Sepp Kerschbaumer. Josef Fontana

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Название Sepp Kerschbaumer
Автор произведения Josef Fontana
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9788872838051



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die Separatisten, geblieben sind jene, welche bewiesen, dass sie begriffen haben, dass die Anliegen ihrer Gruppe in einer höheren christlichen Vision liegen, jene also, welche jeden Zusammenstoß und jeden Bruch vermeiden wollen …“91 Zufrieden war schließlich auch der Volksbote: „Gut ist es gegangen, ausgezeichnet, besser als selbst die kühnsten Erwartungen es erhoffen ließen.“92 Einer im Lande war allerdings nicht zufrieden, er war vielmehr todunglücklich, vielleicht weniger über den Ausgang der Wahl als über die Methode, die diesen Ausgang erzielt hatte: Sepp Kerschbaumer. Ende Juni 1958 ließ er die katholischen Bewegungen und den Katholischen Verband der Werktätigen mit Rundschreiben wissen, was er von ihrem Verhalten hielt:93

      Spät, aber nicht allzuspät will ich hier meine Meinung über die letzten Kammer- und Senatswahlen zum Ausdruck bringen und „meine Besorgnisse zur gegenwärtigen Lage in Südtirol“ niederschreiben. Dieses Vorhaben hat sich leider etwas verzögert, da ich mittlerweile einen unfreiwilligen „10tägigen Urlaub“ antreten mußte.

      Noch nie ist ein schonungsloserer Wahlkampf geführt worden wie diesmal. Wenn Politiker und verschiedene politische Strömungen dabei zu unfairen Mitteln greifen, kann man dies noch verstehen. Geschieht dies aber ausgerechnet durch solche Kreise, die die Katholizität auf ihre Fahnen geschrieben haben, dann ist dies eine unentschuldbare Verantwortungslosigkeit, die getadelt und verurteilt werden muß. Ich betone ausdrücklich, daß es mehr als traurig ist, daß ich als überzeugter Katholik diesen Schritt überhaupt unternehmen muß, weil ich mich in meinem christlichen Empfinden beleidigt fühle. Ebenso möchte ich ausdrücklich betonen, daß es ein offenes Geheimnis ist, daß dieses schändliche Treiben nur von einigen wenigen Männern ausgegangen ist, die die Verantwortung hiefür vor Gott und dem Volk getragen haben. Ihre Hauptaufgabe wäre es bei den Wahlen gewesen, zu vereinen und nicht zu spalten, zu versöhnen und nicht zu verhetzen. Aber Sie scheuten nicht einmal davor zurück, in skrupellosester und rücksichtslosester Weise über ihre politischen Gegner herzufallen und diese durch gemeinste Verleumdungen beim Volke unmöglich zu machen.

      Die religiösen Gefühle unseres Volkes sind wohl kaum einmal in einer solch pharisäischen Weise zu selbstsüchtigen Zwecken mißbraucht worden, wie es bei diesen Wahlen durch die katholischen Organisationen geschehen ist. Sie sprachen von „Glauben“ – meinten aber sich selbst. Sie sprachen von „Heimat“ – meinten aber gesicherte Positionen, von wo aus Sie wie in einer Farm hätten schalten und walten können, keinen Widerspruch duldend.

      Was haben sich diese Organisationen eigentlich zum Ziele gesetzt? Sie selbst haben dies klipp und klar ausgesprochen: Für die religiösen Belange in unserer Heimat einzutreten! Sie hätten zahlreiche Arbeitsfelder, wo Sie eine segensreiche Betätigung entfalten könnten. Aber fragen Sie sich einmal ehrlich, was haben Sie z. B. bisher gegen die Sonntagsentheiligung unternommen, die auch in unserem Lande immer weiter um sich greift? Und wieviel gäbe es für Sie noch zu tun gegen den schlechten Film, die unsittliche Presse, Varietés, Nachtlokale usw.!

      Welche Schritte haben Sie unternommen gegen das asoziale Verhalten christlicher gutsituierter Unternehmer ihren Untergebenen und Nächsten gegenüber? Wieviel Gutes hätten Sie bereits auf sozialem Gebiete erreichen können, wenn Sie diesen christlichen Unternehmern richtig ins Gewissen geredet hätten, mit gutem Beispiel voranzugehen! Ich erinnere hier unter den vielen Fragen nur an das Wohnungsproblem. Und bei wievielen kinderlosen Ehen hätten Sie es erreichen können, daß sich diese armer, verlassener, elternloser Kinder annehmen! Und haben Sie schließlich Ihr Möglichstes getan, daß die Jugend nach dem alt-tirolerischen Grundsatze „Glaube und Heimat“ erzogen wird? Wie wäre es, wenn Sie sich diesbezüglich in Zukunft eingehender für die Vorgänge im „Rainerum“ usw. interessieren würden? Sie können überzeugt sein, daß Sie bei diesen hohen Aufgaben genug beherzte Männer und Frauen in unserem Volke finden würden, die Sie dabei gern und freudig unterstützten!

