Nick 6 (zweite Serie): Baltimore Lees Diamanten. Thomas Newton

Читать онлайн.
Название Nick 6 (zweite Serie): Baltimore Lees Diamanten
Автор произведения Thomas Newton
Жанр Языкознание
Серия Nick, Pionier des Weltalls
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783863052959



Скачать книгу

hinwegzusetzen. Allen Vorschriften zum Trotz riss er den Starthebel zu sich heran und wartete nicht einmal, bis sich alle seine Männer angeschnallt hatten. Sie schrien wild durcheinander, als sie durch den Andruck von ihren Sitzen geworfen wurden.

illu-01

      Das Hecktriebwerk brüllte auf, und eine Feuerlohe leckte über den Bodenbelag. Dunkle Rauchschwaden hüllten die umstehenden Maschinen ein. Bodenpersonal und Piloten rannten über den Platz und versuchten sich in Sicherheit zu bringen.

      Zuerst nur langsam, dann immer schneller schoss die Rakete in die Höhe. Fassungslos sahen ihr die Lotsen im Tower hinterher.

      Vince Anderson starrte mit versteinerter Miene auf den Hauptbildschirm und ließ sich durch nichts in seinem Tun beirren. Als er aus dem Augenwinkel das Licht für den Sprechfunk sah, schaltete er ihn wie beiläufig ein.

      »Achtung, Achtung! Kapitän Anderson! Landen Sie sofort! Sie haben bei dem unerlaubten Start zwei Raumschiffe beschädigt!«, schnarrte eine Stimme aus dem Lautsprecher. »Landen Sie sofort! Sonst schicke ich Ihnen die Raumpatrouille auf den Hals!«

      Mit unbewegtem Gesicht schaltete Anderson das Funkgerät ab und stellte den R-3-Antrieb ein, als das Schiff die oberste Schicht der Atmosphäre passierte. Trotz seines verwegenen Vorhabens wusste er genau, was er seiner Maschine abverlangen konnte. Auch wenn er wertvolle Zeit gewonnen hätte, wäre es zu riskant gewesen, den Antrieb bereits innerhalb der Atmosphäre hinzuzuschalten.

      Hinter sich hörte er ein Stöhnen aus mehreren Kehlen.

      »Was … was ist geschehen?«, fragte Ringo Olsen und fasste sich an den Kopf.

      »Wir sind im Raum«, erklärte Anderson trocken. »Setz dich ans Radargerät, damit wir rechtzeitig merken, wenn uns die Raumpatrouille an den Kragen will«, ordnete er an, ohne sich weiter für den Zustand seiner Männer zu interessieren.

      Diese folgten den weiteren Anweisungen zuerst nur widerwillig, doch der kalte Blick ihres Chefs machte ihnen deutlich, dass er Widerspruch nicht zuließ.

      »Sie … hätten nicht ohne Erlaubnis starten dürfen«, warf Theo Cummings dennoch zögernd ein. »Selbst wenn wir der Raumpatrouille entwischen … bei unserer Rückkehr auf die Erde erwischt man uns doch!«

      Anderson verzog die Lippen. »Bei unserer Rückkehr sieht alles ganz anders aus, Teddy. Dann sind wir so unermesslich reich, dass uns die Entschädigungssumme für die zerkratzten Raumschiffe und die Strafe nicht das Geringste ausmachen werden. Und sollten sie mir mein Kapitänspatent entziehen …«, er zuckte mit den Schultern. »Ich wollte mir sowieso eine Insel in der Südsee kaufen.«

      Die Männer konnten selbst nicht sagen, ob es die Gelassenheit ihres Chefs war oder die Aussicht auf einen Reichtum, den sich keiner von ihnen auch nur ansatzweise vorstellen konnte.

      »Achtung!«, rief Ringo Olsen nach einem Blick auf den Bildschirm. »Wir haben ein Raumschiff auf dem Radar. Es hat seinen Kurs auf unseren abgestimmt.«

      Anderson knurrte. »Das wird das Schiff der Raumpatrouille sein, das diesen Sektor überwacht.«

      Nun warfen sich die Männer doch einen besorgten Blick zu.

      »Das ist das Ende unserer Eskapade, Chef!«, jammerte Frank Stone. »Ich sehe uns schon im Straflager auf der Venus landen statt auf dem zweiten Planeten im neu entdeckten System!«

      »Mach die Strahlenkanone klar, Teddy«, wies Anderson seinen Untergebenen an, ohne auf Stones Äußerung einzugehen.

      »Zu Befehl«, antwortete Cummings und warf seinem Kollegen einen scharfen Blick zu. Doch Frank Stone ließ sich nicht beirren.

