Название | Hundert Geschichten |
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Автор произведения | Quim Monzo |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783627021467 |
»Je suis fier de dire que toute ma vie je me suis battu
contre les idées que je défends en ce moment.«
»Je suis fier de vous répondre que
moi, c’est exactement le contraire.«
WOLINSKI, Charlie Hebdo, Nr. 346
Zwei Juden treffen sich im Eisenbahnwagen
einer galizischen Station.
»Wohin fahrst du?«, fragt der eine.
»Nach Krakau«, ist die Antwort.
»Sieh’ her, was du für Lügner bist«, braust der andere auf.
»Wenn du sagst, du fahrst nach Krakau, willst du doch,
daß ich glauben soll, du fahrst nach Lemberg.
Nun weiß ich aber, daß du wirklich fahrst nach Krakau.
Also warum lügst du?«
Zitiert von SIGMUND FREUD in Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten
Der Aufsatz
Was machte ich am Sonntag? – Sonntag war ein ganz und gar sonniger Tag, und ich ging mit Mama und Papa spazieren. Mama trug ein beiges Kleid und darüber eine eierschalenfarbene Strickjacke, Papa einen metallblauen Pullover, eine graue Hose und ein offenes weißes Hemd. Ich hatte auch einen blauen Pullover an, meiner war aber heller als der von Papa und hatte einen runden Halsausschnitt. Dazu trug ich eine braune Jacke, etwas hellere braune Hosen und rote Sportschuhe. Mama hatte helle Schuhe an und Papa schwarze. Morgens machten wir einen Spaziergang und gingen dann am späten Vormittag zum Frühstück ins Balmoral. Wir löffelten eine dicke Schokolade mit Schlagsahne und aßen eine gefüllte Schneckennudel, und ich bestellte Croissants. Danach gingen wir zu den Blumenständen. Es gab rote, gelbe, weiße, rosa und sogar blaue Blumen. Papa behauptete allerdings, sie seien gefärbt. Dann waren da noch grüne und violette Pflanzen und große und kleine Vögel. Am Kiosk kaufte Papa die Zeitung. Wir machten auch einen Schaufensterbummel, und einmal, als wir lange vor einem Schaufenster mit Pullovern standen, sagte der Papa zur Mama, sie solle sich beeilen. Dann setzten wir uns auf eine grüne Bank auf einem Platz. Da saß auch eine alte weißhaarige Dame mit knallroten Wangen, so rot wie Tomaten, und fütterte die Tauben. Sie erinnerte mich an meine Oma. Papa las die ganze Zeit Zeitung, und ich bat ihn, die Zeichnungen anschauen zu dürfen. Er gab mir die halbe Zeitung und sagte, ich solle sie nicht kaputt machen. Weil der Papa die ganze Zeit nur Zeitung gelesen hatte, sagte Mama auf dem Heimweg zu ihm, dass sie von seinem ewigen Zeitunglesen die Nase voll habe: Er lese sie daheim, beim Frühstück, beim Mittagessen, auf der Straße, beim Laufen, in der Bar, beim Spazierengehen. Papa antwortete nicht darauf, sondern las weiter, Mama schimpfte weiter, dann tat es ihr wohl irgendwie leid, denn sie gab mir einen Kuss, und als sie in der Küche war, um den Reis zu kochen, sagte Papa zu mir, ich solle mir nichts daraus machen. Wir aßen Reiseintopf, den ich nicht mag, und Fleisch mit geschmorten Paprika. Paprika esse ich eigentlich gern, aber das Fleisch mag ich nicht, weil es noch ziemlich roh ist, die Mama sagt, es sei besser so, aber mir schmeckt es nicht. Ich esse lieber Fleisch, was richtig durch ist, wie in der Schule. Dafür mag ich in der Schule die Vorspeisen nicht, nie. Zu Hause darf ich Wein mit Limonade trinken. In der Schule nicht. Am Nachmittag bekamen wir Besuch von meinem Onkel, meiner Tante und meinem Vetter. Mein Onkel und meine Tante setzten sich mit meinen Eltern ins Wohnzimmer, plauderten und tranken Kaffee. Mein Vetter und ich gingen zum Spielen in den Garten, zuerst spielten wir mit den Madelman-Figuren, dann Tischfußball und danach Ball, dann mit dem Feuerwehrauto und schließlich Astronautenkrieg. Mein Vetter machte Theater, weil er am Verlieren war. Er kann nie verlieren, und das geht mir wirklich auf die Nerven. Also musste ich ihm eine knallen, und er fing ganz laut an zu flennen, Mama, meine Tante und mein Onkel kamen heraus, und Mama fragte, was passiert sei, und bevor ich antworten konnte, deutete mein Vetter auf mich, er hat mich geschlagen, und Mama gab mir eine Ohrfeige, ich fing auch an zu heulen, und wir gingen alle ins Wohnzimmer, Mama nahm mich an der Hand, und Papa las Zeitung und rauchte eine Zigarre, die der Onkel ihm mitgebracht hatte, Mama sagte zu ihm, die Kinder bringen sich im Garten gegenseitig um, und du machst es dir hier seelenruhig auf dem Sessel bequem. Meine Tante meinte, das ist doch nicht so schlimm, aber Mama sagte, es ist immer das Gleiche, und manchmal habe sie einfach die Faxen dicke. Dann gingen mein Onkel und meine Tante, und beim Weggehen streckte mir mein Vetter die Zunge heraus und ich ihm auch, dann machte Papa den Fernseher an, es kam Fußball, und Mama sagte ihm, er solle umschalten, denn im Zweiten gebe es einen Spielfilm, und Papa sagte, nein, er schaue sich jetzt das Fußballspiel an.
Dann ging ich in den Garten, um die Puppe zu besuchen, die ich neben dem Baum eingegraben hatte, ich buddelte sie aus, streichelte sie und schimpfte mit ihr, weil sie sich vor dem Essen nicht die Hände gewaschen hatte, dann vergrub ich sie wieder und ging in die Küche zu Mama, die weinte, und ich sagte zu ihr, weine nicht. Dann setzte ich mich aufs Sofa neben Papa und schaute ein bisschen Fußball, doch bald wurde mir langweilig, und ich schaute mir Papa an, der aussah, als würde er auch nicht Fußball gucken, sondern mit dem Kopf irgendwo anders sein. Dann kam Werbung, was ich am liebsten sehe, und die zweite Halbzeit, ich ging zu Mama, die das Abendessen vorbereitete, danach aßen wir, im Fernsehen kam ein Zeichentrickfilm und dann Nachrichten, danach ein alter Film mit einer tollen blonden Schauspielerin mit richtig viel Busen, deren Namen ich aber nicht weiß. Aber dann schickten sie mich ins Bett, weil es spät war, ich stieg die Treppen hoch und legte mich ins Bett, und vom Bett aus hörte ich den Film und wie sich Papa und Mama zankten, aber wegen des Fernsehers konnte ich nicht verstehen, was sie sagten. Dann