      Aber fragen Sie nun Ihr Gewissen: Stimmt es oder stimmt es nicht, daß Sie es vorgezogen haben, von der religiösen auf die politische Ebene hinüberzuwechseln? Sind Sie nicht selbst entsetzt über die Verwirrung, die Sie auf religiösem und politischem Gebiete unter unserem Volke angerichtet haben? Wenn nicht, dann fragen Sie beim Stadt- und Landvolk herum, welchen Eindruck Ihre sonderbare politische Tätigkeit hinterlassen hat. Und ist es Ihnen wirklich gleichgültig, daß sich in unserem Volke ein immer größeres Mißtrauen gegen Sie breitmacht? Man weiß wirklich nicht, worüber man sich mehr wundern soll, über Ihre verwerfliche Methode, politische Gegner zu erledigen, oder über die von Ihnen betriebene „Fraternisierungspolitik“, die unser Volk unweigerlich ins Verderben führen wird in religiöser und völkischer Hinsicht.

      Im Mitteilungsblatt der katholischen Bewegung „Der Weg“ haben Sie vor den Wahlen in einem Artikel: „Unsere Besorgnisse zur gegenwärtigen Lage“ geschrieben, in unserem Lande sei es leider so, daß manche Südtiroler, statt auf ihre echte Eigenständigkeit zu bauen, sich viel zu viel beeinflussen lassen und – vielleicht ohne es selbst klar zu erkennen – zu Befehlsempfängern von Ausländern sich herabwürdigen zu lassen, die nie und nimmer das richtige Verständnis für unsere Lage aufbringen werden. Es sei wenig erfreulich und angenehm, so fährt „Der Weg“ fort, diese Gefahr feststellen zu müssen, aber man kann sich bei dieser Lage der Dinge nicht wundern, daß man jetzt bei aufrichtigen Südtirolern, die eingeweiht sind, den Ruf hört: Südtirol den Südtirolern, und nicht denen, die erst seit einigen Jahren oder gar erst seit einigen Monaten aus dem Auslande kommend, sich hier in Südtirol häuslich niedergelassen haben. Mit diesen Worten hat „Der Weg“ wirklich ins Schwarze getroffen! Denn es ist bereits ein offenes Geheimnis, daß die Politik der K. B. von hier in Südtirol lebenden Ausländern gemacht wird. Und von hier aus und vom Einfluß der von Zallinger gepredigten Südtirolerpolitik erklärt sich alles politische Unheil, welches von einem Teil der Führung der K. B. in Südtirol angerichtet worden ist.

      Überschauen wir nun kurz, welche Politik in der letzten Zeit von der K. B. verfolgt wurde! Hier möchte ich sofort vorausschicken, daß niemand in Südtirol den katholischen Verbänden das Recht absprechen wird, auch im politischen Leben ein gewichtiges Wort mitreden zu dürfen. Aber wie wollen Sie es erklären, dass Sie vor einigen Jahren selbst immer behaupteten, die Politik sei nicht Ihre Hauptaufgabe und daß gerade die Politik nun auf einmal nur mehr zu Ihrer Sache geworden ist? Und in wieviele Widersprüche haben Sie sich nur in der letzten Zeit bei Ihrem politischen Handeln verstrickt! Bleiben wir beim krassesten Fall: Es war vor einigen Monaten. Die K. B. hatte sich vorbehaltlos mit den angegriffenen Senatoren und Abgeordneten „solidarisch“ erklärt. Dr. v. Guggenberg wird sich heute noch darüber wundern, daß diese von den katholischen Organisationen feierlich abgegebene „geschlossene Solidaritätserklärung“ kaum für einen Monat Gültigkeit hatte. Dann ließ man Dr. Guggenberg ohne ein Wort der Rechtfertigung fallen und stellte sich mit einer neuerlichen „Solidaritätserklärung“ geschlossen hinter drei neue Kandidaten.

      In engster Zusammenarbeit mit den italienischen Lokalzeitungen wetteiferte man in der Verleumdung einzelner Südtiroler Politiker und es mußte jeden Südtiroler bedenklich stimmen, dass die italienische Presse sich so geschlossen hinter die katholischen Organisationen stellte. Diesmal war es ausgerechnet die K. B., die für die italienische Südtirolerpolitik den „utile idiota“ spielte. Ja, die K. B. kam den Italienern dabei so weit entgegen, daß sie die plumpesten Verleumdungsschlager der italienischen Nationalisten für ihre Zwecke ausgrub und das Südtiroler Volk zu verkappten Nazis, Kommunisten und christenfeindlichen Nationalisten stempelte, das noch immer nicht begreifen will, daß es die bestbehandelte Minderheit der Welt sei und Rufe wie „Los von Trient!“ oder gar „Selbstbestimmung“ und „Volksabstimmung“ erhebe. Und die Stimme der K. B. „Der Weg“ wunderte sich darüber, dass das Südtiroler Volk nicht schon längst feierlich die von „Gott gewollte Grenze am Brenner“ anerkannt habe!

      Aber diese sonderbaren Gedanken, die uns „Der Weg“ ans Herz legt, sind uns bereits bestens bekannt von einem abtrünnigen, von den Italienern gekauften Südtiroler her, von Dr. Bernhard Zallinger und dessen Buch „Die Grundlagen der Südtiroler Politik“.

      Kein Geringerer als Kanonikus Gamper, der „Mann von Südtirol“, hat schärfstens dagegen Stellung bezogen und ist nie müde geworden, unser Volk vor dieser von Zallinger propagierten