      »Sie wollen es auf einen Kampf ankommen lassen?«, überschlug sich seine Stimme fast. »Das ist doch aussichtslos! Die Patrouillenschiffe sind viel besser bewaffnet als wir!«

      Anderson wandte sich nur kurz zu seinem aufmüpfigen Untergebenen um. »Und wir haben den Vorteil, dass uns die Patrouille erst zum Beidrehen auffordern muss, bevor sie ihre Geschütze einsetzen darf.«

      »Achtung, ein zweites Patrouillenschiff nähert sich dem Sektor!«, warf Ringo ein.

      Anderson brummte. »Sie wollen uns also jede Fluchtmöglichkeit abschneiden.«

      Als er sah, wie Frank Stone den Mund öffnete, schnitt er ihm mit einer unwirschen Bewegung das Wort ab und überprüfte den Kurs des zuerst entdeckten Schiffes. »Ausgezeichnet!«, rief er aus und erhob sich aus seinem Sessel. »Lass mich an die Kanone, Teddy«, forderte er ihn auf. »Übernimm du die Kontrolle, Ringo.«

      Dieser sah seinen Chef irritiert an. »Ich verstehe nicht …?«

      Beide Männer folgten jedoch der Anweisung, und Anderson beugte sich über die Waffenkontrolle. Als nur wenig später der Befehl über Funk einging, das Schiff zu stoppen, setzte er ohne zu zögern seine Strahlenkanone ein.

      Blitzend schlug der Strahl in das Heck des Patrouillenschiffs ein und löste es in Atome auf. Eine Explosion erschütterte das Schiff, und die Steuertriebwerke trudelten durchs All.

      Anderson lachte auf. »Halte den Kurs, Ringo. Das Patrouillenschiff ist manövrierunfähig.«

      »Aber das zweite Schiff?«, hakte dieser nach.

      Vince Anderson winkte ab. »Keine Sorge. Das erste Schiff kann seine Flugbahn nicht ändern … mit diesem Kurs rauscht es auf die Sonne zu. Glaubst du, die Männer im zweiten Schiff lassen ihre Kameraden verglühen?«

      Ringo Olsen lief bei der Kaltblütigkeit seines Chefs ein Schauder über den Rücken, dennoch ließ er sich nichts anmerken.

      »Sie haben recht«, meinte Theo Cummings. »Das zweite Schiff hat seinen Kurs geändert!«

      Anderson grinste zufrieden und stemmte die Arme in die Hüften.

      »Der Weg in das fremde System ist frei, Jungens!«

      Er wies Ringo an, den Pilotensitz wieder zu räumen und nahm selbst Platz. Seine Augen überflogen die Instrumente. »Jetzt kann uns nichts mehr aufhalten«, sagte er, nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie sich wieder auf dem eingegebenen Kurs befanden. »Die Diamanten auf dem zweiten Planeten sind schon so gut wie in unseren Taschen!«

      *

      Zur gleichen Zeit wurde auf dem Versuchsgelände der Weltraum-Forschungsbehörde in der Wüste von Nevada an der Ausrüstung des Sternenschiffs gearbeitet.

      Das einzigartige, kugelförmige Raumschiff ragte wie ein Berg in den stahlblauen Himmel und schimmerte matt im Licht der Sonne. Zahlreiche Kräne und Aufbauten rings um das Schiff nahmen letzte Reparaturarbeiten vor oder beförderten Zubehör in die Ladebucht.

      Inmitten der Betriebsamkeit auf dem Landedeck standen Nick und Xutl und sahen wie gebannt auf den stählernen Koloss.

      »Die Arbeiten schreiten planmäßig voran«, erklärte der Marsianer. »In drei Wochen können wir starten.«

      »Gut. Ich …«, wollte Nick antworten, als ihn eine Lautsprecherdurchsage unterbrach.

      »Achtung, Achtung! Nick, bitte zum Chef!«

      Verwundert sahen sich die beiden Männer an.

      »Am besten, du kommst mit«, meinte Nick zu seinem Freund, und der Marsianer stimmte zu.

      Sie stiegen in einen bereitstehenden Turbowagen und fuhren das Landefeld entlang zum Hauptgebäude. Nach dem schweren Sabotageanschlag durch Diktator Dragos Leute war die Anlage wieder vollkommen instand gesetzt worden. Kurze Zeit darauf standen sie vor Murrays Büro und wurden durch den Sekretär des Chefs der Weltraumbehörde hereingebeten.

      Murray erhob sich hinter seinem Schreibtisch und reichte den beiden Männern die Hand. Der ernste Blick seines Vorgesetzten machte Nick stutzig.

      »Ich wollte mit Ihnen über Ihre Besatzung sprechen«, eröffnete Murray. »Aber vorher muss ich Ihnen noch mitteilen, dass Kapitän Anderson trotz strikten Startverbots