschränkten Verwendungslizenzen, ist in solchen offenen Lernumgebungen nicht oder nur begrenzt möglich. Es sind daher Regelungen zu entwickeln, die die Lernaktivitäten und den Umgang mit Lernergebnissen in anderen Umgebungen klären (Schaffert/Kaltz 2009).

      Mit Blick auf die Individualisierbarkeit der PLE und damit auch der Nutzung unterschiedlicher Informations- und Kommunikationsressourcen ist es nur sehr schwer möglich, die Integration der Lernergebnisse aus verschiedenen Quellen zu gewährleisten. Hier sind administrative Empfehlungen und Absprachen innerhalb der Lerngruppe zu treffen, welche Instrumente und Formate genutzt werden, um einen Austausch der Daten innerhalb der Lerngemeinschaft zu ermöglichen. Die Entwicklung des PLE-Konzepts bedeutet nicht, dass die herkömmlichen Lernplattformen ihre Berechtigung verlieren. Wie oben beschrieben, müssen sie aber für eine Modularisierung von Instrumenten und die Individualisierung der Lernprozesse offen sein. Umgekehrt werden Lernplattformen und der virtuelle Bildungsraum in die PLE eines Lerners als eine Lernressource neben anderen integriert. Das Konzept der PLE bindet also auch die bereits zur Verfügung gestellten und genutzten Instrumente ein, erweitert diese jedoch um die Komponenten, die für einen erfolgreichen Lernprozess des Einzelnen notwendig sind.

      3.6 Auswahl einer Lernplattform

      3.6.1 Alle Beteiligten in die Auswahl einbeziehen

      Die beste Lernplattform ist nicht die mit den meisten Funktionen oder Instrumenten. Im Gegenteil, zu viele Funktionen, die weder benötigt noch genutzt werden, können die Akzeptanz verringern. Eine Lernplattform sollte möglichst passgenau für die Anforderungen der geplanten Lernszenarien ausgewählt werden, aber zugleich die Möglichkeit bieten, an zukünftig komplexere oder anders gelagerte Anforderungen anpassbar zu sein. Auswahl, Implementierung und Nutzung einer Lernplattform haben weitreichende Konsequenzen für den Lehr- und Lernbetrieb (z. B.: Werden Lernangebote zukünftig komplett digital angeboten oder soll die Lernplattform nur additiv in die Lehre integriert werden?) und müssen daher strategisch geplant und transparent gestaltet werden. Ein entscheidender Faktor für die zukünftige Akzeptanz bei der Implementierung und Nutzung einer Lernplattform liegt in der Erhebung und Berücksichtigung der „Kundenanforderungen“, also der Lernenden und Lehrenden, Tutorinnen und Tutoren, Administratoren, Kursentwickler, Verwalter, die mit ihren jeweils spezifischen Bedarfen in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden sollten (Kiedrowski 2001a). Die Erfahrungen des Lehrpersonals mit ihren Besonderheiten zur Gestaltung guter Lehre, die sich aus den jeweiligen Fachdomänen (z. B. Formeditoren, virtuelle Labore, Sprachübertragung u. v. m.) ergeben, sind für den Auswahlprozess sehr wichtig. Hier gilt es, die Nutzerinteressen zu erfassen und abzuwägen, welche Funktionen bereitgestellt und betreut werden und welchen (pädagogischen) Mehrwert sie bieten. Durch die Erweiterung der Lernangebote in den Bereich des virtuellen Bildungsraums können bestimmte Funktionen oder Anwendungen auch aus dem Internet in die Lernplattform integriert oder aus der Plattform auf diese verwiesen werden, was einerseits die Möglichkeiten der Gestaltung von E-Learning-Angeboten vermehrt und andererseits die technische Administration z. T. vereinfacht.

      Für den Auswahlprozess ist es hilfreich, einen Kriterienkatalog zu entwickeln, in dem alle Kriterien gesammelt, geordnet und gewichtet werden. Dabei kann es für die Beteiligten schwierig sein, konkrete Kriterien für eine Lernplattform aus ihrer Sicht zu formulieren, „weil sich diese Erwartungen noch in der Entwicklung befinden und daher auch noch nicht immer hinreichend artikuliert werden können“ (Zimmer 2003, 12). Um diesen Prozess anzuregen und zu unterstützen, kann auf bereits vorliegende Kriterienkataloge zur Auswahl von Lernplattformen zurückgegriffen werden (Schulmeister 2005a; Baumgartner/Häfele/Maier-Häfele 2002). Nützlich ist die Unterscheidung in Muss-, Soll- und Kann-Kriterien. Insbesondere die Definition von K.-o.-Kriterien ist eine Hilfe bei der Beurteilung der Eignung einer Lernplattform für die Bedürfnisse des jeweiligen Projekts. Die Kriterien und deren Gewichtung sollten von allen Beteiligten bzw. einer Auswahl der jeweiligen Akteursgruppen gemeinsam erarbeitet und diskutiert werden, um die für den späteren Einsatz notwendige Akzeptanz zu schaffen. Es ist darauf zu achten, dass auch nicht direkt in die Lehre involvierte Akteure eingebunden werden, da Lernplattformen mittlerweile in ein umfassenderes System der IT-Landschaft der Bildungsanbieter eingebunden werden. Verwiesen sei an dieser Stelle auf Campus Management Systeme, die wiederum die Einschreibung von Studierenden, die Erfassung von Prüfungsleistungen oder die Organisation des Lehrbetriebs unterstützen. Damit ergeben sich weiterführende Anforderungen an die Schnittstellen entsprechender Lernplattformen.

      Anhand des erstellten Kriterienkataloges kann die Recherche nach geeigneten Systemen beginnen (siehe auch Hagenhoff/Schuhmann/Schellhase 2001).